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Mehr als zwei Jahrzehnte soll ein Mitarbeiter der Humboldt-Uni Studentinnen verbal belästigt haben. Nun gab es im Kündigungsverfahren einen Vergleich.

© imago/Jürgen Ritter

Update

Nach Vorwürfen sexualisierter Belästigung in Berlin: Beschuldigter Dozent kehrt nicht an die Humboldt-Universität zurück

Mehr als zwei Jahrzehnte soll ein Mitarbeiter der Humboldt-Uni Studentinnen verbal belästigt haben. Nun gab es im Kündigungsverfahren einen Vergleich.

Nach Vorwürfen verbaler sexualisierter Belästigung wird der beschuldigte Dozent nicht an die Berliner Humboldt-Universität zurückkehren. Der Mitarbeiter, der gegen seine Kündigung geklagt hatte, einigte sich mit der Universität auf einen entsprechenden Vergleich, wie das Berliner Arbeitsgericht am Dienstag mitteilte. Demnach endet das Arbeitsverhältnis des Dozenten am 30. Juni 2024. Bis dahin bleibt er freigestellt, erhält aber weiter seine Bezüge.

Dem Mitarbeiter wird vorgeworfen, über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten Studentinnen verbal belästigt zu haben. Der Tagesspiegel hatte im Juli vergangenen Jahres über die Vorwürfe berichtet und unter anderem recherchiert, dass der Dozent bereits im Jahr 2007 wegen sexueller Belästigung abgemahnt worden war. Wie erst jetzt durch die Mitteilung des Arbeitsgerichts bekannt wurde, gab es noch zwei weitere Abmahnungen, und zwar 2010 und 2014.

Als im vergangenen Jahr neue Vorfälle gemeldet worden, reagierte die Universitätsleitung zunächst mit einer ungewöhnlichen Regelung: Dem Dozenten wurde die Anweisung erteilt, keine Gespräche mit Studentinnen unter vier Augen mehr zu führen. Studentinnen, die seine Sprechstunde besuchen wollten, mussten sich bei der Frauenbeauftragten des Fachbereichs melden.

Wie das Arbeitsgericht mitteilte, warf die Universität dem Dozenten vor, bereits nach einer Woche gegen die Weisung verstoßen und wieder allein mit einer Studentin gesprochen zu haben. Der Mitarbeiter bestritt dies.

Kurz nach der Veröffentlichung der Tagesspiegel-Recherche hatte die Humboldt-Universität mitgeteilt, der Dozent sei freigestellt worden, werde also nicht mehr unterrichten. Im August folgte die Kündigung, gegen die er daraufhin geklagt hatte. Eine Weiterbeschäftigung sei Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden der Humboldt-Universität „nicht mehr zuzumuten“, hatte die Universitätsleitung damals erklärt.

Die HU teilte dem Tagesspiegel mit, sie begrüße, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jetzt feststehe. Sie habe vor Gericht allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, den Vergleich nur einzugehen, „um es den Zeuginnen und Zeugen zu ersparen, im Rahmen einer etwaigen Aussage vor Gericht erneut mit den belastenden Sachverhalten konfrontiert zu werden.“

Präsidentin Julia von Blumenthal erklärte: „Der Schutz der Studierenden und Mitarbeitenden war für den Abschluss des Vergleichs ausschlaggebend.“ Es gebe keine Toleranz bei verbalen sexualisierten Übergriffen, die Universität wollte künftig alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um Betroffene zu schützen.

Im Zusammenhang mit Vorwürfen sexualisierter Belästigung läuft derzeit an der HU zudem ein Disziplinarverfahren gegen einen Professor. Eine Entscheidung steht in diesem Fall noch aus. Der Professor bestreitet die Vorwürfe.

Beide Fälle werfen zugleich ein Schlaglicht darauf, wie sehr große Abhängigkeitsverhältnisse und strukturelle Probleme die Aufklärung solcher Vorwürfe erschweren.

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