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Markierungsbäume wie hier in Zentralnamibia sind Hotspots in Geparden-Revieren.

© Jan Zwilling, Leibniz-IZW

Wiederansiedlung in Indien kritisiert: Geparde brauchen mehr Platz

Vor 70 Jahren wurde der asiatische Gepard ausgerottet. Nun soll mit Tieren aus Afrika eine neue Population in Indien aufgebaut werden, doch Fachleute kritisieren das Wiederansiedlungsprojekt.

Woran das sechsjährige Männchen „Uday“ zwei Monate nach seiner Ankunft im indischen Auswilderungsgebiet starb, sei noch unklar, teilten örtliche Behörden am Montag mit. Das aus Südafrika eingeführte Tier habe am Sonntag zunächst lethargisch gewirkt und sei kurz darauf gestorben.

Uday war einer von bislang 20 aus Namibia und Südafrika in den Kuno-Nationalpark im indischen Bundesstaat Madhya Prades gebrachten Geparden, mit denen eine freilebende Population aufgebaut werden soll. Vor einigen Wochen starb bereits die fünfjährige Gepardin Sasha aus Namibia an einer Nierenkrankheit. Die dreijährige Siyaya, ebenfalls aus Namibia, bekam kürzlich hingegen vier Junge.

Territoriales Verhalten nicht berücksichtigt

Wissenschaftler:innen des Gepardenforschungsprojekts des Leibniz-IZW in Namibia sehen dennoch Versäumnisse bei der Planung der Wiederansiedlung: Das Projekt müsse das Raumnutzungsverhalten der Geparden berücksichtigen, berichten sie in einem Brief an das Fachjournal „Conservation Science and Practice“. Geparde lebten in einem sozial stabilen räumlichen System mit weit auseinanderliegenden Territorien und Dichten von einem Individuum pro 100 bis zu 500 Quadratkilometer.

Die Planungen für Geparde im Kuno-Nationalpark gingen davon aus, dass die hohe Beuteverfügbarkeit eine höhere Dichte von Geparden unterstützen kann. Es wurde kalkuliert, dass 21 erwachsene Geparde im Kuno-Nationalpark leben könnten. Das entspricht einer Dichte von etwa drei Individuen pro 100 Quadratkilometer. Bislang sei jedoch kein Zusammenhang zwischen hoher Beuteverfügbarkeit und hoher Gepardendichte festgestellt worden, teilte das Leibniz-IZW mit.

Konflikte mit Menschen sind vorprogrammiert

Da der nicht eingezäunte Kuno-Nationalpark mit etwa 750 Quadratkilometern – etwa 17 mal 44 Kilometern – für eine Gepardenpopulation klein ist, sei sehr wahrscheinlich, dass sich die Tiere weit über die Grenzen des Parks hinausbewegen und Konflikte mit den Bewohnern der angrenzenden Dörfer unausweichlich werden.

Männliche Geparde verfolgen zwei unterschiedliche räumliche Taktiken. Territorieninhaber besetzen Gebiete, die aus einer Ansammlung wichtiger Hotspots für die innerartliche Kommunikation bestehen. Andere Männchen ohne Territorium, „Floater“, und die Weibchen bewegen sich in Transit-Räumen zwischen Territorien und besuchen sie nur gelegentlich, um an den Markierungsstellen Informationen zu sammeln.

In Gebieten wie der Serengeti in Tansania mit hoher Beutedichte sind die Gepardenterritorien kleiner, grenzen aber nicht direkt aneinander. 
In Gebieten wie der Serengeti in Tansania mit hoher Beutedichte sind die Gepardenterritorien kleiner, grenzen aber nicht direkt aneinander. 

© Tagesspiegel/Patrick Eickemeier

„Die Territorien grenzen nicht aneinander, ihre Zentren liegen immer ungefähr 20 bis 23 Kilometer voneinander entfernt“, sagt Jörg Melzheimer vom Gepardenforschungsprojekt. Dieses tief verankerte Verhalten werde auch in Indien zu einem solchen Territorien-System führen. „Der Abstand ist unabhängig von der tatsächlichen Größe der Territorien oder der Beutedichte“, sagt Bettina Wachter vom Gepardenforschungsprojekt. Im Wiederansiedlungsplan seien diese Abstände ignoriert worden.

Bereits mit den im Herbst 2022 aus Namibia eingeführten Geparden, darunter drei Männchen, sei die Tragfähigkeit des Kuno-Nationalparks erreicht worden, folgern Wachter, Melzheimer und ihr Team. Die Forschenden gehen davon aus, dass Geparde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch weit außerhalb des Nationalparks anzutreffen sein werden und im Umfeld des Parks mit Viehzüchtern in Konflikt geraten werden. Die Tiere würden in den kommenden Monaten wahrscheinlich auch Territorien außerhalb des Parks besetzen.

Das Team empfiehlt die räumliche Organisation der Art bei zukünftigen Wiederansiedlungen in Indien zu berücksichtigen. Damit könnten Konflikte proaktiv angegangen werden. Im kommenden Jahrzehnt sollen weitere Tiere von Afrika nach Indien gebracht werden. (mit dpa)

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