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Die Baustelle an der Heinrich-Mann-Allee.

© Andreas Klaer

Sonderabschreibungen für den Neubau: Immobilienwirtschaft reagiert erfreut auf Geywitz-Vorschlag

Die Bauministerin brachte eine Anhebung der AfA auf sieben Prozent ins Spiel. Baugewerbe und Handwerk mahnen weitere Schritte zur Förderung der Bautätigkeit an: Geht da noch mehr?

Die Immobilienwirtschaft hat die jüngsten Signale der Bundesbauministerin zum Wohnungsbau erfreut registriert. „Dieser Vorstoß könnte genau die Impulse bringen, die den danieder liegenden Wohnungsbau reanimieren“, sagte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA.

Der Verband vertritt aktuell rund 37.000 Unternehmen aus der gesamten Immobilienwirtschaft. „Auch ein großvolumiges Kreditförderprogramm der KfW mit einem Zinssatz von zwei Prozent für Neubauten wäre jetzt goldrichtig“, sagte Mattner.

Der Eigentümerverband Haus & Grund sprach sich für eigenkapitalersetzende Darlehen aus, um die Hürden beim Eigentumserwerb gerade für Schwellenhaushalte zu senken. „Um die Kosten des Wohnens nicht weiter ausufern zu lassen, sollten Gesetze einem Bau- und Wohnkostencheck unterzogen werden“, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke.

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„Angesichts des dramatischen Einbruchs bei den Baugenehmigungen und damit verbunden dem Rückgang der Bauinvestitionen in diesem Jahr brauchen Bau- und Immobilienwirtschaft dringend neue Investitionsanreize“, sagte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) am Mittwoch. Sie schlägt eine degressive Abschreibung vor, wonach Bauherren innerhalb der ersten acht Jahre insgesamt 48 Prozent der Kosten bei der Steuer abschreiben könnten.

Die Finanzierung des Vorschlags ist allerdings ungeklärt. „Über die Finanzierung muss sich Ministerin Geywitz mit dem Kabinett und Finanzminister Lindner verständigen“, sagte der baupolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst. 

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, für die im Entwurf des Wachstumschancengesetzes beschriebenen Maßnahmen sei in der Finanzplanung Vorsorge getroffen. Für weitere Maßnahmen wären Gegenfinanzierungen notwendig.

Im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden drei Jahren sollen jeweils sieben Prozent der Baukosten abgeschrieben werden können. In den darauffolgenden vier Jahren sollen es gemäß Geywitz‘ Papier fünf Prozent sein und in den 26 Jahren danach zwei Prozent. Begründet wird die vorgeschlagene Abschreibemöglichkeit damit, dass in neuen Gebäuden verbaute Technik relativ schnell veraltet.

Hintergrund des Geywitz-Vorstoßes

Der Hintergrund des Geywitz-Vorstoßes: Die Bundesregierung verfehlte zuletzt ihr Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen. 2022 wurden gut 295.000 Fertigstellungen verzeichnet. Das Ifo-Institut erwartet einen stetigen Rückgang auf 200.000 Fertigstellungen im Jahr 2025. Vor allem in deutschen Großstädten ist bezahlbarer Wohnraum knapp.

Auch Berlin schafft es nicht, die eigenen Zielvorgaben zu erreichen. 20.000 Wohnungen sollten in der Stadt jährlich neu hinzukommen. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg waren es im vergangenen Jahr insgesamt 17.310 Wohnungen. Laut ZIA fehlten bis zum Jahr 2025 rund 700.000 Wohnungen in Deutschland.

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Nach einem Bericht von „Media Pioneer“ dringt Geywitz auf eine Ergänzung im Wachstumschancengesetz. Demnach fordert die Bauministerin, steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Neubauten zeitlich befristet bis Ende 2030 massiv zu erweitern. So könnten ab 2024 in den ersten vier Jahren jeweils sieben Prozent der Baukosten abgeschrieben werden; aktuell sind es im Regelfall nur drei Prozent.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Verena Hubertz, sagte zu den Wohnungsbauplänen des Bauministeriums am Donnerstag: „Durch die hohen Baukosten und gestiegenen Zinsen nimmt die Bautätigkeit ab, obwohl wir weiterhin einen massiven Bedarf an bezahlbarem Wohnraum haben. Es braucht jetzt ein sofort wirksames Anreizprogramm.“

Der Mittelstand braucht Leistungsanreize

Der Bau müsse schnell wieder stabilisiert werden, sagte Handwerkspräsident Jörg Dittrich. Notwendig sei eine verlässliche Förderung von Wohnraum oder der Sanierung des Bestands. „Und wir müssen schauen, dass die breite Leistungsmitte der Gesellschaft Eigentumsbildung betreiben kann. Denkbar ist hier zum Beispiel, die Grunderwerbsteuer zu senken. Wir müssen Anreize schaffen, dass die Leistungsträger aus der Mitte der Gesellschaft die Chance haben, Wohneigentum bilden zu können.“

Ohne gezielte Förderung und ohne rigorosen Abbau kostentreibender Vorschriften wird es keine problemlösende Steigerung der Neubauleistungen geben.

