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ARCHIV - 09.06.2022, Berlin: Blumen und Kerzen sind an einem Ampelmast auf der Tauentzienstraße niedergelegt - in Trauer um die getötete Lehrerin und zahlreichen Verletzten nach der Todesfahrt vom 08.06.2022. Ein 29-Jähriger war mit seinem Auto in der Nähe der Berliner Gedächtniskirche in eine Schülergruppe aus Hessen und kurz darauf in eine Filiale einer Drogerie gerast.      (zu dpa «Todesfahrt auf Berliner Einkaufsstraße - Prozess beginnt ») Foto: Paul Zinken/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Paul Zinken

Update

„Ich musste alles neu lernen“: Verletzter Lehrer schildert Folgen der Todesfahrt am Berliner Ku'damm vor Gericht

Der 53-jährige Lehrer aus Hessen war am 8. Juni 2022 lebensgefährlich von dem angeklagten Amokfahrer verletzt worden. Seine Kollegin starb noch am Tatort.

| Update:

Er hat überlebt, gerade so. „Es ist ein Zufall, dass ich noch da bin und sie nicht“, sagte Jörg P. als Zeuge vor dem Berliner Landgericht. Der Lehrer aus Hessen gehörte zu den schwer verletzten Opfern der Amokfahrt am Kurfürstendamm vor acht Monaten.

Der 53-Jährige war mit einer Schulklasse aus Bad Arolsen auf Abschlussfahrt. In die Gruppe war Gor H. zuerst hineingerast. Die Klassenlehrerin, 51 Jahre alt, starb noch am Tatort. Jörg P., elf Schülerinnen und Schüler sowie weitere Opfer wurden verletzt, viele lebensgefährlich.

Wegen Mordes und versuchten Mordes wird gegen Gor H. verhandelt. Der 29-Jährige war am 8. Juni in einem Kleinwagen unterwegs. Plötzlich zog er auf den Gehweg – mit Absicht, so die Ermittler. H. soll sich in einem akut psychotischen Zustand befunden haben.

Die Schüler hatten gerade eine Ampel überquert. Ihre Klassenlehrerin und P. besprachen das weitere Programm. An den Blick in Richtung Kirche kann sich Jörg P. noch erinnern – „da ist es passiert“. Wie aus dem Nichts. „Irgendwann wurde ich wach, lag auf der Straße, eine Schülerin sprach mit mir.“

Wochenlang wurde P. in einem Berliner Krankenhaus behandelt, es folgte eine Reha. „Ich musste alles neu lernen, ich konnte nicht mehr laufen“, sagt er vor Gericht. Zur Zeugnisausgabe sei er mit Rollator gegangen. Er habe sich zurückgekämpft, gehe seit November wieder arbeiten. „Es ist noch ein weiter Weg, es zu verarbeiten“, so P. mit brüchiger Stimme. Den betroffenen Jugendlichen gehe es ganz unterschiedlich. „Ich weiß, dass sechs oder sieben wirklich Probleme haben.“

Auf seiner Liste der Dinge, die ihm wichtig sind, stehe noch: „Ich will mit dem Mann sprechen.“ Und es solle Mahnmale geben, die an die Tat erinnern – „und dass wir uns dort einmal im Jahr treffen und Geburtstag feiern“.

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