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Demonstrierende vor dem Auswärtigen Amt am 18. Oktober.

© Getty Images/Maja Hitij

Grün, rot, weiß und schwarz: Die Wassermelone als politisches Symbol

In den palästinensischen Gebieten findet man sie auf Häuserwänden, T-Shirts und in Kunstgalerien. In Deutschland ziert sie Protestplakate. Warum ist die Wassermelone so politisch?

Am Mittwoch wurde in der Hamburger Innenstadt eine pro-palästinensische Demo aufgelöst. Die Demonstrierenden trugen Palästina-Flaggen bei sich − und Papp-Plakate mit aufgemalten Wassermelonen. Auch in Berlin wurden bei einer Demo vereinzelt Schilder hochgehalten, die die Frucht zeigen. Aber was hat Obst auf einer politischen Kundgebung zu suchen?

Zunächst: Das Rot, Schwarz, Grün und Weiß der Frucht und der Schale entsprechen den Farben der palästinensischen Flagge. Dass viele auf die Frucht als Substitut zurückgreifen, ist vor allem eine historische Anspielung: Nach dem Sechstagekrieg 1967 war es im israelisch kontrollierten Gaza-Streifen und im Westjordanland verboten, die palästinensische Flagge zu hissen.

Palästinenser:innen sollen damals aufgeschnittene Wassermelonen als Zeichen des Protests verwendet haben und die Wassermelone wegen der farblichen Ähnlichkeit ausgesucht haben. Die New York Times schreibt 1993 über unbestätigte Berichte, wonach im Gaza-Streifen sogar Männer verhaftet wurden, die aufgeschnittene Wassermelonen bei sich trugen. Die Frucht wurde so zum Symbol des Widerstands gegen die israelische Besatzung.

Anfang des Jahres kündigte Israels Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir an, palästinensischen Flaggen an öffentlichen Orten in Israel abhängen zu wollen. Bisher darf die Fahne nur bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung entfernt werden.

Kreativer Protest

Die Initiative „Zazim“ wehrt sich kreativ gegen ein mögliches Verbot der Fahnen, macht sich gar darüber lustig: Auf 16 Sammeltaxis, die im Großraum Tel Aviv verkehren, sieht man Wassermelonen. Darunter: „This is not a Palestinian flag,” das ist keine palästinensische Flagge.

Die Wassermelone wurde übrigens nicht nur wegen der farblichen Überschneidung als Symbol ausgewählt. Die Früchte werden im Westjordanland und im Gaza-Streifen angebaut und spielen in der palästinensischen Küche eine wichtige Rolle: Wassermelonen-Salat mit Feta ist ein Klassiker der Region, eingelegte Baby-Wassermelonen vor allem im Gaza-Streifen eine Spezialität.

In den palästinensischen Gebieten hat die Wassermelone längst ein Eigenleben entwickelt: Man sieht sie auf Häuserwänden und T-Shirts, in Kunstgalerien und auf Plakaten. In Berlin war für den 15. Mai dieses Jahres eine Demonstration geplant, die an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen im ersten Nahostkrieg 1948 erinnern sollte. Auch hier war das Motto: „Watermelones for resistance“, Wassermelonen für den Widerstand. Aus Sicherheitsgründen wurde die Demonstration allerdings untersagt.

Bei den aktuellen pro-palästinensischen Demos spielt die Frucht bisher nur eine untergeordnete Rolle. Der Berliner Polizei liegen keine Erkenntnisse zu aufgemalten Wassermelonen auf Plakaten vor. Einzig von der Demonstration vor dem Auswärtigen Amt am 18. Oktober existieren Bilder, die das Symbol im Zusammenhang mit den Protesten in der deutschen Hauptstadt zeigen.

Bei einem Fortdauern des Krieges in Nahost könnte sich das noch ändern. Ein Stück Obst ist ein unschuldiges, unverfängliches Zeichen − und gleichzeitig hochpolitisch.

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