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© Lisa Rock für den Tagesspiegel

„Der Erbonkel“: Der Mensch ist zum Laufen gemacht

Wir sind alle geborene Läufer. Wer das nicht recht glauben mag, kann seine Fantasie bemühen. Es würde helfen.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Der Urlaub, das Ausschlafen, der Müßiggang, die Völlerei, all das nähert sich dem Ende - und das erste Training, das erste Mal Laufen steht an. Selbstverständlich kann es der Erbonkel gar nicht erwarten, bald wieder um halb sechs aufzustehen, um noch vor Arbeitsbeginn seine Runden zu drehen. Von der freudigen Erwartung des ersten Muskelkaters und keuchender Atemlosigkeit ganz zu schweigen…

Wem es noch ein wenig fehlt an der nötigen Motivation, dem Kick für den (Neu-)Start nach den Ferien, dem sei auf den Weg gegeben: kein Homo sapiens ohne das Laufen. Der Mensch ist nicht allein für den aufrechten Gang, sondern vor allem fürs Rennen gemacht. Jedenfalls ist das die Theorie des Harvard-Professors Daniel Liebermann, der die besondere Anatomie des Menschen studiert hat. Sie befähigt ihn dazu, seine Beute energiesparend über lange Distanzen zu hetzen und schließlich zu erlegen.

Auf jeden Fall muss die ganze Rennerei einen bedeutenden, Überlebensvorteile verschaffenden Grund gehabt haben. Denn der Umbau des Skeletts, der einen einst kletternden Affen zum aufrechten Rennen befähigt, ist drastisch: Die Wirbelsäule, bei Vierbeinern eher gerade, muss in der aufrechten Position eine S-Form einnehmen, um Stöße abzufangen, das Becken muss schaufelförmiger werden, um die plötzlich darüber liegenden Eingeweide aufzufangen. Und die Knochen in Beinen und Füßen müssen mehr Gewicht tragen und statt ans Äste-greifen und Hangeln ans Stehen und Laufen angepasst sein.

Wer regelmäßig läuft, weiß, dass die Evolution noch nachbessern könnte, wenn es mal wieder hier und da zwackt.

Aber vielleicht liegt das eher daran, dass wir alle einfach nicht mehr so trainiert sind wie unsere Vorfahren und wir mit der vererbten Karosserie des Marathonläufers nicht mehr so recht umzugehen wissen. Und da es eher schwierig ist, unser Abendessen durch die Weiten Brandenburgs oder die Lüneburger Heide zu hetzen, ist gelegentliches Frühaufstehen und Joggen eine ganz passable Alternative. Man kann sich die Antilope oder den Rehbock ja vorstellen, während man durch den Tiergarten schnauft.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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