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Phillips-Kassette

© Wikipedia/CC BY 2.0/Stuart Childs

Heute vor 60 Jahren: Die Erfindung der Kassette

Schon Ende des 19. Jahrhunderts entwirft ein Ingenieur ein Verfahren, um Klang magnetisch zu speichern. Doch erst in den 1960er Jahren ist die Technik reif für eine Erfindung, die die Musikindustrie verändern wird.

Eine Kolumne von David Will

Anfang der 1980er Jahre fuhr die britische Musikindustrie eine martialische Kampagne. Vinylplatten wurden mit einem stilisierten Totenkopf bedruckt, bestehend aus einer Kassette über zwei gekreuzten Knochen. Dazu prangte auf den Platten in fetten Lettern die Warnung „Home Taping Is Killing Music“.

Kauft das Original auf Vinyl, anstatt euch eine Kopie zu ziehen, so die Botschaft. Denn die war schnell gemacht: Man ließ das Radio laufen, drückte im richtigen Moment den „Record“-Knopf – und schon hatte man den Song auf Kassette.

Diese neuartige Technologie wurde am 28. August 1963 (andere meinen, es sei der 30. August gewesen), aber in jedem Fall heute vor 60 Jahren, vom niederländischen Elektronikkonzern Philips auf einer Messe in Berlin vorgestellt. Wirklich revolutionär war die Erfindung allerdings nicht: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts skizzierte der US-amerikanische Ingenieur Oberlin Smith die technischen Grundlagen.

Seine Idee war, einen mit Metallspänen versehenen Baumwollfaden durch das Magnetfeld eines Mikrofons laufen zu lassen. Die Metallspäne würden sich im Magnetfeld elektrisch aufladen und entsprechend ausrichten. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte dann der Faden mit den ausgerichteten Spänen wieder ausgelesen werden.

Auf diesem Grundprinzip erschienen Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Aufnahmegeräte, mit denen Geschäftsleute ihre Konferenzen und Strafverfolger Telefonate aufzeichneten. Doch in der Musik setzte sich das Verfahren wegen der mickrigen Audioqualität und der klobigen Tonträger nicht durch.

Das änderte sich erst mit der Kompakt-Kassette von Philips und dem dazugehörigen Kassettenrekorder. Philips’ Neuerung war um ein Vielfaches kleiner als die Kassette des Konkurrenten RCA, an deren Design man sich orientiert hatte. Chefentwickler Lou Ottens hatte sich Jahre vorher extra einen Holzblock schreinern lassen, den er bequem in der Jackentasche tragen konnte. Keinen Deut größer sollte das Gerät werden, gab Ottens vor.

Zur handlichen Größe kam Ende der 60er Jahre auch noch die Dolby-Rauschunterdrückung, womit die Tonqualität von Magnetbandaufnahmen deutlich besser wurde. An den Sound von Platten kam die Kassette zwar trotzdem nie ran. Dafür war sie billig, gut tauschbar und konnte selbst von Zwölfjährigen neu bespielt werden. Und das war oft gut genug.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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