Heute vor 122 Jahren: Spende Blut, rette – wirklich – Leben
Bluttransfusionen endeten lange Zeit meist tödlich. Dann fand ein Wiener Arzt den Grund. Seine Erkenntnis rettet bis heute täglich Leben.
Man schreibt das Jahr 1875, als der Mediziner Leonard Landois eine ernüchternde Bilanz zieht. Akribisch hat er jede einzelne Bluttransfusion notiert, die Ärzte in der Vergangenheit vorgenommen und irgendwo vermerkt haben. Sein Urteil fällt negativ aus.
Denn die Prozedur ist trotz aller Erfahrungen extrem gefährlich. Viele der Patientinnen und Patienten in seiner Statistik haben den Eingriff nicht überlebt. Den „Stein der Weisen“ habe man noch nicht gefunden, schreibt Landois darum.
Akribische Laborarbeit anstelle von Menschenversuchen
Wegen des hohen Risikos gelten Bluttransfusionen in den folgenden Jahren unter Ärzten als Tabu, stattdessen verabreicht man mit Milch oder mit Gelatine angedickte Kochsalzlösungen. Das ändert sich erst Anfang des 20. Jahrhunderts – durch die Arbeit eines Wiener Forschers.
Am 14. November 1901, heute vor 122 Jahren, veröffentlicht der Mediziner Karl Landsteiner eine Studie, die das Geheimnis um die Bluttransfusionen lüftet. Landsteiner hatte sich selbst und seinen Mitarbeitern Blut entnommen und im Labor miteinander vermischt.
Er war dabei streng methodisch vorgegangen, hatte in seiner Studie Blutproben jeder einzelnen Person mit denen der anderen in Kontakt gebracht. In manchen Mischungen verklumpte das Blut, in anderen Mischungen aber nicht.
Landsteiner schloss daraus, dass die Unverträglichkeit nicht durch einen Krankheitserreger verursacht wurde – was manche damals vermuteten – sondern durch systematische Unterschiede im Blut der Menschen. Er nannte diese offenbar unterschiedlichen Sorten „Blutgruppen“.
Antikörper, damals unbekannt, als Ursache der Transfusionskatastrophen
Dass bestimmte Antikörper auf die Antigene anderer Blutgruppen teils aggressiv reagieren und so zur Verklumpung führen, konnte Landsteiner noch nicht ahnen. Doch ihm war klar, „dass die angeführten Beobachtungen die wechselnden Folgen therapeutischer Menschenbluttransfusionen zu erklären gestatten“, wie es in dem 1901 erschienen Fachartikel heißt.
1907 wurde erstmals eine Transfusion auf Grundlage dieser Erkenntnisse durchgeführt. Doch erst in den 20er Jahren etablierte sich das Wissen um die Wechselwirkungen der Blutgruppen unter Medizinern. Im Jahr 1930 erhielt Landsteiner den Medizin-Nobelpreis. Seine Erkenntnis rettet noch heute jeden Tag Menschenleben. Entscheidend dafür ist aber etwas ganz anderes: die Bereitschaft, Blut zu spenden.
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