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Mehr Qualität, mehr Sicherheit? Bei Opposition, Klinikbetreibern und Gewerkschaften stößt die Krankenhausreform auf heftige Kritik.

© dpa

Lauterbachs Pläne: Ostdeutsche Kliniken fürchten Krankenhausreform

Die geplante Krankenhausreform stößt bei ostdeutschen Krankenhäusern auf Kritik. Das wurde auch bei einem Fachgespräch im Bundestag deutlich.

Ostdeutsche Krankenhäuser fürchten um die Folgen der geplanten Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Das wurde am Freitag bei einem Fachgespräch deutlich, zu dem die Bundestagsabgeordneten Wiebke Papenbrock, Johannes Arlt und Herbert Wollmann (alle SPD) in den Deutschen Bundestag einluden.

Die drei Abgeordneten vertreten mit der Mecklenburgischen Seenplatte, der Prignitz und dem Ruppiner Land in Brandenburg und der Altmark in Sachsen-Anhalt die flächenmäßig größten und am dünnsten besiedelten Wahlkreise Deutschlands.

Die geplante Reform sieht eine stärkere Konzentration der Krankenhäuser vor: Die Kliniken sollen in mehrere Versorgungslevel eingeteilt werden. Abhängig davon sollen bestimmte Fachbereiche, etwa die Geburtshilfe, nicht mehr an allen Kliniken angeboten werden. Zudem sollen die Krankenhäuser eine von der Einwohnerzahl ihrer geographischen Region abhängige Vorhaltepauschale für ihre Betriebskosten erhalten.

Große Personalprobleme im ärztlichen Bereich

In dem Fachgespräch machte der Geschäftsführer des Gardelegener Altmark-Klinikums, Jürgen Richter, darauf aufmerksam, dass die westliche Altmark ein Gebiet von 2500 Quadratkilometern mit 80.000 bis 90.000 Einwohnern umfasse. Das reiche in keiner Kategorie für ein Krankenhaus. Würde die Reform wie geplant durchkommen, drohe man, unterzugehen.

Karsten Krüger, Geschäftsführer des Krankenhauses Perleberg, berichtete von großen Personalproblemen im ärztlichen Bereich. Würde seine Klinik in der Krankenhausreform nur in Level eins oder zwei eingestuft, werde es deutlich schwerer fallen, junge Ärzte an die Klinik zu holen.

Die Geschäftsführerin des Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums, Gudrun Kappich, kritisierte, dass Kaiserschnitte mancherorts nur deswegen durchgeführt würden, weil sie besser vergütet werden. Umgekehrt würden Leistungen, die auch in ambulanten Praxen durchgeführt werden könnten, von den Kassen oft nicht vergütet. „Es gibt keine Branche, die für erbrachte Leistungen kein Geld bekommt“, sagte Kappich. „In den Krankenhäusern ist das möglich.“

Schon heute teilweise keine optimale Versorgung mehr

Der stellvertretende gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der Braunschweiger Abgeordnete Christos Pantazis, machte deutlich, dass es schon heute in einigen Bereichen keine optimale Versorgung mehr gibt.

Als Neurochirurg habe er mehrfach erlebt, wie ihn benachbarte Kliniken, die für bestimmte Eingriffe eigentlich nicht ausgerüstet waren, bei Komplikationen nach solchen Eingriffen um Hilfe baten. „Wir erleben derzeit eine Schere, die aufklappt“, sagte Pantazis. In den Städten gebe es eine Überversorgung, auf dem Land eine Unterversorgung. Vor allem in den Bereichen Pädiatrie, Geburtshilfe und Notfallversorgung müsse schnell Abhilfe geschaffen werden.

Wir erleben derzeit eine Schere, die aufklappt.

Christos Pantazis, stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Pantazis betonte, dass Lauterbachs Reform nicht so umgesetzt werde, wie sie im Dezember veröffentlicht worden war. „Wir leben in einem Land mit unterschiedlichen regionalen Befindlichkeiten“, sagte Pantazis. „Wir werden Dingen, die der Lebensrealität der Menschen nicht entsprechen, nicht folgen.“

Die Entfernungen, die es in manchen Regionen zwischen zwei Krankenhäusern gebe, müssten ebenso zur Kenntnis genommen werden, wie die demografischen Entwicklungen. „Erreichbarkeit und Regionalität können wir nicht außer Acht lassen.“

Podiumsdiskussion in Potsdam

Bereits am Donnerstagabend hatte auch die AOK Nordost zu einer Podiumsdiskussion zur Krankenhausversorgung ins „Potsdam Museum“ eingeladen. Dabei forderte die Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse, Daniela Teichert, dass etwa Krebspatienten künftig nur noch in zertifizierten Krebszentren behandelt werden sollten. „Wenn wir überall die Versorgung auf die zertifizierten Krebszentren konzentrieren, ließen sich jährlich bundesweit 4700 Sterbefälle vermeiden.“

Derzeit würden in Brandenburg viele Patienten noch in kleineren Krankenhäusern behandelt, die nicht über die notwendige Ausstattung verfügten. Dieses Beispiel zeige, warum es wichtig sei, mit der Krankenhausreform voranzukommen, die Reformvorschläge nicht zu verwässern und genau festzulegen, welches Krankenhaus welche Leistungen anbieten dürfe.

Der Abteilungsleiter Gesundheit im Potsdamer Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, Michael Zaske, verwies darauf, dass die Strukturkrise im Gesundheitssystem bereits länger anhalte. „Über viele Jahre haben sich die Probleme aufgebaut“, sagte Zaske. „Vielen Krankenhäusern geht es nicht erst seit gestern wirtschaftlich schlecht – es bleibt dabei, dass wir Veränderungen am Finanzierungssystem brauchen.“

Die Krankenhäuser blieben auch weiterhin wichtige Anker für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. „Der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser muss aber reduziert werden“, sagte Zaske. Gleichzeitig müsse die Krankenhausplanung Ländersache bleiben.

In Brandenburg setzt das Gesundheitsressort seit einiger Zeit auf „Ambulant-Stationäre Zentren“ nach dem Vorbild des Krankenhauses in Templin. Zaske zufolge eigne sich eine ganze Reihe kleinerer Standorte für eine entsprechende Weiterentwicklung. „Der Landrat von Elbe-Elster möchte etwa aus den bestehenden drei Krankenhäusern in seinem Landkreis ein zentral gelegenes, großes Klinikum machen, und die bisherigen Standorte in ambulant-stationäre Zentren umwandeln.“

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