Themenabend zu Cybergrooming: Ernstes Anliegen in einer Grauzone

„Ich bin erst zwölf. Macht dir das was aus?“ „Nein“, sagt der ältere Herr. Und schon beginnt er das Mädchen im Video-Chat massiv zu nötigen. Sie solle sich ausziehen. Wie solche alltäglichen Übergriffe im Kinderzimmer funktionieren, führen Barbora Chalupová und Vit Klusák mit drastischen Bildern vor Augen.

Ihren Film strahlt Arte im Rahmen eines Themenabends aus. Zunächst rekapitulieren die beiden Dokumentationen „Cyberwelt – Die Zukunft jetzt“ und „Hacker – Das gestohlene Ich“ (Arte, 22.8. ab 20.15), wie das Internet durch Kommerzialisierung und Cyberangriffe seine Unschuld verlor. Im Anschluss zeigt das dokumentarische Filmexperiment „Gefangen im Netz - Die Methoden der Pädokriminellen“, Arte, 22.40 Uhr) der beiden tschechischen Regisseure, welche Abgründe sich tagtäglich im Cyberspace auftun.

Dazu bauten die Filmemacher im Studio die Kinderzimmer dreier Mädchen nach. Gecastet wurden volljährige Frauen, die ein wenig wie Zwölfjährige aussehen. 19 der 23 Kandidatinnen haben selbst Erfahrungen mit Cybergrooming. Um solche Machenschaften zu dokumentieren, werden für drei Darstellerinnen Fakeprofile in sozialen Netzwerken angelegt. In zehn Drehtagen kontaktierten 2458 User die drei Schauspielerinnen.

Während der Dreharbeiten wurden Psychologen, eine Sexualforscherin, ein Anwalt und die Polizei hinzugezogen.

Schrifteinblendung im Dokumentarfilm „Gefangen im Netz – Die Methoden der Pädokriminellen“

Die Kamera hält fest, wie ältere Männer die vermeintlich Zwölfjährigen zu sexuellen Handlungen nötigen. Gelingt dies nicht sofort, so erschleichen sie deren Vertrauen. Sie lassen sich Nacktfotos schicken. Diese verwenden sie, um ihre Opfer zu erpressen.

Der tschechische Film von 2020 hat ein ernstes Anliegen. Methodisch bewegt er sich jedoch in einer Grauzone. Er ermutigt Pädophile zu kriminellen Handlungen. Nicht zufällig hat RTL das Format kopiert und im März 2021 unter dem Titel „Angriff auf unsere Kinder“ als reißerische Reportage ausgestrahlt.