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In Plastikwaben legt die Schwarze Soldatenfliege ihre Eier ablegt. Die Larve werden dann zu Fischfutter weiterverarbeitet.

© picture alliance/dpa / Arne Dedert

Fische, Tomaten und Insekten: Fliegen sollen Aquakultur-Gemüse-Kreislauf schließen

Künstliche Aufzuchtsysteme für Pflanzen und Tiere müssen intensiv mit Nährstoffen versorgt und Abfallstoffe entsorgt werden. Berliner Forscher arbeiten an einem Kreislaufkonzept mit Fliegen.

In Spezialitäten-Restaurants sind frittierte Heuschrecken schon länger zu haben. Bis Insekten in Europa aber auch im Durchschnittshaushalt auf Tellern landen, dürfte es dagegen noch einige Zeit dauern. Erheblich näher an einer praktischen Anwendung sind Insekten dagegen als Nahrung für Nutztiere.

Insekten haben selbst als Nutztiere einen großen Vorteil, etwa gegenüber Hühnern und Schweinen: Sie verwerten ihr Futter erheblich effizienter, weil sie darauf verzichten, unter hohem Energieaufwand ihren Körper auf einer konstanten, relativ hohen Temperatur zu halten.

Zudem fressen sie auch noch Pflanzenabfälle wie die Stängel, Blätter und Wurzeln von abgeernteten Tomaten oder anderem Gemüse. Daher lässt sich Insektenzucht auch gut mit der Zucht von Fischen und dem Anbau von Tomaten kombinieren. Die Abfälle der einer Komponente sind eine wertvolle Ressource für die nächste. So wird ein Recycling-Kreislauf in Gang gesetzt, dessen Ausgestaltung Werner Kloas vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität in Berlin erforscht.

Fisch-Abwasser als Tomatendünger

Angefangen haben der Ökophysiologe und sein Team bereits 2007 mit einem Zwei-Komponenten-System aus Tomaten und Fischen. Bei diesen wurden die beide aus Afrika stammenden Tilapia-Buntbarsche und Welse unter die Lupe genommen. „Solche Süßwasser-Fische verwerten ihr Futter erheblich effektiver als Salzwasser-Arten“, sagt Kloas. Meeresfische wenden sehr viel Energie dafür auf, das mit dem Wasser aufgenommene Salz wieder auszuscheiden. Den Tilapien und Welsen bleibt mehr Energie zum Wachsen.

Die Fische scheiden jedoch die Stickstoff-Verbindung Ammonium aus. In höheren Konzentrationen ist sie giftig und muss in geschlossenen Kreislauf-Aquakulturen umgewandelt werden. Mikroorganismen in Biofiltern können sie zur wesentlich weniger giftigen Verbindung Nitrat verarbeiten. Zusätzlich werden in ähnlichen Anlagen täglich fünf bis zehn Prozent des Wassers ausgetauscht, um die Nitrat-Konzentration auf einem für die Fische gut verträglichen Niveau zu halten. Bei Werner Kloas kommt dieses nährstoffreiche Wasser dagegen einer Tomaten-Kultur zugute.

Die Pflanzen wachsen mit einer „Hydroponik“ genannten Technik, die auf Erde verzichtet. Stattdessen geben Mineralwolle oder andere lockere Substanzen wie Kokosfasern den Wurzeln Halt. Umspült wird dieses Material von Wasser, das alle von der Pflanze benötigten Nährstoffe enthält. Besonders wichtig ist der Stickstoff-Dünger, der normalerweise mit sehr viel Energie im „Haber-Bosch-Verfahren“ hergestellt wird. Die Fische liefern diesen Nährstoff als Nitrat frei Haus.

Soldatenfliegen als Proteinlieferanten

Die Tomatenpflanzen revanchieren sich mit reichlich Sauerstoff, den sie beim Wachsen produzieren. Dieses Gas atmen die Fische ein, während sie Kohlendioxid ausatmen. Das wiederum brauchen Pflanzen zum Wachsen. Fangen Kühlfallen oder ein Niedrigenergie-Gewächshaus die Luftfeuchtigkeit wieder ein, die von den Pflanzen verdunstet wurde, entsteht ein Kreislaufsystem, das beim Anbau von Tomaten oder Salat 60 bis 75 Prozent des sonst eingesetzten Düngers einspart.

„Für ein noch besseres Kreislaufsystem fehlt das Futter für die Fische, das im jüngsten Projekt ‚Cubes Circle‘ von den Larven von Soldatenfliegen geliefert wird“, erklärt Werner Kloas. Die Maden ernähren sich von sonst kaum verwendeten Pflanzenresten und können sogar auf Schweinemist gedeihen oder verdorbene Lebensmittel vertilgen. Nach rund drei Wochen werden die Larven abgesammelt, getrocknet und entfettet und können dann als Hauptbestandteil des Fischfutters den Kreislauf schließen.

Während in der Hydroponik-Kultur fünf Kilogramm Tomaten geerntet werden, die sonst viel mehr Dünger benötigt hätten, kann gleichzeitig aus einem anderen Behälter ein Kilogramm Fisch geholt werden, aus dem 400 Gramm Filet hergestellt werden. Im Frühjahr 2023 soll für eine Anlage inklusive eines Behälters für die Soldatenfliegen-Larven Richtfest gefeiert werden.

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