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Ina Czyborra, die Wissenschaftssenatorin Berlins.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Update

Exmatrikulation für Gewalttäter?: Senatorin will bis Ostern neues Hochschulgesetz in Berlin vorlegen

Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra möchte bis Ostern einen Gesetzentwurf vorlegen, um Exmatrikulationen nach antisemitischen Gewalttaten zu ermöglichen. Die Linke warnt davor, über das Ziel hinauszuschießen.

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Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) will bis zur Osterpause im Senat eine Änderung des Hochschulgesetzes beschließen. Damit sollen Hochschulen Studierende nach antisemitischen Gewalttaten wieder exmatrikulieren können. Das sagte sie am Dienstag in der Senatspressekonferenz.

Bis zur Sommerpause könne das Gesetz dann durchs Abgeordnetenhaus gehen. Mit den Berliner Hochschulen habe sie bereits zu dem Thema gesprochen, sagte Czyborra. Die Wissenschaftsverwaltung habe ebenfalls ausgewertet, wie andere Bundesländer die Frage von Exmatrikulationen gesetzlich behandeln.

Bisher sind solche Exmatrikulationen in Berlin nicht möglich, was nach der Attacke auf einen jüdischen FU-Studenten durch einen Kommilitonen zu heftiger Kritik führte. Czyborra und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatten eine entsprechende Änderung nach einigem Hin und Her bereits angekündigt.

Oberstes Ziel: jüdische Studierende zu schützen

Wie genau eine Änderung des Hochschulgesetzes aussehen könnte, führte Czyborra am Dienstag nicht aus.

Schon am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses hatte Czyborra eine kurzfristige Gesetzesreform in Aussicht gestellt und eine „Vielfalt von Maßnahmen“ angekündigt, um Sicherheit auf dem Campus herzustellen: „Unser oberstes Ziel ist, jüdische Studierende und Mitarbeiter vor Hass zu schützen.“ 

Dazu gehörten etwa Ansprechpersonen für die Opfer von antisemitischen Vorfällen sowie Workshops und Weiterbildung für Studierende und Mitarbeiter zum Umgang mit Antisemitismus. Sie bespreche auch mit den Hochschulen, welche Art von Interventionen bei Protesten angemessen seien. 

Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, warnt unterdessen davor, bei der Änderung über das Ziel hinauszuschießen. Das müsse auf einer ordentlichen rechtlichen Grundlage und im Bewusstsein der besonderen Bedeutung diskutiert werden, die Hochschulen für die Demokratie haben, sagte Schulze dem Tagesspiegel.

Auch nach altem Ordnungsrecht wäre keine Exmatrikulation möglich gewesen

Auch nach dem alten Ordnungsrecht, das Rot-Rot-Grün 2021 abschaffte, hätte der Täter des Angriffs auf den jüdischen FU-Studierenden nicht exmatrikuliert werden können, sagte Schulze: Denn dieses habe sich nur auf Vorgänge innerhalb einer Universität bezogen, nicht jedoch auf Gewalttaten wie die aktuelle, wo ein Student einen anderen außerhalb des Campus attackiert habe.

„Das alte Ordnungsrecht war kein scharfes Schwert und orientierte sich noch immer an den Vorgängen von 1968“, sagte Schulze. Insofern laufe auch die Kritik an der Abschaffung ins Leere. 

Vorbild der Gesetzesänderung des Senats wird, so Schulze, das Hochschulgesetz von NRW sein. Das sehe Exmatrikulationen bei einer vorsätzlich begangenen Straftat an einem Hochschulmitglied vor. Auch davon dürfe man sich allerdings nicht zu viel erwarten, sagte Schulze. Denn der Täter müsse erst einmal rechtskräftig verurteilt worden sein beziehungsweise ein rechtskräftiger Strafbefehl vorliegen, was erwartungsgemäß viel Zeit in Anspruch nehme. Zudem könne das Gesetz nicht rückwirkend auf die Tat des FU-Studenten angewendet werden. 

Eine weitere Frage sei, ob die Exmatrikulation eine zweite Strafe zusätzlich zum Strafrecht sein solle. Zentrales Ziel ordnungsrechtlicher Maßnahmen müsse der Schutz der Opfer sein, so Schulze. 

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