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Screenshot Tsp/ twitter.com/focus4bkn   Beschriftung: Umstrittenes Video vom Einsatz in Kreuzberg Oranienstraße 1. Mai 2023

© Screenshot Tsp/ twitter.com/focus4bkn

Update

Einzelner Mann geschubst und mit Reizgas besprüht: Was steckt hinter dem umstrittenen Video vom 1. Mai in Berlin-Kreuzberg?

Auf Twitter verbreitet sich ein Video, das Debatten um die Verhältnismäßigkeit von Polizeimaßnahmen anheizt. Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns will den Vorfall prüfen.

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Es war der friedlichste 1. Mai seit 1987, so lautete eine erste Bilanz der Berliner Polizei am Montagabend. Doch ganz ohne Zusammenstöße lief es nicht ab. Besonders ein Vorfall – gefilmt und auf Twitter verbreitet – wirft Fragen zum Verhalten von Einsatzkräften auf.

Das zehn Sekunden lange Video zeigt einen einzelnen Mann auf der noch belebten Oranienstraße, auf der zu diesem Zeitpunkt viele Menschen ausgelassen feierten. Die Autonomen-Demo war bereits beendet.

Der Mann geht mitten auf der Fahrbahn langsam in Richtung eines Polizeitrupps, der sich ihm mit zügigen Schritten und auf ganzer Straßenbreite nähert. Als die Beamten wenige Meter von dem Mann entfernt sind, besprüht ihn eine Einsatzkraft mit Reizgas.

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Der Mann hält an, dreht sich weg, offenbar um sein Gesicht zu schützen. In diesem Moment sind die Beamten auf seiner Höhe, er wird weggeschubst, fällt auf die Straße und bleibt dort zunächst liegen, während der Trupp weiterläuft. Offenbar handelt es sich um Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern, kurz ist das Landeswappen auf einer der Uniformen zu sehen.

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Eine längere Version des Videos wurde ebenfalls auf Twitter geteilt, es zeigt die Sekunden vor dem Zusammenstoß: Man hört die laute Menschenmenge am Rand der sonst leeren Oranienstraße und sieht den Trupp herannahen. Dieses Video wurde mittlerweile gelöscht.

Auf Instagram wurde am Dienstag ein weiteres Videos des Vorfalls, gefilmt aus einer anderen Perspektive, veröffentlicht.

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Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik kündigte bei der Senatspressekonferenz an, dass der Vorfall „umfangreich untersucht“ werde. „Wir sind in der Aufklärung“, sagte sie. Insbesondere müsse geklärt werden, was vor dem Vorfall passiert sei – ob es etwa eine vorherige Auseinandersetzung oder einen Platzverweis gegeben habe. „Wir nehmen alle Hinweise sehr ernst“, sagte sie.

Innenministerium in Schwerin will Vorfall überprüfen

Beate Ostertag, Sprecherin der Berliner Polizei, äußerte sich am Dienstagabend gegenüber dem Tagesspiegel zu dem Vorfall. Ob bei dem geschilderten Vorfall die rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung „unmittelbaren Zwanges“ – etwa das Umstoßen oder auch der Einsatz von Pfefferspray – eingehalten worden, sei Teil der laufenden Ermittlungen.

Auch werde geprüft, ob der Mann im Anschluss von den Polizeikräften versorgt wurde. Der Polizei sei zum aktuellen Zeitpunkt weder die Identität des Mannes bekannt, noch wisse sie, ob er durch die Maßnahmen verletzt wurde.

Wir nehmen diese Vorwürfe natürlich sehr ernst und werden sie eingehend prüfen.

Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin

Zum Grund für den Einsatz in der Oranienstraße sagte Ostertag, dass es zeitgleich zur Veröffentlichung des Videos – gegen 21:45 Uhr – zu Flaschenwürfen auf Polizeieinsatzkräften kam. Inwiefern es einen Zusammenhang zur abgebildeten Szene gibt, sei auch Teil er laufenden Ermittlungen.

