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Dr. Jens Foell ist ein Quell des kuriosen Wissens.

© Julian Beekmann Fotografie

Foellig Nerdiges Wissen: Einblicke in das Gehirn eines Universalnerds

Der ambitionierte Wissenschaftskommunikator Jens Foell ist Teil von Mai Thi Nguyen-Kims Team. Sein erstes Buch begeistert mit spannendem Wissen und leichtfüßigen Erklärungen.

Spätestens seit der TV-Serie „Big Bang Theory“ ist der Nerd zu einer Kultfigur geworden. Früher meist als verschrobene Einzelgänger abgetan, werden Nerds mittlerweile in größerer Vielfalt abgebildet, stehen manchmal sogar im Mittelpunkt einer Geschichte. Der Begriff „Nerd“ ist in der Regel nicht mehr abwertend gemeint, sondern vielmehr eine humorvolle Selbstbeschreibung.

Doch was unterscheidet einen Nerd von einer intelligenten oder gebildeten Person? Der erfahrene Wissenschaftskommunikator Jens Foell sinniert im Intro seines ersten Buches „Foellig Nerdiges Wissen“ über diese Frage. „Ein Nerd ist eine Person, die eine Sache gründlich betrachtet und mehr darin sieht als der unauffällig veranlagte Mensch neben ihm“, schreibt er. Ein Film-Nerd finde einen Film nicht nur spannend, sondern wisse auch, wie die Spannung erzeugt werde. Nerdiges Wissen sei nicht das gleiche wie das so beliebte „unnütze Wissen“. Nerdiges Wissen erweitere nicht nur den Kenntnisstand des Nerds, sondern auch seine Sicht auf die Welt.

Ein Blumenstrauß kurioser Wissenshäppchen

Das in diesem Buch gesammelte nerdige Wissen wird diesem Anspruch höchst gerecht. Foell präsentiert in 42 Kapiteln einen Blumenstrauß kurioser Wissenshäppchen (fortgeschrittene Nerds werden wissen, dass die Anzahl der Kapitel kein Zufall ist). Der promovierte Neuropsychologe hält sich dabei nicht etwa nur an sein Fachgebiet, sondern deckt eine beachtliche Bandbreite ab, von Genetik, über Quantenphysik und Archäologie bis zur Mythologie. Alle Gedanken erklärt er anschaulich und ohne notwendiges Vorwissen. Er glänzt dabei mit einer großen Liebe zum Detail und Humor, etwa mit seiner Metapher vom im Schwimmbad hüpfenden Nilpferd Hildebrand zur Erkärung des Dopplereffekts, oder seiner Zitierung des „großen Philosophen“ Vision, einem Androiden aus dem Marvel Cinematic Universe.

Statt nur zusammenhanglose Fakten zu präsentieren, erklärt Foell die Phänomene auf Basis wissenschaftlicher Studien. Er legt dabei großen Wert darauf, wenn möglich auch die Erkenntnisfindung selbst zu beleuchten. Damit hebt sich Foells Werk deutlich von der Masse der Fakten-Bücher ab, da er nicht nur Ergebnisse und Fakten präsentiert, sondern sich in Ansätzen auch mit dem akademischen System und dem Umgang unserer Gesellschaft mit Wissen auseinandersetzt. So setzt er sich in einem Kapitel für mehr Diversität in der Wissenschaft ein und äußert sich kritisch zu der Frage, ob rassistische, sexistische oder antisemitische Wissenschaftler:innen der Vergangenheit weiter verehrt werden dürfen.

Mit einem Vorwort von Mai Thi Nguyen-Kim

Als Wissenschaftler kennt Jens Foell das akademische System. Er hat als Hirnforscher in Deutschland und den USA gearbeitet und ist mittlerweile erfolgreicher Wissenschaftskommunikator. Er doziert am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik), gab einen TEDx-Talk über Phantomschmerz und hat den Wissenschaftsaccount „Real Scientists DE“ auf Twitter gegründet. Seit 2020 ist er Teil des Teams von Mai Thi Nguyen-Kim, die das Buch mit einem persönlichen Vorwort einleitet. Foell tauchte regelmäßig auf ihrem YouTube-Kanal „MaiLab“ auf und ist Redakteur ihrer Show „Maithink X“. Die Wissenschaftsshow läuft seit 2021 auf ZDF Neo und ist derzeit in der vierten Staffel.

Wie auch Nguyen-Kims Formate ist der Ton von Foells Buch unterhaltsam und heiter. Die 42 Kapitel lesen sich leicht von der Hand und die liebevoll gestalteten Illustrationen von Sina Loriani lockern den Text zusätzlich auf. Loriani ist promovierter Physiker und auf den sozialen Medien als Comic-Zeichner bekannt unter dem Pseudonym „Sciconaut“. Foell hat in Loriani eine kompetente Unterstützung gefunden, die, wie er, Wert aufs Detail legt. Zwar sind die meisten Abbildungen Comics zur reinen Unterhaltung, doch einige zeigen wissenschaftliche Konzepte auf, die das Verständnis des Kapitels erhöhen.

Schleimpilze und Nacktmulle

Bemerkenswert ist auch, wie es Foell gelingt, verschiedene Themen innerhalb eines Kapitels zu verweben. So verknüpft er an einer Stelle die Odyssee des griechischen Dichters Homer und den darin vorkommenden Zyklopen Polyphem mit dem natürlichen Lebensraum von Elefanten, um den Ursprung der Zyklopensaga zu begründen. Er beendet das Kapitel mit einer passionierten Meditation über den Unterschied zwischen Unwissenheit und Doofheit.

Serendipität bezeichnet das Stolpern über eine Sache, nach der man nicht gesucht hat. Foell spricht über Videospiele, Zombiefilme, Sex-Münzen, Schleimpilze, Steinzeitbier und Nacktmulle – Dinge, nach denen für gewöhnlich niemand sucht. Doch gerade diese kuriose Themenauswahl trägt zum gelungen unterhaltesamen Ton des Buches bei. „Jens Foell ist Serendipität in Person“, schreibt Nguyen-Kim im Vorwort des Buches. Und er versprüht sie mit solch einer Begeisterung, die selbst die zögerlichsten Leser:innen mitreißt – bei einem Thema wie Schleimpilzen, ist dies eine wahre Kunst.

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