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US-Strategen und -Militärs drängen die ukrainische Militärführung offenbar zu einer Änderung ihrer Taktik (Symbolbild).

© dpa/AP/Efrem Lukatsky

Truppen und Feuerkraft falsch verteilt: Unter US-Strategen wächst der Frust über die Taktik der Ukraine

Die Ukraine hat ihre Ausrüstung und Truppen gleichmäßig auf die Front verteilt. Ein Relikt aus der Sowjetunion. US-Strategen drängen auf eine andere Form der Kriegsführung.

Kiew meldet in seiner Gegenoffensive kontinuierlich Geländegewinne, der Vorstoß geht aber nicht so schnell, wie westliche Verbündete erwartet haben. US-Strategen und -Militärs würden die ukrainische Militärführung daher zu einer Änderung ihrer Taktik drängen – bevor es zu spät sei, berichtet die „New York Times“.

US-Beamte hätten der Zeitung gesagt, Hauptziel der ukrainischen Streitkräfte müssten die russischen Nachschublinien im Süden der Ukraine sein, über die Moskau seine Truppen in Cherson, Saporischschja und auf der annektierten Krim-Halbinsel versorge. Stattdessen verteile Kiew seine Truppen und Feuerkraft gleichmäßig auf die Hunderte Kilometer lange Front.

Nur durch eine Änderung der Taktik, ließe sich das Tempo der schleppenden Gegenoffensive ändern, wird ein US-Beamter zitiert. Strategen hätten der ukrainischen Militärführung daher geraten, sich auf die Front in Richtung Melitopol zu konzentrieren.

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Erst am Dienstag hatte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin, Hanna Maljar, einen Vorstoß in diesem Frontabschnitt vermeldet. Ukrainische Soldaten seien nach Robotyne vorgedrungen. Der Ort liegt nur etwa 20 Kilometer nördlich von der für die russische Versorgung wichtigen Stadt Tokmak – und etwa 75 Kilometer nordöstlich von Melitopol am Asowschen Meer.

Mitglieder der 47. separaten mechanisierten Brigade sprechen mit einer Frau in Robotyne.

© REUTERS/47TH SEPARATE MECHANIZED BRIGADE/Uncredited

Die Ukraine täte gut daran, sich auf diesen Frontabschnitt zu fokussieren und russische Minenfelder und Verteidigungsanlagen zu durchbrechen. Auch wenn das mehr Verluste bedeute, so der Plan der US-Strategen. Andernfalls könne der einsetzende Regen in vier bis sechs Wochen einen erneuten Stopp für die Gegenoffensive bedeuten.

Ukraine will Strategie wohl überdenken

Der Militäranalyst Franz-Stefan Gady gibt auf X vormals Twitter allerdings zu bedenken, dass der Fokus auf viele kleine Aktionen an diversen Frontabschnitten auch „mit Kapazitäts- und Fähigkeitsproblemen zu tun hätten. Operationen darüber hinaus seien „schwierig“.

Der ukrainische Oberbefehlshaber, Walerij Saluschnyi, sei sich dem Dilemma bewusst und wolle auf die Bedenken eingehen, die ihm auch seine US-amerikanischen und britischen Amtskollegen in einer Videokonferenz Anfang August offenbart hätten, berichtet die „NYT“.

„Es (die Gegenoffensive) hat länger gedauert, als die Ukraine geplant hatte“, sagte US-Generalstabschef Mark Milley am Wochenende zu Journalisten. Die vergangenen zwei Monate seien „lang, blutig und langsam“ gewesen. „Aber sie machen begrenzte Fortschritte.“

2000 Soldaten an die Front bei Robotyne

Tatsächlich zeichnet sich bereits eine Taktikänderung ab. Russische Drohnen haben erst kürzlich Fahrzeuge der 82. ukrainischen Luftlandebrigade nahe Robotyne entdeckt. Ihr unterstehen 2000 Soldaten mit schwerem Gerät – darunter britische Kampfpanzer vom Typ Challenger 2.

Unklar sei, ob sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von seiner Fokussierung auf die Befreiung der seit Beginn des Angriffskrieges umkämpften Frontstadt Bachmut abbringen lässt. US-Beamte und -Militärs seien verblüfft, dass Kiew dort „enorme Ressourcen“ investiert. Die Verteidigung der strategisch kaum bedeutsamen Stadt könne auch mit geringerer Truppenstärke erfolgen, zitiert die Zeitung US-Quellen.

In der bisherigen Taktik sehen sie ein Festhalten der ukrainischen Streitkräfte an alten Mustern. Die sowjetische Kriegsdoktrin sehe vor, dass alle Kommandos gleich viel Ausrüstung und Personal erhalten, um Rivalitäten zwischen den Kommandeuren zu minimieren, schreibt die „New York Times“. US-Beamte machen die Doktrin auch dafür verantwortlich, dass Russland ebenfalls kaum Vorstöße gelängen.

Die US-Doktrin sehe stattdessen vor, den Großteil der Kampfkraft auf einen Frontabschnitt zu konzentrieren. Die Zeitung gibt allerdings auch zu bedenken, dass die Doktrin noch nie in einem Umfeld wie dem in der Ukraine erprobt wurde. (Tsp)

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