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Kulturzentrum „Oyoun“

© Kulturzentrum Oyoun

Förderstopp nach Antisemitismus-Vorwürfen: Kulturzentrum „Oyoun“ will Gebäude in Neukölln nicht räumen

Nach dem Willen des Berliner Senats sollte die Betreiberin des Kulturzentrums zum Jahreswechsel das Gebäude räumen. Dem kommt diese aber nicht nach – und verweist auf ein laufendes Klageverfahren.

Relativ kurzfristig hatte Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) im November vergangenen Jahres ein Ende der Förderung für das Neuköllner Kulturzentrum „Oyoun“ angekündigt. Bereits zum Jahresende sollte die Betreiberin, die KulturNeudenken UG, das Gebäude in der Lucy-Lameck-Straße räumen. Der Senat arbeitet nach eigenen Angaben bereits an einem neuen Konzept für den Kulturstandort. Nun zeichnet sich ab, dass sich die Übergabe in die Länge ziehen dürfte.

Zuvor hatte unter anderem der Tagesspiegel über Antisemitismus-Vorwürfe gegen das Oyoun berichtet. Das Kulturzentrum war kurz vor Weihnachten mit einer Eilklage gegen das Förderungsaus gescheitert. Das Hauptverfahren in der Sache läuft allerdings noch. Die Anwältin des Kulturzentrums hatte in ihrer Klage argumentiert, dass der Senat eine Förderung bis zum Jahr 2026 bereits verbindlich zugesagt habe. In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, stellt der Senat die entsprechende Förderung allerdings nur „in Aussicht“. Dies sei keine rechtsverbindliche Aussage, hatte der Senat argumentiert.

Aus dem Oyoun heißt es, dass die Räumungsaufforderung der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die das Gebäude verwaltet, erst am 27. Dezember eingegangen sei. Daraufhin habe man der BIM und auch der Kulturverwaltung mitgeteilt, dass man das Gebäude nicht räumen werde. „Insbesondere gehen wir nicht von einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Ende der Projektförderung aus“, heißt es aus dem Oyoun.

Insbesondere gehen wir nicht von einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Ende der Projektförderung aus.

So begründet das Oyoun, dass die Räume nicht freigegeben werden.

Eine Sprecherin der BIM widerspricht auf Tagesspiegel-Nachfrage: Der Mietvertrag sei an die Förderung gekoppelt. „Da diese nun nicht mehr besteht, haben wir den Mietvertrag gekündigt“, so die Sprecherin weiter. Man gehe davon aus, dass die Mieterin sich „rechtskonform verhalten und ausziehen wird“.

Aus dem Oyoun heißt es, dass der „unerwartete Stopp unserer Fördermittel“ gravierende Auswirkungen habe: So könne das Haus nicht mehr instand gehalten und abgesichert werden. Miete zahlt das Kulturzentrum nach eigenen Angaben nicht. Einigen Mitarbeiter:innen sei bereits vorsorglich oder unter Vorbehalt gekündigt worden. Zum Teil seien die Arbeitsverträge unbefristet oder durch Drittmittel finanziert. Ein langjähriger Mitarbeiter klage zudem aktuell gegen seine Kündigung.

Senat führt Antidiskriminierungsklausel ein

Auch diese Verträge und Fördermittel könnten die Senatsverwaltung vor Probleme stellen. Konkret dazu äußern wollte ein Sprecher der Senatskulturverwaltung sich dazu auf Nachfrage nicht, da bislang keine Informationen über die Verträge vorliegen würden. Parallel kündigte Kultursenator Chialo am Donnerstag an, dass alle Zuwendungen seiner Verwaltung fortan mit einer Antidiskriminierungsklausel versehen würden.

„Kunst ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, sie dient dem Austausch miteinander, ist oft Reibungsfläche, an der sich Debatten entzünden, und gibt Denkanstöße. Kunst ist frei! Aber nicht regellos“, so Chialo. Kulturinstitutionen seien dafür verantwortlich, „dass mit öffentlichen Geldern keine rassistischen, antisemitischen, queerfeindlichen oder anderweitig ausgrenzenden Ausdrucksweisen gefördert werden“.

Im Oyoun bereitet man sich derweil auf das weitere Klageverfahren vor, das durchaus einige Zeit dauern dürfte. Zudem suche man nach alternativen Finanzierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten, um das Kulturzentrum zu erhalten.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass „Oyoun“ könne nun die Miete an die BIM nicht mehr zahlen. Das ist nicht korrekt – das Kulturzentrum nutzt das Gebäude nach eigenen Angaben mietfrei. Wir haben die entsprechende Passage korrigiert.

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