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 27.03.2020,Berlin,Deutschland,GER,die Stadt in Zeiten der Corona Pandemie, Investitionsbank Berlin IBB Hauptsitz Bundesallee im Bezirk Wilmersdorf *** 27 03 2020,Berlin,Germany,GER,the city in times of the corona pandemic, Investitionsbank Berlin IBB Headquarters Bundesallee in the district of Wilmersdorf

© IMAGO / Stefan Zeitz

Betonmischer-Unfall in Berlin: Opfer hätte Radweg benutzen müssen – doch mit dem gibt es Probleme

Auf 100 Metern gilt in der Bundesallee eine Benutzungspflicht für den Radweg. Die 44-Jährige, die dort am Montag überrollt wurde, fuhr trotzdem auf der Straße.

Die Stelle in Wilmersdorf, wo am Montag eine Radfahrerin von einem Lkw überrollt wurde, ist ein Musterbeispiel für die autogerechte Stadt der 1960er Jahre – bis heute. Vier Spuren gibt es vor dem IBB-Hochhaus, zwei führen geradeaus in die Bundesallee, zwei schwenken nach rechts ab in die Spichernstraße. Autofahrer können also mit Tempo 50 und zweispurig nach halbrechts abbiegen – so etwas gibt es nur selten in Berlin.

Laut Polizei wollten die 44-jährige Radfahrerin und der Fahrer des Betonmischers beide in die Bundesallee, der Lastwagen stoppte in der zweiten Spur von links in dem vierspurigen Abschnitt. Farbmarkierungen der Polizei deuten darauf hin, dass der Laster in dieser Spur auch die Frau erfasste – die dazu die beiden rechten, in die Spichernstraße führenden Spuren überqueren musste.

Wie berichtet, war sie von dem Lastwagen überrollt und eingeklemmt worden. Nach Polizeiangaben wird sie weiter auf der Intensivstation behandelt. Nähere Angaben machte eine Sprecherin nicht.

Infografik, Schwerer Fahrradunfall auf der Bundesallee, Schaubild

© Tagesspiegel/Rita Böttcher

Das kurze, etwa 100 Meter lange Stück zwischen Nachodstraße und der Spichernstraße ist der einzige Abschnitt an der Bundesallee Richtung Norden, an dem der Radweg benutzungspflichtig ist. Das kleine blaue, runde Schild mit dem Fahrradsymbol (Zeichen 237 der Straßenverkehrsordnung) weist darauf hin.

Bei Missachtung dieses Gebots kann das Bußgeld zwischen fünf und 35 Euro liegen. Nur noch ein sehr geringer Teil der Hochbordradwege in Berlin sind benutzungspflichtig. An vielen Stellen, auch an der Bundesallee, sind die Schilder nach Klagen von Aktivisten entfernt worden.

1998 hatte ein Gericht die generelle Benutzungspflicht gekippt, diese darf nun nur noch an besonders gefährlichen Stellen angeordnet werden – so auf den 100 Metern vor dem IBB-Hochhaus.

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Schild zur Benutzungspflicht sei schwer zu erkennen

Die Radfahrerin hat also gegen die Benutzungspflicht verstoßen. Sie wohnt im Bezirk, sie fuhr ein hochwertiges Sportrad mit Rennlenker. Nahezu kein Radfahrer fährt hier auf der Straße, berichten Anwohner, die Autos seien sehr schnell. Wer vorschriftsmäßig den Radweg nutzt, muss an einer Fußgängerampel die Spichernstraße überqueren.

Da die Ampel autogerecht geschaltet ist, muss man meist auf der Mittelinsel erneut warten. Die Grünphase vor der Mittelinsel ist vier Sekunden kurz – für schnelle, mutige Radfahrer ein Grund, auch hier die Straße zu benutzen.

Fahrradaktivisten kritisierten nach dem Unfall, dass das Schild für die Benutzungspflicht schlecht zu erkennen ist. Allerdings ist der Radweg selbst gut zu erkennen, seit wenigen Jahren gibt es an dieser Stelle einen Zweirichtungs-Radweg, auch dies ist selten in Berlin.

Jahrelang war um mehr Sicherheit für Radfahrer diskutiert worden. Im Jahr 2010 war die Kreuzung Hohenzollerndamm/Bundesallee/Nachodstraße als Unfallhäufungspunkt benannt worden, sie gelangte in ein Umbauprogramm der Verkehrsverwaltung.

„Aus der Zeit gefallene autofreundliche Umgestaltung“

Die wichtigste Verbesserung entstand auf der anderen Seite der Kreuzung, Richtung Süden. Dort gibt es nun eine Extraampel für Rechtsabbieger von der Bundesallee in den Hohenzollerndamm. Zudem entstand zwar ein Stück Zwei-Richtungs-Radweg, damit Radfahrer legal die Bundesallee in Ost-West-Richtung queren können, also im Zuge der Pariser und der Regensburger Straße.

Fertig ist dieser auch nach zehn Jahren nicht, da an der Pariser Straße Neubauten entstehen. Im Jahr 2018 wurde eine Radfahrerin von einem nach rechts in die Bundesallee abbiegenden Sattelschlepper schwer verletzt.

An der grundsätzlichen Aufteilung der Verkehrsfläche änderte sich nichts. „Eine aus der Zeit gefallene autofreundliche Umgestaltung mit Alibi-Radverkehrsführung“, urteilte der Fahrradaktivist Ulrich Deiters am Montag bei Twitter.

Der Unfall geschah laut Polizei im morgendlichen Berufsverkehr um 8.20 Uhr. Direkt nach dem Unfall, etwa gegen 8.23 Uhr, ist der 64 Jahre alte Fahrer des Lkw von einem Unbekannten mit einem Messer angegriffen worden.

Der Fahrer soll zu diesem Zeitpunkt neben der Fahrerkabine gestanden haben. Hinweise auf den Täter gibt es bislang nicht, er soll in unbekannte Richtung geflohen sein.

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