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Der Görlitzer Park abends.

© imago/Emmanuele Contini

Update

Mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park: Staatsanwalt und Verteidiger streiten über Handyvideo

Am dritten Verhandlungstag im Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park wurde ein Handyvideo aus der Nacht gezeigt. Aus Sicht der Verteidigung werden die Angeklagten entlastet.

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Sieben Sekunden nur. Um die 20 Mal wurde die Aufnahme abgespielt. Gebannte Blicke auf den Großbildschirm am Donnerstag im Saal B 129 des Landgerichts. Drei Personen sind zu sehen, keine Gesichter. Zeigt die Aufnahme einvernehmlichen Sex oder eine Vergewaltigung? Die Bilder, die seit Beginn des Prozesses nach einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park im Fokus stehen, interpretieren Verteidigung und Staatsanwaltschaft unterschiedlich.

Der 23-jährige D. aus Guinea sowie der 22-jährige Somalier Osman B. und der 23-jährige Boubacar B. aus Guinea müssen sich wegen besonders schwerer Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubes verantworten. Die Männer aus dem Drogen- und Dealermilieu sollen am frühen Morgen des 21. Juni vorigen Jahres ein georgisches Paar im Görlitzer Park in Kreuzberg überfallen haben. Sie hätten zunächst mit Stöcken und Ästen auf den Ehemann eingeschlagen und ihn beraubt, so die Anklage. Dann hätten sie die 27-jährige Frau vergewaltigt.

Nur D. hat sich bislang im Verfahren geäußert – und die Vorwürfe zurückgewiesen. Er will von dem Paar zu „Sex im Gebüsch“ überredet worden sein. Es sei einvernehmlich geschehen. Der Ehemann habe sogar Geld geboten. Am Ende hätten sie sogar Telefonnummern ausgetauscht. Eine Whatsapp-Nachricht der Frau befinde sich auf dem Handy von D., sagte dessen Verteidiger.

Die siebensekündige Szene, die D. gefilmt haben soll, war erst kurz vor Prozessbeginn aufgetaucht. Einer der Anwälte erklärte: „Aus Sicht der Verteidigung stellt das Video eine Wende dar.“ Denn es sei „möglicherweise auf dem Video anderes zu sehen, als bislang aktenkundig ist – und zwar Freiwilligkeit“. Warum das Handy von D. von den Ermittlern nicht sichergestellt und ausgewertet worden war, könne er nicht sagen, sagte ein anderer Verteidiger.

Ehemann beobachtete Frau beim Verkehr

Ein Mann in einem weißen T-Shirt steht mit dem Rücken zur Kamera. Eine nackte Frau hockt davor. Sie sind bei sexuellen Handlungen zu sehen. Ein weiterer Mann im Hintergrund. Er streicht der Frau über die Haare. Vogelgezwitscher und aus der Ferne Musik. Sehr leise ist eine männliche Stimme zu hören. Die Äußerung könne als „Nimm sie, bitte“ verstanden werden, findet die Verteidigung.

Die Anwältin von D. erklärte nun: „Äußerungen des Missfallens oder solche, die darauf schließen lassen, dass die weibliche Person oder die männliche Person im Hintergrund mit dem Oralverkehr nicht einverstanden sind, sind nicht vernehmbar.“ Bei dem Mann, der im Hintergrund die Szene beobachtet habe, handele es sich um Oleg T., den Ehemann.

„Nach den Bildern gibt es keinen Anhaltspunkt für eine Gruppenvergewaltigung mit einer in der Anklage dargestellten Dynamik“, erklärte Anwältin Anke Heimann. Die Aufnahmen würden „noch mehr Zweifel an den ohnehin schon inhaltsarmen und mehrfach widersprüchlichen Angaben“ des Paares aufkommen lassen. Die Anwältin regte an, ihren Mandanten aus der U-Haft zu entlassen.

Der Staatsanwalt trat der Interpretation der Verteidigung entgegen: „Das Video ist kurz und in seiner Aussage sehr begrenzt.“ Handlungen freiwilliger Natur würden sich auf dem Film nicht feststellen lassen. Es kam zum Wortgefecht, weil Mirko Röder, Verteidiger von Boubacar B., dem Staatsanwalt Thilo Pietzsch vorwarf, den Boden der Ernsthaftigkeit zu verlassen. Am 12. Februar wird die 27-Jährige als Zeugin erwartet, begleitet von ihrem Mann.

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