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Drei Studierende gehen über den Campus der Freien Universität Berlin, vorbei an der "Holzlaube".

© Bernd Wannenmacher/FU

Was Berlin für Studierende aus der Ukraine tut: „Andere Länder sind mit speziellen Programmen deutlich weiter“

Tausende haben sich beworben, erste Geflüchtete studieren bereits. Doch die CDU vermisst konkrete Angebote des Senats für Studierende aus der Ukraine.

Für Studierende aus der Ukraine, die in Berlin Zuflucht suchen, soll eine zentrale Anlaufstelle beim Studierendenwerk entstehen. Das geht aus der Antwort von Wissenschaftsstaatssekretärin Armaghan Naghipour auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse hervor. Bislang wenden sich die Studierenden – oft noch aus der Ukraine oder während der Flucht – an einzelne Hochschulen.

Mindestens 3400 solcher Anfragen von Geflüchteten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hätten die Berliner Unis und Fachhochschulen bereits erreicht, teilt Naghipour mit.

Wie viele insgesamt in ein reguläres Studium oder in Gasthörer-Programme aufgenommen wurden, bleibt offen. Zahlen gibt es für die FU mit 16 Fachstudierenden, zwölf Austauschstudierenden und sieben Nebenhörer:innen, für die HU mit sechs Programmstudierenden und für die HWR mit 40 Gaststudierenden.

Die beim Studierendenwerk geplante „hochschulübergreifende Informations- und Koordinierungsstelle“, in der Geflüchtete eine „schnelle Orientierung und Vorab-Beratung“ erhalten sollen, ist bislang das konkreteste Landesprojekt, mit dem auf die neue Welle der Anfragen reagiert wird. Aber auch hierfür gilt: Die Anlaufstelle soll grundsätzlich allen Geflüchteten offenstehen, unabhängig davon, ob sie aus der Ukraine kommen oder aus anderen Krisenregionen.

Laufende Programme werden fortgesetzt, neue geprüft

Adrian Grasse, hochschulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, fragt nach Landesprogrammen und vor allem nach Mitteln speziell für ukrainische Studierende. Naghipour verweist auf laufende Programme, die generell für Studienbewerber:innen mit Fluchthintergrund aufgelegt wurden.

[Eine Reportage über vier ukrainische Erasmus-Studierende bei Tagesspiegel Plus finden Sie hier]

So setzten Unis und FHs „seit mehreren Jahren zahlreiche Maßnahmen zur Integration Geflüchteter in das Regelsystem der Hochschulen“ um. Unterstützt werde dies mit jährlich 780 000 Euro aus dem laufenden Etat der Wissenschaftsverwaltung. Die daraus finanzierten Beratungs- und Unterstützungsangebote stünden „auch Geflüchteten aus der Ukraine offen“.

Das gelte ebenso für den Notfonds des Studierendenwerks, aus dem alle Studierenden, die akut und unverschuldet in Not geraten sind, 1000 Euro als „Zuschuss zum Start ins Studium“ beantragen können. Nicht erwähnt werden eigene Unterstützungsfonds der Hochschulen, für die diese laufend Spenden sammeln.

Die ukrainische Fahne flattert über dem Hauptportal der Humboldt-Universität zu Berlin.
Willkommen: Die Humboldt-Universität hat als Zeichen der Solidarität im März 2022 die ukrainische Fahne gehisst.

© IMAGO/Christian Spicker

„Es ist bedauerlich, dass der Senat landesseitig offenbar kaum Anstrengungen unternimmt, die Hochschulen zu unterstützen“, kritisiert Grasse gegenüber dem Tagesspiegel. Rot-Grün-Rot befinde sich mehr als zwei Monate nach dem Beginn des Angriffskrieges „noch immer im Prüfmodus“.

Stipendien? Es gibt doch die Grundsicherung und bald Bafög

„Andere Länder sind mit speziellen Programmen schon deutlich weiter“, stellt Grasse fest. Aus einer Aufstellung des Abgeordeneten geht hervor, dass Hessen seinen Notfonds für ausländische Studierende um 700.000 Euro auf zwei Millionen Euro aufgestockt hat, damit ukrainische Studierende und Wissenschaftler:innen ihr Studium beziehungsweise ihre Hochschulkarriere mit einem Stipendium fortsetzen können.

Thüringen will einen ähnlichen Fonds in Erwartung eines Bundesprogramms vorfinanzieren. Baden-Württemberg stellt eine Million Euro für Soforthilfe-Stipendien aus einer landeseigenen Stiftung bereit. Und Niedersachsen erlässt allen Ukrainer:innen die Verwaltungsgebühren der Hochschulen.

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Letzteres ist in Berlin ebenfalls möglich und wird auch schon praktiziert, wobei die Sozialbeiträge für das Studierendenwerk und die Vergütung für das Semesterticket ausgenommen werden müssen, wie Naghipour erläutert. Ob die Hochschulen durch die Aufnahme von Studierenden aus der Ukraine mehr Landesmittel aus dem Senatstopf für Geflüchtete brauchen, werde derzeit ebenfalls ermittelt, betont die Staatssekretärin.

Solche „Mehrbedarfe“ hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) am Mittwoch bundesweit angemeldet. Die Nachfrage nach Sprachkursen, fachlichen Vorbereitungskursen und an akademischer Qualifizierung steige enorm, erklärte HRK-Chef Peter-André Alt nach der Mitgliederversammlung.

Bleibt die Frage nach den Stipendien. Hier wendet Naghipour ein, dass die Finanzierung des Lebensunterhalts für Ukrainer:innen vorerst über das Asylbewerberleistungsgesetz gesichert ist und sie voraussichtlich ab dem 1. Juni Grundsicherung beziehen. Die Studienfinanzierung sei zudem grundsätzlich Aufgabe des Bundes – über das Bafög. Und das will die Bundesregierung jetzt für Ukrainer:innen öffnen.

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