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Meteoriten, Mikrometeoriten und Staub von Sternenexplosionen sind es, die Jenny Feige in ihrer wissenschaftlichen Arbeit umtreiben.

© Philipp Arnoldt/TU Berlin

Berliner Astrophysikerin: Jägerin des kosmischen Staubes

Jenny Feige, Astrophysikerin an der TU Berlin, fand Mikrometeorite auf dem Dach des Physikgebäudes. Jetzt kann sie mit einer Millionen-Förderung der EU in der Atacama-Wüste weitersuchen.

Auf dem Dach des Physik-Gebäudes der Technischen Universität Berlin hatte wohl noch nie jemand gefegt oder gar gesaugt. Bis Jenny Feige kam und die mit jahrzehntealten Ablagerungen bedeckte Fläche betrat. Würde sie hier Mikrometeorite finden, wie vor ihr der Amateurwissenschaftler John Larsen auf einem Dach des Geo-Campus der Freien Universität in Lankwitz?

Feige hatte Larsen 2016 auf einer Meteoriten-Konferenz in Berlin erlebt. „Klar, dass man als Meteoriten-Expertin dann auf sein eigenes Dach steigt“, sagt die Postdoktorandin am Zentrum für Astronomie und Astrophysik (ZAA) der TU Berlin. Ein kleines Gläschen des von ihr vorsortierten Dachsediments schickte sie an einen spezialisierten Bürgerwissenschaftler in Wisconsin (USA). Und der entdeckte tatsächlich unter den vielen Tausend geschmolzenen Metallkügelchen verschiedenster Herkunft – sei es vom Autoverkehr, aus Schweißerwerkstätten oder aus der Kollision von Asteroiden – zwei Mikrometeorite.

Das TU-Dach hat Feige längst hinter sich gelassen. Und auch die australische Tiefsee, in deren Sedimenten in 4000 Metern sie für ihre Doktorarbeit an der Universität Wien in einer internationalen Gruppe von Forschenden nach Spuren von Sternexplosionen suchte. Jetzt macht sich die Astrophysikerin mit Wurzeln im brandenburgischen Woltersdorf bei Berlin auf in die chilenische Atacama-Wüste.

Wir wollen erfahren, wann Eisen-60 auf die Erde kam und so sehen, wann die letzte Sternenexplosion in der Nähe unseres Sonnensystems stattfand.

Jenny Feige, Astrophysikerin an der TU Berlin

Für ihre Forschung erhielt sie unter anderem 2011 den Diplomarbeitspreis der Österreichischen Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik und 2015 den Klaus Tschira-Preis für verständliche Wissenschaft. Und nun kam die am besten dotierte Förderung für junge Wissenschaftler:innen in Europa dazu: der ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats. Mit dem Preisgeld von 1,76 Millionen Euro kann Feige die Reise mit einem fünfköpfigen Berliner Team antreten und fünf Jahre lang ihrer aktuellen Forschungsfrage nachgehen: neue Perspektiven auf die Geschichte unseres Sonnensystems im Zusammenhang mit kosmischen Ereignissen.

Wüsten-Staub von Sternenexplosionen

Geholt hat Feige das Projekt genau genommen nicht für die TU Berlin, sondern für das Berliner Naturkundemuseum, an dem sie bereits Gastwissenschaftlerin ist. Für ihr großes Projekt bleibt die 40-Jährige beim kosmischen Staub, zu dem neben den Mikrometeoriten auch der noch schwerer zu fassende Staub von Sternenexplosionen gehört.

Exkursion von Forschenden und Studierenden der TU Berlin in die Atacama-Wüste in Chile um 2020 im Rahmen des Studienmoduls „Astronomy and Astrobiology in the Atacama Desert“.

© TU Berlin/ZAA

„Der ist so klein, dass ich ihn nicht als Partikel direkt auf der Erde nachweisen kann“, erklärt Feige. Für ihre Analysen arbeitet sie unter anderem mit einem Massenspektrometer an der Berliner Anstalt für Materialforschung (BAM) und am Beschleunigermassenspektrometer des Helmholtz-Zentrums in Dresden-Rossendorf. Ihre theoretischen Modelle, die ihre Messungen mit den kosmischen Ereignissen verbinden, erarbeitete sie gemeinsam mit ZAA-Leiter Dieter Breitschwerdt und ihrem Kollegen Michael Schulreich.

Während Mikrometeorite von Einschlägen auf Mond oder Mars beziehungsweise vom Aufeinandertreffen von Asteroiden oder Kometen stammen, wird als Nachweis von Sternenexplosionen das radioaktive Isotop Eisen-60 untersucht. Auch danach wollen Feige und ihr Team in den Sedimenten der Atacama-Wüste graben. „Wir wollen zurück in die Millionen Jahre alte Vergangenheit, deshalb entnehmen wir Proben aus bis zu 40 Meter tiefen Löchern.“

In allen Projekten der Astrophysikerin geht es um Grundlagenforschung darüber, welchen Einfluss die kosmischen Ereignisse auf die erdgeschichtliche Entwicklung hatten und haben. Mit den weitgehend unberührten Wüstensedimenten von Atacama könnte sie ein einmalig konsistentes Bild dieser Evolution zeichnen. „Wir wollen zum Beispiel erfahren, wann das Eisen-60 auf die Erde kam und so sehen, wann die letzte Sternenexplosion in der Nähe unseres Sonnensystems stattfand“, sagt Jenny Feige.

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