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Das Hauptgebäude der Humboldt-Universität mit Studierenden und anderen Passanten.

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„Fast ausnahmsloser Rückgang“: Weniger Bewerbungen für Berliner Unis

An den Berliner Hochschulen gehen deutlich weniger Bewerbungen ein, Studienplätze bleiben frei. Den Unis zufolge gibt es dafür verschiedene Gründe – und anderswo Überlast.

An den Berliner Hochschulen gehen weniger Bewerbungen als früher ein – und teilweise bleiben mehr Studienplätze als sonst frei. Das ergibt sich aus der Antwort der Wissenschaftsverwaltung auf eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Ina Czyborra.

Grundsätzlich lasse sich „ein fast ausnahmsloser Rückgang“ erkennen, der sich über alle Hochschultypen, alle Abschlussarten und Studienbereiche erstreckt, heißt es in der Antwort. Einzige Ausnahme: die Kunsthochschulen.

Die sinkenden Zahlen würden vor allem die grundständigen Fächer, also Bachelor und Staatsexamen, betreffen. An der FU gingen die Bewerbungszahlen für diesen Bereich zwischen dem Wintersemester 2020/21 und 2022/23 von 46.000 auf 39.000 Bewerbungen zurück, teilt die FU auf Anfrage des Tagesspiegel mit. Die HU verzeichnet jetzt 23.205 Bewerbungen (20/21: 30.409), die TU 14.456 (20/21: 17.056).

In der Antwort der Senatsverwaltung heißt es, besonders ausgeprägt sei der Rückgang der Bewerberinnenzahlen in den Geisteswissenschaften und Mathematik/Naturwissenschaften. Er fokussiere sich insbesondere auf Studiengänge mit Lehramtsoption beziehungsweise Lehramtsbezug.

Der Rückgang in diesen Fächergruppen betrage „im Durchschnitt aller Studiengänge 50 bis 70 Prozent der Bewerbungen im Vergleich zu den Vorjahren“, wobei die Statistik hier bis in das Vor-Pandemiejahr 2019 zurückreicht.

Lässt auf einmal die Strahlkraft Berlins als Unistandort nach? Ganz so einfach ist die Interpretation der Zahlen nicht. Zunächst einmal sind viele beliebte Fächer trotz sinkender Bewerbungszahlen dennoch heillos überlaufen (siehe Infobox).

Dazu kommen andere Faktoren. In den Lehramtsfächern etwa gebe es bundesweit weniger Bewerbungen, stellte Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Montag im Abgeordnetenhaus fest. Das sähen sie und Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) mit Sorge. Den demografischen Wandel, der deutschlandweit zu einem Rückgang führe, nennt die TU ebenfalls als Grund.

Oft lässt sich auch gar nicht sagen, wie viele Personen hinter den Bewerbungen stecken. Denn gerade in beliebten Fächern fragten Abiturient:innen in der Vergangenheit oft bei zahlreichen Unis an. Womöglich bewerben sich Studieninteressierte jetzt einfach nur an weniger Hochschulen. Die TU beobachtet zudem, dass Bewerber:innen wegen der steigenden Mieten in Berlin in Einzelfällen Studienplätze zurückgeben.

In Berlin machen weniger Schüler:innen Abitur

Ein weiterer Grund, auf den die FU hinweist: Vier Bundesländer haben die Schulzeit bis zum Abitur wieder auf 13 Jahre verlängert. Dadurch fehlen die betreffenden Jahrgänge auf einmal an den Hochschulen. Die KMK prognostiziere für Berlin, dass erst im Jahr 2028 wieder das Studienanfängerniveau von 2018 erreicht werde.

Die HU geht „von Unsicherheiten bezogen auf die Studieninteressierten“ aus. Verschärfend käme hinzu, dass die Anzahl der Abiturprüfungen im Land Berlin gegen den bundesweiten Trend weiterhin rückläufig sei. „Die Hauptgruppe, aus denen sich die Studienanfänger*innen im 1. Fachsemester speist, ist empfindlich geschmälert“, heißt es. Dabei handele es sich aber eher um pandemiebedingte Effekte, die nur temporärer Natur seien.

Klar ist: Nicht nur die Bewerbungen werden weniger, auch Studienplätze bleiben frei, zumindest in einigen Haupt- und Kernfächern. Das gilt auch für Lehramtsfächer wie Deutsch, Englisch, Französisch oder Chemie, denen wegen des Lehrkräftemangels in Berlin ein besonderes Augenmerk gilt – selbst wenn es sich manchmal nur um eine niedrige zweistellige Zahl freier Plätze handelt.

Im Master sind die Vakanzen größer

Im Master sind die Vakanzen noch einmal größer. FU und HU begründen das auch damit, dass die Studierenden ihren Bachelor-Abschluss in der Pandemie wegen der ungewohnten Lehr- und Prüfungssituation oft verschoben haben.

„Hierdurch bedingt fehlt es insbesondere gegenwärtig an Personen, die bereits das grundständige Studium abgeschlossen haben oder sich in dessen Abschlussphase befinden“, heißt es etwa aus der HU. Diese Studierenden seien dennoch weiter an der Uni: Die Gesamtstudierendenzahl nimmt an der HU daher ganz im Gegenteil sogar zu.

Dass die Zahl der unbesetzten Studienplätze in einzelnen Studiengängen keine unmittelbaren Rückschluss auf die Auslastung der jeweiligen Hochschule oder Fachbereiche zulässt, sagt auch die Senatsverwaltung in ihrer Antwort an Czyborra.

An anderer Stelle würden die Unis nämlich deutliche Überlasten fahren, manchmal schichten sie auch freie Kapazitäten zugunsten stark nachfrageorientierter Angebote um. Diese Maßnahmen tauchen jedoch in der Statistik nicht auf, argumentiert die HU. Schließlich: Werden Plätze letztlich doch nicht vergeben, könnten sie im Sommersemester noch einmal angeboten werden.

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