Der Polizeitrupp, der am Montag über die Oranienstraße marschierte, sei Teil der 1. Bereitschaftspolizeihundertschaft Schwerin und für „Raumschutzmaßnahmen“ in Berlin eingesetzt worden, so Ostertag.

Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin sicherte am Mittwoch derweil Hilfe bei der Aufklärung der Vorgänge zu. Das Landesbereitschaftspolizeiamt unterstütze die Berliner Behörden bei der Aufarbeitung vollumfänglich. „Wir nehmen diese Vorwürfe natürlich sehr ernst und werden sie eingehend prüfen“, so das Ministerium auf Anfrage.

Augenzeuge schildert aggressives Auftreten der Polizeieinheit

Nach der Kritik am aggressiven Auftreten einer Polizeieinheit aus Mecklenburg-Vorpommern bei der 1. Mai-Demonstration in Berlin hat das Innenministerium in Schwerin Unterstützung bei der Aufklärung der Vorgänge zugesichert. Das Landesbereitschaftspolizeiamt werde die zuständigen Behörden in der Bundeshauptstadt vollumfänglich bei der Aufarbeitung unterstützen. „Wir nehmen diese Vorwürfe natürlich sehr ernst und werden sie eingehend prüfen“, teilte das Ministerium auf Anfrage mit.

Ein freier Reporter, der Augenzeuge des Vorfalls war, schilderte im Rahmen der Pressekonferenz seine Sicht der Dinge: So sei die betreffende Polizeieinheit aus Mecklenburg-Vorpommern schon eine halbe Stunde zuvor „äußerst aggressiv“ die Oranienstraße auf und ab gelaufen. Auch andere Menschen, darunter Journalisten, seien zur Seite geschubst und mit Pfefferspray attackiert worden.

„Ein solches Auftreten habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt“, schilderte der Reporter. Und betonte: „Das war das Gegenteil von Deeskalation. Vorher waren alle friedlich, nach dem Durchmarsch des Polizeitrupps herrschte eine äußerst aggressive Stimmung“.

Beim Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt man vor voreiligen Schlüssen. „Ja, das sieht martialisch aus, aber man muss vorsichtig sein mit der Beurteilung des Videos“, sagt Sprecher Benjamin Jendro. „Es ist nicht klar, was vorher passiert ist, was danach passiert ist, ob die Maßnahme wirklich überzogen war.“ Wenn sich der Eindruck erhärten sollte, gebe es ohnehin eine Anzeige von Amts wegen. Letztlich müsse dann die Justiz beurteilen, ob das Vorgehen der Beamten angemessen war oder nicht.

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Wie auch zuvor schon die Polizei unterstreicht Jendro, dass es auch dank der Polizeistrategie insgesamt ein 1. Mai war, mit weniger Gewalt als in den vergangenen Jahren. „Aber nach jeder größeren Demonstration gibt es Videos von Polizeimaßnahmen, die dann im Netz kursieren und diskutiert werden.“ Oft fehle der Kontext.

Auf Nachfrage, ob die übrigen Einsatzkräfte dem Mann nicht Erste Hilfe hätten leisten müssen, sagte Jendro, dass nicht klar sei, was nach der Videosequenz passiert sei. „Vielleicht ist der Person geholfen worden“, sagte er. Zudem könne auch sein, dass die Einsatzkräfte gar nicht bemerkt hätten, dass der Mann liegen blieb – so sei die Sicht durch die einsetzende Dunkelheit und durch die Schutzausrüstung, insbesondere den Helm, stark eingeschränkt. „Wir wollen das nicht schönreden, es sieht nicht gut aus“, sagte Jendro.

Das Video ist auch darum pikant, weil die Polizei erst kürzlich in die Kritik geriet, nachdem bei einem Aktivisten der Klimagruppe „Letzte Generation“ ein sogenannter Schmerzgriff angewandt worden war. Auch hiervon verbreitete sich ein Video in den sozialen Netzwerken. Mittlerweile ermittelt die Berliner Polizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Eine entsprechende Strafanzeige gegen die betroffenen Einsatzkräfte ist von Amts wegen eingeleitet worden.

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