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Ein Mädchen steht am Oderbruchhang im Landkreis Märkisch-Oderland.

© dpa/Patrick Pleul

Brandenburg wirbt um Zuzügler: Viel Wasser, schöne Landschaft, nette Menschen

Eine Kampagne hilft Stadtflüchtlingen bei der Job- und Haussuche und beim Ankommen in der Mark. Die beste Werbung? Die, die den Umzug hinter sich haben.

Sandra Spletzer weiß, wovon sie spricht. Die Organisatorin der Kampagne „Ankommen in Brandenburg“ ist selbst eine Zuzüglerin. Genauer: eine, die vor vielen Jahren wegging, in Irland arbeitete und lebte – und irgendwann zurückwollte. Offenbar ist es vielen Ex- und Neu-Brandenburgern so gegangen.

800.000
Menschen verließen Brandenburg in den Jahren nach der Wende.

Es gibt einen Trend zum Leben auf dem Land, nachdem Brandenburg in den Nachwendejahren bis 2015 800.000 Bewohner verloren hatte. Leerer waren damals vor allem die Randregionen geworden; den Menschen fehlten die Perspektiven. Inzwischen gibt es 19 Initiativen, die Zuzüglern das Ankommen erleichtern wollen.

Für viele Zuzügler ist es eine Rückkehr in die Heimat

Vor wenigen Jahren waren es ganze drei. Sandra Spletzer ist die Koordinatorin des Netzwerks, zu dem sich diese Initiativen zusammengeschlossen haben. Spletzer arbeitet in Finsterwalde – die Stadt, in der sie groß geworden ist. Die Idee zur neuen Kampagne – sozusagen eine Offensive in Richtung von Menschen, die sich mit Umzugsplänen befassen – sei eine „gemeinsame“ gewesen, sagt sie, entstand bei einem Netzwerktreffen.

Die 19 Initiativen sind unregelmäßig über das Land verteilt. In Cottbus gibt es zwei, der Landkreis Ostprignitz-Ruppin ist mehrfach vertreten, Spree-Neiße und Märkisch-Oderland je einmal. Manche haben die „Wirtschaftsregion“ im Namen, andere tragen Fantasie-Bezeichnungen wie „Neuland Hoher Fläming“ oder @see.

Die Initiativen für Brandenburg-Interessierte zeigen ein neues Selbstbewusstsein

Ein neues Selbstbewusstsein fällt auf. So heißt es bei @see: „Wir sind nah genug an Berlin, um alle Vorteile zu erleben, aber weit genug entfernt, um nicht gestört zu werden.“ Sandra Spletzer sagt von sich, sie sei „Berlin-Fan“ - Berlin sei „sehr belebend, aber es stresst“, für sie ein Ziel „für ein Wochenende“.

Die, die hier um Zuzügler werben, wissen das Landleben oder das Leben in Kleinstädten zu schätzen. Spletzer sagt, auch die so genannten Berlin-fernen Regionen seien gerade anderthalb Stunden Fahrzeit von der Kapitale in der Landesmitte entfernt. Wenn einer „eine richtige Kiezpflanze“ sei, dann werde er die Stadt nicht verlassen wollen. Aber es gebe viele, die in kleinen Städten oder auf dem Land groß geworden sind – und die trügen sich nach Jahren in der Stadt oft mit Rückzugs-Plänen.

Viel Wasser, schöne Landschaft - Brandenburg hat einiges zu bieten.

© ZB

Das sind die, die man erreichen wolle mit der Kampagne: „Die, die ins Grüne ziehen wollen.“ Die, die Familie in ihrer Heimat haben. Die deshalb vielleicht günstig an ein Baugrundstück kommen oder an ein altes Haus.

In Brandenburg sind Hauspreise noch bezahlbar

Die stark gestiegenen Kaufpreise in den Ballungsräumen seien für viele ein weiteres Motiv, über den Umzug aufs Land nachzudenken. Dazu kommen dann gute Betreuungsangebote für kleine Kinder oder die Einschulung der Kinder.

Gefühls-Gründe kommen hinzu. Spletzer spricht von „Heimatverbundenheit“, von „Sehnsucht nach Landleben“, vom Ankommen, vom Durchatmen, und davon, dass „es erdet“, auf dem Land zu leben.

Zwischen ersten Überlegungen und dem tatsächlichen Umzug dürften bei den meisten Menschen Zweifel liegen. „Nichts hilft mehr als jemand, der das gemacht hat“, sagt Sandra Spletzer. Deshalb arbeite die Kampagne vor allem mit Testimonials – mit Kurzportraits samt Umzugsgeschichte.

Gefühlt ticken die Uhren hier langsamer - das gefällt mir sehr gut.

Jasja Wagner aus Frankfurt (Oder)

Da sagt die Flugbegleiterin Jasja Wagner, die immerhin mal in Singapur gelebt hat, über ihre Heimatstadt Frankfurt (Oder): „Gefühlt ticken die Uhren hier noch ein bisschen langsamer – das gefällt mir sehr.“ Juliane Grützmacher aus Müncheberg fand das Stadtleben nach Jahren „eher stressig“. Franziska Rösler konnte mit ihrem Mann in Brandenburg an der Havel „den Traum vom eigenen Haus“ wahr machen.

Das Café Thälmanns - Treffpunkt für Junge und Alte in Müncheberg

Die Kampagne bringt Interessierten auch den Arbeitsmarkt näher, etwa durch die Vernetzung mit dem Fachkräfte-Portal des Landes. Oder die Netzwerker machen die Wege noch kürzer. In Müncheberg hat die Initiative hierzulande(n) ein Café eröffnet. Es sei der einzige öffentliche Raum, sagt Mitgründerin Friederike Fuchs, Architektin und Zuzüglerin - und ein Netzwerkort, an dem man Leute in direkten Kontakt bringe, auch wenn es um Jobs gehe.

Hier treffen junge Leute auf Rentner – vor allem aber begegnen sich hier Menschen, die in dem etwas verödet wirkenden Städtchen etwas bewegen wollen. Es entsteht im Kleinen eine neue Öffentlichkeit, in der Projekte wie ein Müncheberger „Urban Gardening“ erfunden werden, geplant für das kommende Jahr.

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