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Werner Gegenbauer ist Sohn des Firmengründers Carl Gegenbauer.

© Thilo Rückeis TSP

Mein erster Job: Werner Gegenbauer verteilte am Berliner Ku’damm Rechnungen

Im väterlichen Betrieb gab es eine spezielle Aufgabe für den 18-Jährigen: Die Kunden im Einzelhandel mit dem Rad abfahren und Geld kassieren.

Eine Kolumne von Alfons Frese

Auf dem Rad ist Werner Gegenbauer schon immer gerne unterwegs gewesen. Als junger Bursche radelte er vom Wohnhaus in der Potsdamer Straße zum Marie-Curie-Gymnasium in Wilmersdorf, und als Geldbote im väterlichen Betrieb fuhr der 18-Jährige die Kunden ab in Charlottenburg und Schöneberg. Heute radelt der 73-jährige Gegenbauer mit elektrischer Unterstützung durch Potsdam-Mittelmark.

Sinn der Sache war auch, vor Ort zu erfahren, ob die Qualität stimmte.

Werner Gegenbauer, Unternehmer

Eigentlich hätte er gerne Sport studiert, doch Vater Carl, der 1925 die Gebäudereinigung in Berlin gegründet hatte, wollte den Junior in der Firma haben. Werner hatte das Geschäft bereits als Schüler kennengelernt. Jedenfalls Teile davon. Der junge Mann fuhr die Ladengeschäfte am Ku’damm und in der Karl-Marx-Straße ab, deren Fenster von Gegenbauers Angestellten geputzt wurden und die dafür monatlich zahlten. Gegenbauer Junior kam mit der Rechnung vorbei und kassierte das Geld.

In unserer Serie berichten uns Persönlichkeiten aus der regionalen Wirtschaft in loser Reihenfolge über ihre ersten Jobs als Schüler oder Studenten.  

© Tagesspiegel

„Sinn der Sache war auch, vor Ort zu erfahren, ob die Qualität stimmte“, erinnert sich Werner Gegenbauer. Wenn der Kunde eine Beschwerde hatte, weil das Schaufenster oder die Eingangstür nicht gut gesäubert waren, kümmerte er sich darum. Am Ende des Tages hatte er rund 3000 Mark zusammen, die dann im Postscheckamt auf das Firmenkonto eingezahlt wurden.

In London hat Werner Gegenbauer als junger Mann Fenster geputzt.

© imago images/Shotshop/K-H Spremberg

Die Touren stellte sich Gegenbauer selbst zusammen, mit der Zeit wusste der junge Bursche, wann er in einem Geschäft auftauchen sollte und wann besser nicht. Am Freitag, kurz vor dem Wochenende, blieb man eher weg. Manchmal gab es beim Bäcker ein Stück Kuchen und beim Fleischer Wurst, erinnert sich der 73-Jährige, manchmal aber auch ein bisschen Ärger, weil kein Geld da war. „Dann ist man später nochmal hin.“

Vater Carl setzte für das Inkasso nicht nur den Sohn ein, sondern auch besonders vertrauenswürdige Leute, etwa eine Religionslehrerin, die dann nebenberuflich für Gegenbauer unterwegs waren und dafür eine Provision von drei Prozent der Rechnungssumme bekamen.

Das Geschäft kennenlernen

„Bei mir ging es weniger ums Geld, als darum, ins Geschäft zu schnuppern“, sagt Werner Gegenbauer im Rückblick und spricht von einer „wertvollen Erfahrung“; er lernte die Kunden und deren Bedürfnisse kennen. Nach dem Abitur begann der Junior im Frühjahr 1970 die Ausbildung zum Glas- und Gebäudereiniger. Azubis mit Abitur waren damals von der Berufsschule befreit, sodass die Lehrjahre Wanderjahre wurden: In London lernte Werner Gegenbauer Fensterputzen – und einen Kollegen aus der Schweiz kennen. Mit dem gründete Gegenbauer in Basel noch während der Ausbildung eine Reinigungsfirma.

Kaufen und verkaufen

Ein paar Jahre später kam er zurück nach Berlin und übernahm Ende der 1970er Jahre die Führung der Familienfirma. 2000 kaufte Gegenbauer die ebenfalls in Berlins ansässige Firma Bosse. Ein Jahr später verkaufte er 77 Prozent des Unternehmens an die EnBW-Tochter Salamander, die mit der Mehrheitsbeteiligung jedoch nicht viel anfangen konnte. 2004 kauften Gegenbauer und sein langjähriger Weggefährte Christian Lewandowski die Firma zurück. 2016 bauten die beiden das Geschäft in Westdeutschland mit der Übernahme der Dortmunder RGM aus.

Verkauf an Apleona

Kurz vor dem 100. Geburtstag der Firma dann der Verkauf: Vor einem halben Jahr brachte die Familie Gegenbauer den Gebäudedienstleister in die hessische Apleona ein. Die bisherigen Gegenbauer-Gesellschafter, das sind die drei Töchter von Werner Gegenbauer sowie Lewandowski, werden Apleona-Gesellschafter.

Die Fusion sei „eine Riesenchance für die Mitarbeitenden“, sagte Werner Gegenbauer dem Tagesspiegel. Geschäftsmodelle, Ausrichtung am Markt und Kundenabdeckung ergänzten sich sehr gut. Die bisherigen Gegenbauer-Mitarbeiter würden „Teil einer langfristig angelegten Erfolgsgeschichte“, indem sie Know-how aus der fast 100 Jahre währenden Unternehmensgeschichte einbringen.

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