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Wladimir Putin könnte am Ende doch der Sieger in der Ukraine sein.

© AFP/ALEXANDER KAZAKOV

Ukraine-Invasion Tag 636: Was, wenn Putin den Krieg doch noch gewinnt?

Pistorius zu Überraschungsbesuch in Kiew, zwei Tote und sechs Verletzte durch russische Raketenangriffe, USA verhängen Sanktionen gegen „Schlächter von Butscha“. Der Nachrichtenüberblick.

Das Pendel im Krieg in der Ukraine schwingt aktuell wieder auf die Seite Wladimir Putins. Die ukrainische Sommeroffensive ist gestoppt, Russland ist in weiten Teilen der Front in der Offensive; wenn auch bisher ohne größere Erfolge. Wie der britische Militärexperte Rob Lee aus der Ukraine berichtet, hat Russland zudem an allen Abschnitten der Front inzwischen wieder die Überlegenheit bei den Waffen und der Munition. Der Grund: der extrem hohe Verbrauch der Ukraine vor allem bei der Artilleriemunition im Sommer – und die nicht ausreichenden Lieferungen aus dem Westen.

Zusätzlich steht Russland davor, seine Winterkampagne von Raketen- und Drohnenschlägen gegen die ukrainische Infrastruktur wieder aufzunehmen. Zwar versprach der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch in Kiew heute unter anderem weitere Luftabwehrsysteme; aber bis die geliefert sind, kann es Monate dauern. 

Vor diesem Hintergrund haben die deutschen Militärexperten Nico Lange und Carlo Masala einen lesenswerten Gastbeitrag in der „Zeit“ veröffentlicht (hier nachzulesen). Der Titel: „Was, wenn Russland gewinnt“. Ausgangspunkt der Überlegungen der beiden ist, dass Russlands Präsident Wladimir Putin entweder das aktuell schon besetzte Gebiet in der Ukraine über einen Friedensdeal zugesprochen bekommt oder gar noch weitere Gebiete in der Ukraine erobert. Beides würde ihn in seinen imperialistischen Plänen bestärken und darin, den Krieg über Jahre weiterzuführen und auszudehnen. 

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Die Folgen: Neben einer großen Fluchtwelle aus der Ukraine würde ein permanenter Zustand der Instabilität in der Ukraine herrschen. Staaten, die Putin in seiner Einflusssphäre sieht, wie Moldau oder Georgien, wären direkt bedroht. Und auch die baltischen Staaten. Denn warum sollte Putin glauben, dass der Westen und damit die Nato wirklich seine kleinen Mitgliedsländer verteidigen kann und will, wenn ihr das bei der Ukraine nicht gelungen ist? 

