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Virenschutz 2022.

© dpa / Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Der Schreck mit der Maske: Berlins Masken-Vorstoß ist schlecht gemacht, aber notwendig

Die Gesundheitssenatorin will die Maske wieder in den Alltag einführen. Ihr Vorstoß ist schlecht abgestimmt und noch nicht gut genug begründet – das muss sich in Zukunft ändern.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote hat Berlin gehörig aufgeschreckt. War diese Pandemie nicht gefühlt fast vorbei? Plötzlich soll die Maske wieder da sein: Nicht nur in Bus und Bahn, wo sie zunehmend lustlos getragen wurde, sondern auch in Geschäften, Supermärkten und öffentlichen Einrichtungen soll wieder eine Pflicht zum Verhüllen von Mund und Nase gelten.

Als die Grünen-Politikerin das am Mittwoch ankündigte, überraschte sie damit sogar Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey. Nun muss Gote sich vorwerfen lassen, bei einem erwartbar streitbaren Thema schlecht kommuniziert zu haben. Die Maskenpflicht könnte dadurch zum Spielball politischer Eitelkeiten oder des Berliner Wahlkampfes werden. Doch dafür ist das Thema viel zu wichtig.

Inhaltlich ist die Entscheidung von Gesundheitssenatorin Gote ja durchaus richtig. Ärztevereinigungen, Krankenhausgesellschaften und andere Experten warnen wieder vor einer Überlastung der Krankenhäuser. Das Virus breitet sich deutlich schneller aus als von vielen erhofft. Auch wenn Sars-Cov-2 heute für viele Menschen durch ihre Immunität kaum noch lebensgefährlich ist, muss eine Überlastung des Gesundheitswesen genauso vermieden werden wie ein erneutes Sterben in Heimen.

Die Maske ist dafür das mildeste und somit beste Mittel. Das Stück Stoff wird helfen, mögliche härtere Maßnahmen mit schlimmen Effekten auf Wirtschaft und Privatleben im Winter zu verhindern. Es liegt wenig Heiteres in Prävention. Wer hat schon Lust auf die Maske vorm Gesicht? Vernünftig ist es trotzdem.

Die Komplexität wächst, die Verständlichkeit sinkt

Ob der Zeitpunkt dafür politisch klug gewählt war, darf dagegen bezweifelt werden. Nicht einmal 24 Stunden zuvor hatte der Senat neue Kriterien für Infektionsschutzmaßnahmen festgelegt. Endlich wurde die Inzidenz als Maßstab der Pandemie beerdigt. Sie sagte schon lange kaum noch etwas über das tatsächliche Infektionsgeschehen. Dafür gilt nun eine komplexe Mischung aus Indikatoren: die Krankenhausbelastung und sogar Abwasseruntersuchungen. Das ist der Lage der Pandemie zwar angemessen, für den Einzelnen ist es aber kaum noch verständlich. Umso besser müsste man Entscheidungen also erklären.

Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Krankenhausbelegung – als einem zentralen Indikator – noch immer nicht klar ist, was genau er eigentlich anzeigen soll: Über die Gefährlichkeit des Virus lassen sich daraus kaum Ableitungen bilden. In der Statistik werden heute hauptsächlich Menschen erfasst, die mit Corona als Nebendiagnose in einem Krankenhausbett liegen. Das muss sich dringend ändern: Es braucht endlich bessere Daten! Berlin sollte dafür nicht auf Ankündigungsminister Karl Lauterbach (SPD) warten, sondern selbst aktiv werden.

Es ist doch so: Auch eine notwendige Maskenpflicht ist eine Freiheitseinschränkung, die nachvollziehbar begründet werden muss. Das gilt nach zweieinhalb Jahren Pandemie mehr denn je. Die Zeit, in der Corona-Politik einfach als alternativlos deklariert werden konnte, ist lange vorbei. Das gilt auch für richtige und milde Mittel wie die Maske.

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