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Eine Gruppe fast durchsichtiger Glasfrösche schläft tagsüber auf einem Blatt im Tropenwald.

© Jesse Delia

Durchsichtige Masche: Wie sich Glasfrösche tarnen

Nicht gesehen zu werden, ist für viele Tiere vorteilhaft. Eine Amphibienart hat ihren Stoffwechsel daran angepasst, in Ruhephasen kaum noch in Erscheinung zu treten.

Mit einem bisher unbekannten Trick können sich Glasfrösche im Kronendach des südamerikanischen Regenwaldes im Schlaf auf grünen Blättern durchsichtig machen: Die zwei bis drei Zentimeter großen Tiere der Art Hyalinobatrachium fleischmanni verbergen den größten Teil ihres sonst gut sichtbaren roten Blutes in der Leber, erklärt ein Team um Carlos Taboada, Jesse Delia, Maomao Chen und Junjie Yao von der Duke University im US-amerikanischen Durham in der Zeitschrift „Science“.

Wenn sie wieder aktiv werden, sinkt der Hämoglobin-Gehalt in der Leber um 83 Prozent. Der rote Blutfarbstoff wird dann im Bauch und in den Schenkeln sichtbar, wo er das Gewebe mit dem lebenswichtigen Sauerstoff versorgt. Zumindest, solange die Glasfrösche wach sind. Suchen sie sich in der Morgendämmerung ein Blatt, auf dem sie schlafend den Tag bis zur nächsten Nachtschicht verbringen, reduziert sich die Zahl der roten Blutkörperchen im Bauch und in den Schenkeln um 89 Prozent. Ohne das farbige Blut lässt das Gewebe der Frösche 34 bis 61 Prozent mehr Licht durch, erklärt die US-Gruppe.

Die Glasfrösche haben anders als etwa Quallen viel roten Blutfarbstoff im Gewebe, erklären Nelly Cruz und Richard White vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York in einem Kommentar ebenfalls in „Science“. Dieser lässt sich nicht transparent machen. Das könnte durchaus der Grund sein, weshalb zwar Wassertiere, aber extrem selten Tiere an Land durchscheinend sind.

Das rote Blut ist in einer großen Ader im aktiven Glasfrosch auf der rechten Seite gut sichtbar, im Schlaf verbirgt das Tier sein Blut in der Leber (links).

© Jesse Delia

Fehlen Farbstoffe wie Melanin, das auch die Haut von Menschen färbt, ist weiches Gewebe eigentlich transparent und lässt Licht durch. Allein reicht der Verzicht auf den dunklen Biofarbstoff allerdings noch nicht für Durchsichtigkeit, weil durch die Adern der Gewebe noch reichlich rotes Blut fließt.

Also verstecken Glasfrösche das Blut in der Leber, die von einem Gewebesack voller Kristalle des Biomoleküls Guanin eingehüllt ist, der Strahlung gut spiegelt, einfallendes Licht abschwächt und die Leber samt des dort gespeicherten Blutes fast unsichtbar erscheinen lässt.

Bisher ist völlig unklar, wie die Glasfrösche ihr Blut umverteilen. Steuern sie diesen Prozess aktiv, wenn sie zum Beispiel einen Feind in der Nähe entdecken? Cruz und White fragen auch, warum die starke Konzentration von Blut in der Leber bei ihnen nicht wie bei anderen Tieren zu Gerinnseln führt, die Adern verstopfen können.

Vielleicht produziert die Leber der Tiere ja Biomoleküle, um die Blutgerinnung zu hemmen? Sollte man solche Gerinnungshemmer finden, könnte man ähnliche Substanzen entwickeln, mit denen sich vielleicht Herz-Kreislauf-Leiden von Menschen therapieren lassen, vermuten Cruz und White.

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