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Kreditwürdig oder nicht? Der Schufa-Score liefert Unternehmen einen wichtigen Hinweis zur Bonität.

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Folgen des EuGH-Urteils: „Die Macht der Schufa bröckelt – und das wird auch höchste Zeit“

Mit einem schlechten Score kommen Verbraucher nicht an günstige Kredite oder billige Stromtarife. Der Europäische Gerichtshof sieht das kritisch. Was heißt das für die Bürger?

Wer kennt das nicht: Man beantragt einen Kredit oder man möchte einen günstigen Strom- oder Internettarif abschließen, doch bevor die Bank, der Versorger oder der Provider entscheiden, wird erst einmal die Schufa gefragt.

Die „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ ist die größte Auskunftei Deutschlands. Sie hat Daten von 68 Millionen Bundesbürgern gespeichert, daraus errechnet sie einen Score. Auf einer Skala von null bis 100 sagt dieser Wert aus, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man seine Verpflichtungen künftig erfüllen kann. Je höher der Score, desto besser.

Doch ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnte diese Praxis verändern. Am Donnerstag entschieden die EuGH-Richter, dass Unternehmen ihre Entscheidung im Einzelfall nicht maßgeblich auf den Score stützen dürfen. Die Europäische Datenschutzgrundverordnung verleihe Verbrauchern das Recht, nicht einer Entscheidung unterworfen zu werden, die maßgeblich auf einer automatisierten Verarbeitung beruht, so die Richter. Gegen Paragraf 31 des Bundesdatenschutzgesetzes, der das Scoring erlaubt und Maßstäbe für die Durchführung festsetzt, äußert der EuGH „durchgreifende Bedenken“.

Konsequenz: Sollte diese Bestimmung mit EU-Recht unvereinbar sein, handele die Schufa ohne Rechtsgrundlage und verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung, so der EuGH. Ob das der Fall ist, muss nun das Verwaltungsgericht Wiesbaden entscheiden, das den EuGH angerufen hatte.

Im konkreten Fall hatte eine Kundin einen von ihr beantragten Bankkredit nicht bekommen, nachdem die Schufa eine negative Auskunft erteilt hatte. Daraufhin hatte die Frau die Schufa aufgefordert, ihr Auskunft über die Daten zu erteilen, die über sie gespeichert sind und Daten, die nach Meinung der Verbraucherin falsch waren, zu löschen. Die Schufa hatte daraufhin der Frau den Score-Wert mitgeteilt und ihr in groben Zügen dargelegt, wie der Wert zustande kommt.

„Schwerer Schlag für die Schufa“

Das Urteil sei ein „schwerer Schlag für die Schufa“, sagte Michael Möller von der Schufa-kritischen Organisation „Finanzwende“. „Die Macht der Schufa bröckelt, und das wird auch höchste Zeit.“

Annabel Oelmann, Chefin der Verbraucherzentrale Bremen und Mitglied im Verbraucherbeirat der Schufa, begrüßte das Urteil ebenfalls. Die Entscheidung stelle klar, dass Banken, Mobilfunkanbieter und andere Unternehmen bei Entscheidungen über Kredite oder Handyverträge nicht ausschließlich Daten von Wirtschaftsauskunfteien als Entscheidungsgrundlage verwenden dürfen. Bei jedem Vertragsschluss werde eine individuelle Bewertung verlangt. „Dies stellt mitunter sicher, dass Verbraucher die Gründe für eine Ablehnung ihres Vertrags anfordern können“, so die Verbraucherschützerin.

Schufa: keine großen Änderungen

Während Verbraucherschützer meinen, dass das Urteil die Rechte der Verbraucher stärkt, geht die Schufa nicht von gravierenden Änderungen aus. „Auf dieses Urteil haben wir uns mit unseren Kunden in den vergangenen Monaten vorbereitet“, erklärte Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder.

Das weit überwiegende Feedback laute, dass der Score zwar wichtig, aber nicht maßgeblich für einen Vertragsabschluss ist. „Deshalb wird die große Mehrheit unserer Kunden den Schufa-Score weiterhin ohne Anpassung ihrer Prozesse nutzen können“, so Schröder. Die Anbieter, bei denen das anders ist, müssten ihre Prozesse umstellen und eventuell die Einwilligung der Verbraucher für eine Verwendung des Schufa-Scores einholen.

In einem Punkt sind sich Schufa und Verbraucherschützer jedoch einig: Sie wünschen sich vom Gesetzgeber eine Reform des Bundesdatenschutzgesetzes, die mit den europäischen Normen vereinbar ist und so Rechtssicherheit schafft. Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, die Transparenz beim Scoring verbessern zu wollen. „Wir werden nun zeitnah entsprechende Regelungen prüfen“, sagte sie am Donnerstag.

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