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Bargeld (Symbolbild).

© IMAGO/SKATA

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Staatsanwälte „massiv belastet“: Berlins Justiz stellt die Hälfte aller Geldwäsche-Verfahren ein

Für Verfahren zu Wirtschaftskriminalität brauchen Ermittler deutlich länger als für andere Strafsachen. Insbesondere Geldwäsche-Fälle enden oft ohne Urteil.

Insbesondere für Wirtschaftsstrafsachen braucht die Berliner Justiz lange – vergangenes Jahr endeten solche Fälle im Schnitt erst nach 22 Monaten Verfahrensdauer. Dagegen dauern Verfahren zu Gewalt-, Drogen- und Staatsschutzfällen oft weniger als ein halbes Jahr. Das geht aus einer Antwort von Justizstaatssekretär Ibrahim Kanalan (parteilos, für Linke) auf Anfrage des CDU-Rechtsexperten Alexander J. Herrmann hervor, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Als Wirtschaftsstraftaten zählen neben Vergehen im Bank- und Börsenwesen beispielsweise Verstöße gegen Sanktionsregelungen, wettbewerbsbeschränkende Absprachen und Konkursverschleppung. Für diese Verfahren gilt, dass ihnen oft monatelange, zuweilen jahrelange Ermittlungen der Polizei, mitunter des Zolls vorausgingen.

Innerhalb der Wirtschaftsdelikte weist der Senat in seiner Antwort die Geldwäschefälle gesondert aus. Die Zahl dieser Verfahren stieg deutlich. Sie dauerten im Schnitt zuletzt zwar nur fünf Monate, dafür aber wurden besonders viele Fälle eingestellt, diese Geldwäsche-Verfahren endeten also ohne ein Urteil: Registrierte die Berliner Justiz im Jahr 2016 noch 3243 Geldwäschedelikte, waren es 2022 schon 4.990 – von den 2.669, also mehr als 50 Prozent, eingestellt wurden.

In Justizkreisen hieß es, man stelle Wirtschaftsverfahren ein, wenn absehbar sei, dass sie mit dem knappen Personal kaum noch gewonnen werden könnten. Hintergrund sei, dass finanzielle Ressourcen und fachliche Expertise auf Seite der Beschuldigten oft „enorm“ seien, wie es ein Beamter ausdrückte.

Die Justiz braucht neue Technik, noch arbeitet sie mit viel zu vielen Papierakten

Alexander J. Herrmann, CDU-Rechtsexperte

„Die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaft ist massiv gestiegen“, sagte CDU-Justizpolitiker Herrmann. „In Prozessen zu Wirtschaftskriminalität stehen Staatsanwälten häufig hoch spezialisierte, sehr gut bezahlte Verteidiger gegenüber.“ Um die Justiz für die Verfolgung Wirtschaftskrimineller besser auszurüsten, brauche es deutlich mehr Fachpersonal und neue Technik – noch arbeite die Justiz mit „viel zu vielen Papierakten“. Der rot-grün-rote Senat, sagte Herrmann, habe diesen Kampf offenbar auf „Sparflamme“ betrieben.

Die Bekämpfung von Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität sei ein Schwerpunkt ihrer Arbeit, sagte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) erst im Herbst. Damals wurde bekannt, dass in Berlin seit 2017 mehr als 325 Millionen Euro illegal erworbenes Vermögen von der Justiz eingezogen worden war.

Geldwäsche liegt vor, wenn illegale Erlöse als legale Einnahmen getarnt werden sollen. So seien auch in Berlin, berichten Ermittler, mit Geld aus Schmuggelgeschäften, Raub, Betrug diverse Immobilien gekauft worden. Hunderttausende Euro in bar habe man bei Verdächtigen gefunden. Banken, Notare, Makler, Juweliere und Autohändler sind verpflichtet, mutmaßliche Geldwäsche-Versuche der zuständigen Zollstelle zu melden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Herbst angekündigt, sich dafür einzusetzen, Bargeldzahlungen nur noch bis maximal 10.000 Euro zulassen. Ermittler begrüßten den Vorstoß, Politiker aus CDU und FDP zeigten sich skeptisch.

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