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Aktivisten werden von Polizisten von der Stadtautobahn gelöst.

© imago/Stefan Zeitz/imago/Stefan Zeitz

Blockaden der „Letzten Generation“ : Berliner Richter lassen Mehrfachtäter immer wieder laufen

Mehrfach lehnten Richter Anträge der Berliner Polizei auf Unterbindungsgewahrsam gegen Klimaaktivisten ab. Einige klebten sich gleich wieder auf die Straßen.

Die „Letzte Generation“ will nach einer Woche Klebepause ab Montag – zum Beginn des zweitägigen Bahnstreiks – wieder Straßen in Berlin blockieren. Das sagte eine Sprecherin der Gruppe.

Bislang mussten Aktivisten kaum Unterbindungsgewahrsam fürchten, der sie an neuen Aktionen hindert. Das zeigt eine Auswertung der Polizei zur ersten Blockadewoche Ende April. Zum Auftakt des Dauerprotests ordneten die Richter auch gegen Mehrfachtäter keinen Gewahrsam an.

21 Personen wurden einem Richter vorgeführt und freigelassen. 19 dieser Personen sind laut Polizei in der letzten Aprilwoche dann erneut „mit mehreren Straftaten“ bei Klimaprotesten aufgefallen. Die Polizei muss nachweisen, dass Aktivisten am nächsten Tag wahrscheinlich erneut blockieren. Wenn diese erklären, dass sie nicht weitermachen, muss der Richter sie entlassen. Dennoch haben einige nachweislich tags darauf erneut Straßen blockiert.

52
Taten hat einer der Klimaaktivisten bis Ende April bereits begangen

So wurden am 26. April 19 Personen einem Richter vorgeführt, davon waren acht Personen zwischen zwei und neun Mal bei Blockaden dabei und neun Personen mehr als zehn Mal. Die Polizei musste alle entlassen. Vier dieser Aktivisten wurden am Tag danach erneut nach Blockaden festgenommen. Insgesamt waren es sechs Festgenommene.

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Einzelne der im April festgenommenen Aktivisten sind Intensivtäter: Einer war mit 52 Taten bei Blockaden erfasst, einer mit 38, drei mit mehr als 25 und weitere drei mit mehr als zehn Taten. Erst in der zweiten Klebewoche Anfang Mai hatte dann ein Richter Gewahrsam gegen drei Personen angeordnet.

Koalition will Gesetz ändern, Grüne und Linke lehnen das ab

CDU und SPD wollen den Gewahrsam verlängern – von bislang maximal 48 Stunden auf bis zu fünf Tage. Die CDU setzt auch auf neue Regeln für Wiederholungstäter. „Wir wollen die gesetzliche Regelung über den Präventiv-Gewahrsam präzisieren, um die Anwendbarkeit praktikabler zu machen, nicht nur wegen irgendwelcher Klimakleber, sondern zur Abwehr von Terror und schwersten Straftaten“, sagte CDU-Innenexperte Burkard Dregger.

Grünen-Innenexperte Vasili Franco lehnt das ab: „Der Präventivgewahrsam ist eine Haft, ohne zuvor eine Straftat begangen zu haben. Es ist ein rechtsstaatlicher Grundsatz, dass Freiheitsentzug nicht leichtfertig angeordnet werden darf“, sagte Franco. „Gerichte tun selbst bei Mehrfach-Blockierern gut daran, zurückhaltend zu agieren.“

Willkürverbot und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz seien Pfeiler unseres Rechtsstaates, sagte Franco. Es gehe bei Klimablockaden um Nötigung und nicht um Terrorismus. Die Pläne der Koalition seien ein rechtsstaatliches Armutszeugnis. „Anstatt besorgte Jugendliche möglichst lange wegzuzerren, sollte die Schwarz-Rote Koalition sich lieber über die Einhaltung der Klimaziele Gedanken machen“, sagte Franco.

Es ist gut, dass die Justiz sich nicht von politischer Stimmungsmache beeindrucken lässt.

Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus

Auch Linke-Innenpolitiker Niklas Schrader lehnte die Koalitionspläne ab. „Es ist gut, dass die Justiz sich nicht von politischer Stimmungsmache beeindrucken lässt. Sollte Schwarz-Rot diese Hürden schleifen, wäre das eine neue Qualität der Repression“, sagte er. „Es wirkt extrem verzweifelt, wie versucht wird, den Protest der letzten Generation solchen Mitteln zu unterbinden. Aber das wird nicht funktionieren.“

In dieser Woche hält die „Letzte Generation“ in Berlin nur Protestmärsche ab. Die nächste Kundgebung ist für Sonnabend angekündigt. Die Gruppe habe diese Woche genutzt, um neue Mitstreiter zu integrieren, sagte eine Sprecherin.

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