Wulff Aengevelt, Makler und Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt forderte ein Sondervermögen „Soziales Wohnen“ in Höhe von 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. „Denn von den Abschreibungen, die Geywitz plant, haben die Akteure, die die Säulen im sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau sind, so gut wie nichts“, sagten die Gewerkschaftler mit Blick auf die Förderung von renditeorientierten Unternehmen.

Ähnlich ließ sich der Gesamtverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW zu den Plänen vernehmen: „Wir begrüßen diesen dringend notwendigen Schritt, um den Neubau in Deutschland wieder anzukurbeln. Allerdings ist dies eine Maßnahme, die nicht auf den bezahlbaren Wohnungsneubau ausgerichtet ist. Angesichts der dramatischen Gesamtsituation sind zusätzliche Maßnahmen deshalb unerlässlich.“ Verbandspräsident Axel Gedaschko forderte die Einführung einer speziellen Sonderabschreibung für Unternehmen, die Mietbegrenzungen garantieren und so bezahlbaren Wohnraum anbieten. 

Neben gestiegenen Zinsen erschwert die Grunderwerbsteuer den Neubau

Ein Blick in die Geschichte der Grunderwerbsteuer zeigt, wie sehr sich die Belastungen für Immobilienerwerber verschlechtert haben. Noch 1983 wurde bundeseinheitlich eine Steuer von zwei Prozent des Kaufpreises für alle Grundstücksgeschäfte (bebaut oder unbebaut) erhoben. Seit 2006 ist die Festsetzung der Grunderwerbsteuer Ländersache.

Seitdem steigen die Steuersätze. In Berlin werden aktuell sechs Prozent, in Brandenburg sogar 6,5 Prozent des Kaufpreises fällig. Die Steuersätze sind eine der größten Hürden bei der Eigentumsbildung; gleichzeitig ist sie eine der wichtigsten Einnahmequellen der Bundesländer. Zusammen mit den Notarkosten kann die Steuer knapp acht Prozent beim Immobilienkauf ausmachen. 

Bisher greift die sogenannte AfA – die Absetzung für Abnutzung – nur bei vermieteten, nicht selbst genutzten Immobilien sowie gewerblich genutzten Immobilien. Privatnutzern ist es daher nicht möglich, die Anschaffungskosten beim Immobilienerwerb von der Steuer abzusetzen.

Sonderabschreibungen könnten ein weiteres Instrument sein

„Eine Erweiterung des steuerrechtlichen Rahmens, der zumindest eine teilweise Abschreibung der Kosten vorsieht, muss erwogen werden. Möglich wären zudem Sonderabschreibungen für bestimmte förderwürdige Käufergruppen. Generell wird eine Ausweitung der Abschreibungsmöglichkeiten dazu beitragen, mehr Menschen den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter des Makler-Unternehmens Von Poll Immobilien.

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Prozent der Baukosten sollen in den ersten vier Jahren jeweils abgeschrieben werden.

Das Baugewerbe begrüßte die neuen Pläne der Bundesbauministerin – mahnte aber weitere Schritte an. „Wir begrüßen es sehr, wenn Bauwillige und Investoren einen höheren Prozentsatz bei der degressiven AfA abschreiben könnten. Angesichts des seit Monaten anhaltenden Negativtrends im Wohnungsbau ist ein steuerliches Anreizprogramm ein dringend notwendiger Baustein, um die Baukonjunktur anzukurbeln“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), in einer Mitteilung. „Wenn sich die Länder dazu durchrängen und die Grunderwerbsteuer zumindest temporär aussetzten, würden es ihnen viele Bauwillige danken.“

Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen begrüßte die Pläne der Bundesbauministerin Klara Geywitz zur Erweiterung der steuerlichen Abschreibung für Neubauten ebenfalls.

Die Abschreibungsmöglichkeiten könnten aber nur ein kleiner Teil der Lösungen sein. „Deswegen müssen wir grundsätzlich die Kosten senken, indem wir Bau-Standards nicht immer weiter erhöhen“, sagte BFW-Präsident Dirk Salewski. Für einen wirklichen Effekt sollte der Energieeffizienzstand EH 40 zumindest temporär „nicht mehr Ultima Ratio bei der Förderung sein“, sagte Pakleppa (ZDB). EH 55 als Förderstandard würde mehr Bauwillige und Investoren mit weniger Steuergeld zum Bau von mehr Wohnungen anregen.

„Ohne gezielte Förderung und ohne rigorosen Abbau kostentreibender Vorschriften wird es keine problemlösende Steigerung der Neubauleistungen geben. Ohne unverzügliche über-überfällige Umorientierung werden wir eine gesellschaftspolitisch brisante weitere Verschärfung der Wohnungsnot erleben. Das darf die Politik nicht noch länger billigend in Kauf nehmen“, sagte der bundesweit tätige Makler Wulff Aengevelt.

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