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Wiener Schnitzel: Das wird demnächst wohl noch ein bisschen teurer.

© IMAGO/Zoonar.com

Mehrwertsteuer rauf fürs Schnitzel und Co.: Das sind die Folgen für Berliner Gastronomen und Gäste

Restaurantbetreiber erwarten Umsatzrückgänge und Einbußen – und manche kündigen höhere Preise an.

Lange wurde im Bund diskutiert, ob die Steuererleichterung für die von den Corona-Beschränkungen gebeutelten Gastro-Branche verlängert wird. Das Milliarden-Loch infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat nun jede Hoffnung darauf zerstört. Jetzt steht fest: 2024 steigt die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder von sieben auf 19 Prozent.

In Berlin befürchtet die Branche nun heftige Folgen. Ein Rechenbeispiel: Würden die Gastronomen die Steueranhebung voll auf die Kunden umlegen, würde eine Pizza statt neun dann 10,01 Euro kosten, ein Döner statt 6,90 dann 7,67 Euro.

In Anbetracht dessen befürchten wir einen Anstieg von Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverlusten.

Thomas Lengfelder, Geschäftsführer des Hotel- und Gastronomieverbands Berlin, zur Mehrwertsteuer-Erhöhung.

Thomas Lengfelder, Geschäftsführer des Hotel- und Gastronomieverbands Berlin, sagt: „Die kürzlich angekündigte Steuererhöhung auf Speisen zum 1. Januar 2024 löst in der Hotel- und Gastronomiebranche zunehmend Besorgnis aus.“ Viele Betriebe sähen sich vor der Herausforderung, die höheren Kosten an die Gäste weiterzugeben, was zu einem Umsatzverlust führen könnte. „In Anbetracht dessen befürchten wir einen Anstieg von Betriebsschließungen und Arbeitsplatzverlusten“, warnt Lengfelder.

19
Prozent Mehrwertsteuer kassiert der Staat ab 2024 beim Restaurantbesuch

Der Grund seiner Sorge: „Die Branche, die ohnehin von den Auswirkungen der Pandemie schwer getroffen wurde, sieht sich nun mit zusätzlichen Belastungen konfrontiert.“ Das Vertrauen in die Regierungskoalition im Bund schwinde, da Steuererhöhungen als kontraproduktiv für die wirtschaftliche Erholung angesehen würden. Die Hotel- und Gastronomiebranche fühle sich getäuscht und ungerecht behandelt – und appelliere an die politischen Entscheidungsträger, die Auswirkungen auf die ohnehin angeschlagene Branche zu berücksichtigen und andere Lösungen in Betracht zu ziehen, um Arbeitsplätze zu schützen und das Überleben der Gastronomiebetriebe sicherzustellen.

Gewaltige Krise

Antonio Bragato von der Charlottenburger „Enoiteca Il Calice“, sagte, mit der wieder erhöhten Steuer würden ihm jeden Monat rund 10.000 Euro in der Kasse fehlen. Er habe sich schon am Morgen seine Speisekarte angesehen, um Sparpotenziale und Erhöhungsspielräume auszuloten, aber: „Ich habe keine Ahnung, wie wir das umsetzen.“ Er habe durch eine Umstrukturierung und Vereinfachung der angebotenen Gerichte die Preise senken können. Nun müsse es darum gehen, die Besuchsfrequenz der Gäste zu erhöhen. Generell sehe er die Gastronomie aber in einer „gewaltigen Krise“.

Marie-Anne Raue, die mit ihrem Ex-Mann Tim Raue dessen weltweit bekanntes Restaurant betreibt, zeigte sich überrascht. Angesichts der von fast allen Seiten gegebenen und vom Dehoga-Verband gestützten Versprechen sei sie enttäuscht. Die Nachricht sei aber noch zu frisch, um schon über eine Reaktion zu reden, sagte sie.

Herz und Passion

Das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant „Cordo“ in Berlin-Mitte wird zum Jahresende Konzept und Namen ändern und auf den Stern verzichten. Dies habe mit der Mehrwertsteuer nur am Rande zu tun, sagte Mitbetreiber Gerhard Retter. Man wolle vor allem den Wünschen der Gäste entgegenkommen, die weniger Wert auf festgelegte Menüs legten und lieber zwei oder drei Gänge nach Wunsch haben wollten. Zur Steuer sagte er, „es wäre schön gewesen, wenn sich die Wertschätzung der Politik für die Gastronomie in einer anderen Entscheidung gezeigt hätte“. Nun treffe es vor allem jene Köche, die mit Passion und Herz arbeiten – und sich fragen müssten, ob ihr Geschäftsmodell nicht ohnehin wacklig gewesen sei.

Carsten Schmidt, der Geschäftsführer der Restaurants Rutz, Rutz Zollhaus und Schmidtz&Ko, hegt eine minimale Hoffnung auf ein Einschreiten des Bundesrats. Er werde die Steuererhöhung durch eine Preisanpassung von etwa zehn Prozent auszugleichen versuchen, möglicherweise schrittweise über drei Monate. Dem denkbaren Gästeschwund wolle er durch Marketingmaßnahmen entgegentreten. Vor allem das mit drei Sternen ausgezeichnete „Rutz“ sei weiterhin sehr gut gebucht.

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