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Andriy Nosenko.

© Andriy Nosenko

Ukraine-Invasion Tag 304: Beten für den Frieden

Russischer Oppositionspolitiker zeigt Putin an, Selenskyj zurück in Kiew. Der Überblick am Abend

Weihnachten steht vor der Tür. Wie aber schauen die Ukrainer:innen auf das Fest – mitten im andauernden Krieg? Unsere ukrainischen Kolleginnen haben mit Menschen in ihrer Heimat darüber gesprochen. Die Protokolle der Gespräche haben wir in dieser Woche in unserem Newsletter abgebildet. Zum Abschluss: So verbringt Andriy Nosenko, selbständig, aus Kiew (siehe Foto) das Fest, protokolliert von Valeriia Semeniuk.

Mit dem heutigen Newsletter verabschieden wir uns in die Weihnachtspause. Die nächste Ausgabe gibt es am 2. Januar 2023.

Ich bin sehr froh, dass die orthodoxe Kirche der Ukraine, der ich angehöre, uns in diesem Jahr zum ersten Mal die Wahl gelassen hat, wann wir Weihnachten feiern wollen: nach orthodoxer Tradition am 7. Januar oder gemeinsam mit den Katholiken am 25. Dezember. Es werden zwei Gedenkgottesdienste stattfinden. Ich entscheide mich jedoch für die zweite Option. Erstens, weil ich nicht mit Russland feiern möchte. Und zweitens stand Weihnachten am 7. Januar schon immer im Schatten des neuen Jahres

Deshalb warten wir schon auf den Feiertag. Leider wird es in diesem Jahr keinen traditionellen Nachtgottesdienst in den Kirchen geben, da in der Ukraine eine Sperrstunde gilt und der Aufenthalt an öffentlichen Orten nach 23 Uhr verboten ist. Aber wir werden am Morgen des 25. Dezember in die Kirche gehen. Und am Abend des 24. werden wir uns mit unseren Freunden gemeinsam an einer festlichen Tafel feiern.

Auf dem Tisch werden zwölf Gerichte stehen, entsprechend der Anzahl der Apostel. Zunächst hatten sich meine Frau und ich Sorgen gemacht: Was ist, wenn es wieder keinen Strom gibt? Wie sollen wir die Gerichte aufwärmen und warm auf den Tisch bringen? Aber wir haben uns schnell beruhigt: Niemand verlangt von uns, dass wir in Kriegszeiten den Tisch perfekt decken. Schließlich ist es für die ukrainischen Soldaten in den Schützengräben viel schwieriger, sie werden wahrscheinlich wenig von dem haben, was bei uns auf den Tisch kommt.

Die Hauptsache ist unsere Stimmung, unser Gebet, unser Glaube an das Weihnachtswunder. Auch unsere Tochter wird virtuell am Tisch sitzen. Sie studiert in der Schweiz und wird sich bestimmt über Skype melden. Gemeinsam werden wir für den Frieden beten.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Ein Oppositionspolitiker aus St. Petersburg hat Russlands Präsident Wladimir Putin wegen Diskreditierung der Armee angezeigt - weil er das Wort „Krieg“ für Russlands Invasion in die Ukraine benutzt hat. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Die Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist innerhalb weniger Tage organisiert worden. Die „Washington Post“ zeichnete nun nach, wie es dazu kam. Die Hintergründe können Sie hier nachlesen.
  • Nach monatelanger Recherche zum Massaker in Butscha erhebt die „New York Times“ schwere Vorwürfe gegen eine Einheit der russischen Armee. Demnach sollen Fallschirmjäger der 234. Luftlandedivision Schuld am Tod Dutzender Zivilisten in der Jablunska-Straße in der westukrainischen Stadt gewesen sein. Mehr lesen Sie hier.
  • Nach der Enttarnung eines mutmaßlichen russischen für Russland beim Bundesnachrichtendienst (BND) haben Politiker zur Wachsamkeit aufgerufen. „Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist hier ein wichtiger Schlag gegen russische Spionage gelungen“, schrieb FDP-Politiker Marco Buschmann auf Twitter. Mehr hier.
  • Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk hat die Bundesregierung erneut dazu aufgefordert, Kiew Kampf- und Schützenpanzer zu liefern. Er wünsche sich von Kanzler Olaf Scholz, „dass er endlich die Zurückhaltung zum Beispiel beim Kampfpanzer Leopard und beim Schützenpanzer Marder überdenkt“sagte er. Mehr in unserem Newsblog.
  • Litauen schult 16 ukrainische Mechaniker in Reparatur von deutschen Haubitzen. Die Gruppe sei nach einer etwa zweiwöchigen Schulung in der Reparatur der Haubitzen in Litauen wieder abgereist. Das theoretische Wissen hätten sie bereits woanders gelernt, erklärte Zilvinas Cerskus, Major der litauischen Armee. 
  • In der südrussischen Region Saratow ist durch einen mutmaßlichen Brandanschlag in einem Kreiswehrersatzamt ein Feuer ausgebrochen. Der Feuerwehr sei es gelungen, die Flammen zu löschen, ehe sie auf benachbarte Wohnungen übergreifen konnten, berichtete das regionale Nachrichtenportal Wsgljad-Info. 
  • Nach ständigen russischen Angriffen auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine erhält die dortige Eisenbahn Unterstützung von der Deutschen Bahn. Erste 63 Generatoren zur Stromerzeugung für Instandhaltungswerke und Bahnhöfe der staatlichen ukrainischen Eisenbahn seien in Hannover verladen worden, teilte die Bahn mit. 
  • Nach seiner USA-Reise ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wieder in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Kiew angekommen. Per Video meldete sich der 44-Jährige am Morgen von seinem Schreibtisch mit einem Lächeln und geballter Faust: „Wir arbeiten für den Sieg. Allen einen guten Tag!“
  • Pläne zur Vergrößerung der russischen Armee dürften nach Ansicht britischer Militärexperten eine große Herausforderung darstellen.  „Es bleibt unklar, wie Russland die Rekruten finden wird, um eine solche Vergrößerung zu erreichen“, heißt es im täglichen Geheimdienst-Update.
  • In der Ukraine sind nach Angaben der US-Regierung Zehntausende Söldner der russischen „Wagner“-Kampfgruppe stationiert. Man schätze, dass derzeit 50.000 Söldner in der Ukraine im Einsatz seien, darunter 40.000 Strafgefangene, sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby.
  • Das US-Verteidigungsministerium erwägt einem Medienbericht zufolge die Ausbildung von ukrainischen Soldaten am Patriot-Flugabwehrsystem auf einer Militärbasis in den USA. Das berichtete die Webseite „Politico“ unter Berufung auf zwei Pentagon-Beamte.

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