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In Deutschland sind einem Medienbericht zufolge im vergangenen Jahr rund 1,3 Milliarden Überstunden angefallen.

© picture alliance / dpa / dpa/Roland Holschneider

Mehr als die Hälfte unbezahlt: Arbeitnehmer machen 2023 rund 1,3 Milliarden Überstunden

Im Schnitt leistete jeder Beschäftigte einem Bericht zufolge im vergangenen Jahr 31,6 Stunden Mehrarbeit – davon 18,4 unbezahlt. Dadurch entgehen auch dem Staat große Summen.

Immer wieder gibt es von Arbeitgebern und auch aus der Politik Klagen über die Arbeitsmoral in Deutschland, gefordert werden auch Maßnahmen, um die Arbeitszeiten zu steigern. Die FDP hatte unter anderem vorschlagen, Mehrarbeit steuerlich attraktiver zu machen. Auf der anderen Seite sind in Deutschland einem Medienbericht zufolge im vergangenen Jahr rund 1,3 Milliarden Überstunden angefallen.

Dies geht der „Rheinischen Post“ zufolge aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Susanne Ferschl hervor. 775 Millionen oder 58 Prozent dieser Stunden seien unbezahlt gewesen.

Die Regierung bringt kein Gesetz auf den Weg, das Beschäftigten erleichtert, ihre Überstunden geltend zu machen und sich vor Lohnraub zu schützen.

Susanne Ferschl, Bundestagsabgeordnete der Linken

Das Arbeitsministerium beruft sich demnach auf Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Februar 2024, die der dpa vorlagen. Demnach entsprach die Summe der im vergangenen Jahr geleisteten Überstunden umgerechnet 835.000 Vollzeitstellen. Auf jeden Beschäftigten entfielen 2023 durchschnittlich 31,6 Überstunden, davon 18,4 unbezahlt.

2022 hatten die Arbeitnehmer noch rund 1,4 Milliarden Überstunden geleistet. Damit ging die Überstundensumme 2023 im Vergleich zum Vorjahr um rund 100 Millionen zurück. Verglichen mit dem Jahr 2020 ergab sich ein leichter Anstieg um 20 Millionen.

„Deutschland diskutiert zu viel über die Bedingungen von Nicht-Arbeit und zu wenig über den Wert von Arbeit“, hatte etwa Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger zum Tag der Arbeit gesagt. Der Standort Deutschland müsse wieder attraktiv gemacht werden. „Dazu gehört auch: Wir werden alle mehr und länger arbeiten müssen“, so Dulger. 

Ferschl dagegen kritisierte: „Arbeitgeber sparen durch unbezahlte Überstunden Lohnkosten in Milliardenhöhe, während die Beschäftigten unter ausgedehnten Arbeitszeiten und ständigen Flexibilitätsanforderungen leiden.“

Durch die unbezahlten Überstunden im vergangenen Jahr hätten die Unternehmen 32 Milliarden Euro an Lohnkosten eingespart, schätzt die Linke. Dieser Wert ergebe sich, wenn man die Anzahl unbezahlter Überstunden in 2023 (775 Millionen) mit den durchschnittlichen Arbeitskosten je geleisteter Stunde – laut Statistischem Bundesamt 41,30 Euro – multipliziert.

Vor fünf Jahren habe der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Erfassung der Arbeitszeit zum Schutz der Beschäftigten verpflichtend sei.

„Aber die Bundesregierung schläft weiter und bringt kein Gesetz auf den Weg, das Beschäftigten erleichtert, ihre Überstunden geltend zu machen und sich vor Lohnraub zu schützen“, kritisierte Ferschl. Durch unbezahlte Überstunden entstünden zudem beim Staat hohe Steuerausfälle. (lem)

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