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Kurz nach seiner Rücktritsrede im Oktober 2021.

© REUTERS/LISI NIESNER

Update

Verdacht der Falschaussage zu Ibiza-Affäre: Österreichs Ex-Kanzler Kurz angeklagt – Prozess ab Oktober

Der einstige Regierungschef soll im U-Ausschuss zur Ibiza-Affäre falsche Aussagen gemacht haben. Nun stellte die Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen ihn. Der ÖVP-Politiker bestreitet die Vorwürfe.

| Update:

Österreichs ehemaliger Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird wegen des Verdachts der Falschaussage angeklagt. Das gab die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Freitag in Wien bekannt.

Der Prozess gegen Kurz beginnt am 18. Oktober. Zunächst seien zwei weitere Verhandlungstage am 20. und 23. Oktober anberaumt, teilte eine Sprecherin des Landgerichts am Freitag mit.

Angeklagt sind laut Gericht neben Kurz auch sein ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli sowie die frühere Generaldirektorin der Casinos Austria, Bettina Glatz-Kremsner. Der Akt umfasse mehrere Kisten, der Strafantrag mehr als 100 Seiten, hieß es.

Bei der Anklage geht es um Aussagen des 36-Jährigen im Ibiza-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments. Im Ausschuss hatte Kurz im Juni 2020 seine Rolle bei der Bestellung des Chefs der Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, eher heruntergespielt.

Er sei im Vorfeld über die Entscheidung informiert worden, habe aber nicht weiter mitgewirkt, so seine damalige Aussage. Aufgrund von Chatnachrichten geht die Staatsanwaltschaft aber davon aus, dass der ehemalige Regierungschef sehr wohl intensiv in die Personalie eingebunden war.

So hätten sich Kurz und Schmid spätestens ab Mitte 2017 regelmäßig über das Thema ausgetauscht. Kurz hat die Vorwürfe stets vehement bestritten.

Wenige Stunden vor der Mitteilung der WKStA hatte Kurz selbst über X mitgeteilt, er sei „von mehreren Journalisten informiert“ worden, dass die Anklage unmittelbar bevorstehe.

Der ÖVP-Politiker bezeichnete es in dem Post als „wenig überraschend, dass die WKStA trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden hat, einen Strafantrag zu stellen“. Zugleich wies er die Vorwürfe als „falsch“ zurück.

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Die WKStA ermittelte seit dem Frühjahr 2021 nach einer Anzeige von sozialdemokratischer SPÖ und liberalen NEOS gegen Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt laut Behörde bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Kurz hat möglicherweise auch noch in der sogenannten Inseratenaffäre eine Anklage vor sich. Dabei geht es um geschönte Umfragen und Regierungs-Inserate in Boulevard-Zeitungen, die mutmaßlich mit Steuergeld bezahlt worden sein sollen.

Gegen mehrere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Auch hier bestreitet Kurz die Vorwürfe.

Folgenreiche Ibiza-Affäre

Der ehemalige ÖVP-Chef, einst europaweit hochgehandelter Hoffnungsträger der Konservativen, stand zwei Mal an der Spitze einer Koalition in Österreich. Von 2017 bis 2019 führte Kurz ein Bündnis von ÖVP und rechter FPÖ an.

Von 2020 bis 2021 war er Regierungschef einer Koalition aus ÖVP und Grünen. Angesichts der Vorwürfe trat er im Herbst 2021 zunächst von seinen Ämtern zurück. Im Dezember 2021 verkündete er seinen gänzlichen Abschied aus der Politik. Inzwischen ist er Unternehmer und Lobbyist.

Anlass aller Ermittlungen war die Ibiza-Affäre. In einem auf der Ferien-Insel heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption gewirkt. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach 2019 an der Affäre.

Bei der Suche nach Anhaltspunkten für Vetternwirtschaft und Korruption zur Zeit der Regierung von Kurz spielte das Handy von Ex-Öbag-Chef Schmid eine zentrale Rolle.

Mehr als 300.000 - von der Staatsanwaltschaft oft als belastend eingeschätzte - Chats waren eine Fundgrube für die Ermittler. Schmid selbst hat sich in der Affäre als Kronzeuge angeboten und Kurz, mit dem er ein enges Verhältnis pflegte, mehrfach belastet. (dpa)

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