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German Minister of Economics and Climate Protection Robert Habeck (Photo by Tobias Schwarz / AFP)

© AFP / Tobias Schwarz / AFP

Habeck sagt Rezession voraus: Inflation soll auch 2023 hoch bleiben

Der Wirtschaftsminister präsentiert eine pessimistischere Wachstumsprognose. Er betont: Ohne Gegenmaßnahmen der Regierung wäre sie noch schlechter.

Weiterhin hohe Preissteigerungen - bei reduziertem Wirtschaftswachstum in diesem Jahr und einer Rezession, also schrumpfender Wirtschaftsleistung, im Jahr 2023: Das hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in seiner Herbstprognose verkündet. Er rechnet nun mit einem Wachstum der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 1,4 Prozent. Im kommenden Jahr dagegen rechnet Habeck mit einem Minus – um 0,4 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt dann nach Einschätzung der Regierung schrumpfen.

Vor allem im ersten Quartal 2023 ist demnach mit einem Einbruch zu rechnen. Auch für das zweite Halbjahr 2022 ist mit einem negativen Wert zu rechnen – damit ist das Kriterium für eine Rezession (mindestens zwei Minus-Quartale in Reihe) erfüllt. 2024 soll Deutschland mit einem Plus von 2,3 Prozent wieder auf dem Wachstumspfad sein, das wäre fast wieder so viel wie 2021, als es bei 2,6 Prozent lag.

Mit einer deutlich höheren Arbeitslosenquote rechnet Habeck trotz des Wirtschaftseinbruchs nicht. Sie soll 2023 nach 5,2 Prozent in diesem Jahr leicht auf 5,4 Prozent steigen. Zum Vergleich: Im vorigen Jahr lag die Arbeitslosenquote bei 5,7 Prozent. „Es ist eine gute Nachricht, das der Arbeitsmarkt robust bleibt“, sagte Habeck. Getrübt werde sie dadurch, dass es weiterhin sehr viele offene Stellen gebe.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Putin mit seinem Versuch der wirtschaftlichen Destabilisierung scheitern wird.

Robert Habeck

Der massive Preisauftrieb, beginnend schon vor einem Jahr, verschärft durch den Ukraine-Krieg und die Ausfälle bei den Gaslieferungen aus Russland, setzt sich auch im kommenden Jahr fort. Habeck rechnet für 2023 mit einer Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen in Höhe von sieben Prozent. Für das laufende Jahr erwartet er einen Schnitt von acht Prozent. Dass die Inflation möglicherweise etwas geringer ausfällt, als von Experten noch im September angenommen worden war, liegt an der Entscheidung der Ampel-Koalition, eine Preisbremse bei Gas und Strom umzusetzen. Damit dürfte die Inflation im kommenden Jahr um einen ganzen Prozentpunkt gesenkt werden.

„Diese Zahlen sind schlecht, das kann man nicht wegreden“, sagte der Wirtschaftsminister. Im Frühjahr hatte er noch ein Wachstum von 2,2 Prozent für dieses und 2,5 Prozent für kommendes Jahr prognostiziert. Die neue Prognose liegt nun sogar leicht unter der des Internationalen Währungsfonds vom Dienstag. Die Organisation hatte für 2022 ein Plus von 1,5 Prozent und für das kommende Jahr ein Minus von 0,3 Prozent berechnet. Damit schneidet Deutschland unter den großen Industriestaaten am schlechtesten ab.

Habeck betonte, dass ohne die Gegenmaßnahmen der Regierung – Abwehrschirme, die drei Entlastungspakete, das Ersetzen russischer Gaslieferungen zum Füllen der Speicher, demnächst Gas- und Strompreisbremsen – die Inflation höher und die Rezession kräftiger ausfallen würde.

Die Zahlen zeigen, dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, gewirkt haben. 

Robert Habeck

Deutschland habe sich erfolgreich gegen den Versuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin gestemmt, mit dem Einstellen von Energielieferungen die wirtschaftliche Ordnung zu destabilisieren. Er sei fest davon überzeugt, dass Putin mit seiner Strategie ebenso scheitern werde „wie er auf dem Schlachtfeld in der Ukraine dabei ist zu scheitern“. Laut Habeck hätten die Prognosen für die Wirtschaftsleistung bei einem völligen Stopp der russischen Gaslieferungen im Frühjahr bei einem Minus zwischen drei und neun Prozent gelegen hätten.

1,4
Um so viel Prozent wächst die Wirtschaft 2022

Die Zahlen von Habeck haben auch Auswirkungen für die Aufstellung des Bundeshaushalts für 2023. Der wird gerade im Bundestag beraten. Der Entwurf der Regierung, im Juli vom Kabinett beschlossen, basiert noch auf den Wachstums- und Inflationsprognosen vom Frühjahr, die durchweg weitaus optimistischer waren – auch wenn der Ukraine- Krieg damals schon berücksichtigt war, die massive Gaskrise war damals in ihrer ganzen Tragweite noch nicht absehbar. Daher muss die Ampel-Koalition nun entscheiden, wie sie mit den neuen Zahlen verfährt.

Der wichtigste nächste Schritt dabei ist die offizielle Steuerschätzung Ende Oktober. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wird dafür auf der Basis der Herbstprognose eine neue Berechnung liefern. Doch ist die Gemengelage nicht ganz einfach, wie sich gerade erst wieder in der Zwischenbilanz des Statistischen Bundesamtes zu den Staatseinnahmen im bisherigen Jahresverlauf gezeigt hat. Demnach haben Bund, Länder und Kommunen im ersten Halbjahr gut ein Fünftel mehr Steuern eingenommen als im Vorjahreszeitraum. Ein Grund dafür ist zwar die schwächere Wirtschaft im zweiten Corona-Jahr 2021, als auch Steuersenkungen in Kraft waren. Doch dank des Preisauftriebs seit dem vergangenen Herbst haben sich nicht zuletzt die Umsatzsteuereinnahmen gut entwickelt. Allein beim Bund erhöhten sich diese laut Statistikamt um 30,4 Prozent auf 68,2 Milliarden Euro.

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