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Viel mehr Tempo bei den Reformen fordert UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck.

© Guenther/UVB

Nach dem Volksentscheid : Berlins Wirtschaftsverbände zeigen sich erleichtert

Bei den Kammern und Verbänden der Wirtschaft in Berlin reagiert mit Genugtuung auf das Ergebnis des Volksentscheides zur Klimaneutralität. Gleichwohl rufen viele Lobbyisten die Politik zum Handeln auf.

Die meisten Verbände haben sich erleichtert gezeigt nach dem Scheitern des Volksbegehrens der Initiative „Berlin 2030 klimaneutral“.

„Klimaneutralität bis 2030 ist nicht zu schaffen, das ist die klare Einschätzung der Berlinerinnen und Berliner. Eine Klimapolitik mit der Brechstange hat deshalb keine demokratische Mehrheit gefunden“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Trotzdem sei „völlig klar, dass wir bei der Dekarbonisierung rasch vorankommen müssen, und zwar als Gesellschaft gemeinsam.“ Der von CDU und SPD geplante Klimafonds von bis zu zehn Milliarden Euro geht hier in die richtige Richtung.

Der Präsident des VBKI, Markus Voigt, meint, ein verschärftes Klimagesetz hätte die Gesellschaft überfordert.

© Christian Marquardt

Markus Voigt, Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), sagte in Anlehnung an ein berühmtes Zitat des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), der Volksentscheid sei gescheitert – „und das ist gut so“. Schon die bestehende Zielmarke 2045 sei ambitioniert und werde Gesellschaft und Wirtschaft viel Einsatz und Investment abverlangen. „Eine Verkürzung der Umstellungsfrist auf 2030 hätte uns als Gesellschaft komplett überfordert.“

Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK), forderte: „Der Fokus der Berliner Klimapolitik sollte in diesen Zeiten nicht auf einer Verschärfung von Zielen liegen, sondern auf einer konsequenten Umsetzung der dazu notwendigen Maßnahmen.“ Dazu zählten der Ausbau der nötige Infrastruktur, Kapazitäten für den Ausbau von erneuerbaren Energien, der Aufbau eines ausreichendes Ladesäulen-Netzes. Zudem fehlten Fachkräfte für die energetische Gebäudesanierung.

Sebastian Stietzel, Präsident der IHK, mahnt die Politik zur Finanzierung der die Energiewende nötigen Infrastruktur.

© Tsp/Doris Spiekermann-Klaas

Beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) meint man, Klimaneutralität zu erreichen, sei ebenso wichtig wie anspruchsvoll. Allein im Berliner Wohnungsbestand seien schätzungsweise 100 Milliarden Euro an Investitionen notwendig.

„Dieser Kraftakt ist wirtschaftlich und sozial nur zu stemmen, wenn die Umsetzung in einem realistischen Zeitrahmen und mit umfangreicher staatlicher Förderung bewältigt werden kann“, schrieb BBU-Vorständin Maren Kern. „Hierauf muss ein neuer Berliner Senat jetzt schnell Antworten geben.“ Die soziale Wohnungswirtschaft im BBU stehe hierzu als starke Partnerin zur Verfügung.

Maren Kern ist die Vorsitzende beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU).

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Bereits Ende vergangener Woche, also vor der Abstimmung, hatte sich auch Hinrich Holm, Chef der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB) geäußert. Sein Institut ist für die operative Abwicklung eines großen Teils der Fördermaßnahmen für die energetische Sanierung zuständig.

Das Augenmerk solle darauf gerichtet werden, was Berlin tun kann, um bis 2030 sich maximal in Richtung Klimaneutralität zu bewegen. „Und da liegt ein großer Hebel bei der Energieerzeugung und der Versorgung der Wohngebäude mit Fernwärme. Ein Großteil der Fernwärme wird durch Gas und Kohle erzeugt, da liegt ein großes Einsparpotenzial“, sagte Holm dem Tagesspiegel.

Hinrich Holm sieht in einem (Teil)-Erwerb der Gasag als wichtigen Baustein für die Wärmewende.

© NordLB

Berlin muss die Fernwärme dekarbonisieren. „Das bedeutet, vor allem CO₂-arme Energiequellen für die Wärme und Stromerzeugung zu verwenden.“ Ein wichtiger Baustein wäre dabei der Erwerb des Fernwärmenetzes. Ein zweiter Baustein der Erwerb beziehungsweise zumindest Teilerwerb der Gasag durch die öffentliche Hand. „Dort gibt es ausreichend Expertise, um das Thema Dekarbonisierung voranzutreiben“, sagte der Banker. „Wenn wir das angehen, haben wir bereits sehr viel erreicht.“

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