„Ein russischer Sieg über die Ukraine würde das Ende der Welt, wie wir sie kennen, einläuten. Der Westen als Garant für Stabilität, Sicherheit und Ordnung wäre desavouiert“, warnen Lange und Masala in dem Text. Man muss ihre Analyse nicht in allem teilen, aber wenn es nur halb so schlimm kommt, wie beschrieben, wäre es eine Katastrophe für Europa. In den Hauptstädten der großen Länder des Westens scheint das noch immer nicht verstanden. Ein Plan, wie die Ukraine den Krieg zu ihren Gunsten entscheiden kann, fehlt. Bisher reicht es vielen Staatenlenkern immer noch, wenn die Ukraine nicht verliert. Das aber wäre ein Sieg Putins. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Sogenannter „Schlächter von Butscha“: USA verhängen Sanktionen gegen Asatbek Omurbekow. Der russische Militär habe zahlreiche ukrainische Zivilisten auf grausame Weise getötet, argumentiert das US-Außenministerium. Zudem setzt es den Gardekorporal Daniil Frolkin auf die Sanktionsliste. Mehr hier.
  • Verteidigungsminister Pistorius überraschend in Kiew eingetroffen: Dabei sagt der Politiker der Ukraine weitere Unterstützung zu und erneuert seine Solidaritätsbekundungen. Mehr hier.
  • Britische Geheimdienstexperten berichten, dass Russland seit Monaten Marschflugkörper zurücklegt. Die Raketen sollen gezielt eingesetzt werden, um die kritische Infrastruktur der Ukraine zu treffen. Mehr hier.
  • Selenskyj warnt die eigene Militärführung vor politischen Ambitionen: In Kriegszeiten könne es keine Diskussion über Hierarchien geben, sagte der ukrainische Präsident Selenskyj in einem Interview. Seit Monaten wird über einen Konflikt zwischen ihm und Armeechef Walerij Saluschnyj spekuliert. Mehr hier.
  • Die US-Regierung fürchtet, dass der Iran Russland künftig möglicherweise mit ballistischen Raketen für den Einsatz in der Ukraine beliefern könnte. Als Gegenleistung für diese Unterstützung habe Russland Teheran eine beispiellose Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich angeboten, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag in Washington. Mehr in unserem Newsblog.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kann die russischen Versuche, ihn zu töten, nach eigenen Angaben nicht mehr zählen. Er habe den Überblick darüber verloren, sagte Selenskyj in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Sun“. Der erste Anschlag habe Panik ausgelöst, wie der erste Ausbruch von Covid. „Aber danach waren sie nicht mehr so schlimm“, so der Präsident. 
  • EU-Ratspräsident Charles Michel hat bei einem Besuch in der Ukraine davor gewarnt, eine schnelle Entscheidung über den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land als Selbstläufer zu sehen. Ein Teil der EU-Mitgliedstaaten habe deutlich gemacht, dass sie gerne genau nachdenken würden, bevor im Beitrittsprozess der nächste Schritt beschlossen werde, erklärte der Belgier am Dienstag vor Journalisten. 
  • Der Rüstungskonzern Rheinmetall rechnet in Folge der russischen Invasion der Ukraine und der Aufrüstung der NATO-Staaten mit steigenden Umsätzen und Gewinnen. Für das Jahr 2026 erwarte der Konzern einen Umsatz zwischen 13 und 14 Milliarden Euro, teilte Rheinmetall am Dienstag im Zuge eines Investorentags mit. Die operative Ergebnismarge solle 15 Prozent übersteigen, hieß es in einer Präsentation weiter.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die pro-europäischen Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew vor einem Jahrzehnt als „ersten Sieg“ im Krieg gegen Russland bezeichnet. „Der erste Sieg im heutigen Krieg trug sich zu. Ein Sieg über die Gleichgültigkeit. Ein Sieg des Mutes. Ein Sieg der Revolution der Würde“, erklärte Selenskyj am Dienstag anlässlich des zehnjährigen Jahrestags der Protestbewegung.
  • Zur Fortsetzung bisheriger Operationen der Wagner-Gruppe: Das russische Verteidigungsministerium soll mit der öffentlichen Rekrutierung für das russische „Afrika-Korps“ begonnen haben. Laut dem Institute For The Study Of War berichtete ein russischer Militärblogger, der Schritt sei eine Reaktion auf die gescheiterten Versuche des Verteidigungsministeriums, ehemaliges Wagner-Personal direkt anzuwerben. Demnach soll Russland beschlossen haben, das eigene „Afrika-Korps“ in Libyen zu bilden. 
  • Bei den Raketenangriffen auf die östliche Region Donezk sind nach ukrainischen Angaben zwei Menschen getötet und sechs verletzt worden. Raketen hätten ein Krankenhaus in der Stadt Selidowe und ein Kohlebergwerk getroffen, teilte Innenminister Ihor Klymenko im Nachrichtendienst Telegram mit. „Zwei Gebäude des Krankenhauses wurden beschädigt, sechs Zivilisten wurden verletzt. Unter den Trümmern könnten sich Opfer befinden, die Suchaktionen gehen weiter“, sagte Klymenko.

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