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Wagner-Söldner stehen an einem gepanzerten Fahrzeug in Rostow am Don (Archivbild).

© imago/ITAR-TASS/IMAGO/Erik Romanenko

„Wir bilden eine Kolonne, los geht’s“: Wagner-Kommandeur schildert Aufstand – und Ahnungslosigkeit der Söldner

Ende Juni nahmen Wagner-Söldner erst Rostow am Don ein und rückten dann auf Moskau vor. Ein Kommandeur berichtet nun davon, wie er den Aufstand erlebte.

Einen Monat ist es her, dass der Wagner-Aufstand in Russland beendet wurde. Wenig ist bekannt über die Verhandlungen, die schließlich zur Beendigung der Meuterei führten, aber auch über den Ablauf selbst. Jetzt hat sich erstmals ein junger Wagner-Kommandeur gegenüber BBC Russia geäußert, der bei der Einnahme Rostows dabei gewesen sein soll.

Unter der Bedingung der Anonymität erzählte der Söldner vom Ablauf des Aufstandes und dass er keine Ahnung gehabt habe, was vor sich gehe. „Wir haben aus (der Messenger-App) Telegram erfahren, was passiert ist, genau wie Sie“, wird der junge Mann zitiert. Auch das Ende des Aufstandes und der Befehl zum Rückzug sei ohne jegliche Erklärung seitens seiner Vorgesetzten erfolgt.

Am Morgen des 23. Juni, bereits einen Tag bevor Wagner-Truppen die südrussische Stadt Rostow am Don einnahmen, hätte seine Einheit im russisch besetzten Luhansk einen Marschbefehl erhalten. „Wir bilden eine Kolonne, los geht’s“, habe der Befehl gelautet. Er sei überrascht gewesen, als sich der Tross von der Front entfernte.

Wir haben aus Telegram erfahren, was passiert ist, genau wie Sie

Ein Wagner-Kommandeur

An der Grenze zu Russland habe der Söldner „keine Grenzsoldaten gesehen“, stattdessen hätte die Verkehrspolizei „gegrüßt“. Am Grenzübergang Bugajewka sollen zudem russische Soldaten ihre Waffen niedergelegt haben, wie Wagner-nahe Telegram-Kanäle berichteten.

Einigung mit örtlichen FSB-Beamten

Angekommen in Rostow hätte seine Einheit den Befehl erhalten, das örtliche Bürogebäude des Inlandsgeheimdienstes FSB einzunehmen. Letztendlich habe man sich mit den Geheimdienstbeamten verständigt, „dass wir uns gegenseitig in Ruhe lassen würden“. Die Wagner-Söldner hätten das Gebäude abgeriegelt.

„Von Zeit zu Zeit kamen sie (die FSB-Beamten) zum Rauchen raus“, zitiert BBC Russia den Söldner. Niemandem sei es gestattet gewesen, den abgesperrten Bereich zu verlassen, wie örtliche Journalisten berichteten. Allerdings seien Essenslieferungen zu den „umzingelten“ Gebäuden durchgelassen worden.

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Dass der Söldner-Kommandeur überhaupt mit Journalisten spricht, ist angesichts der möglichen Folgen überraschend. Den Soldaten sei mit dem Tod gedroht worden, wenn sie sich gegenüber der Presse äußern, heißt es in dem Bericht von BBC Russia.

Wenn ehemalige Häftlinge aus den Reihen der Wagner-Söldner mit Medien gesprochen haben, sei das jedoch hingenommen worden – nicht aber bei Berufssöldnern. „Niemand hat ihnen (den Ex-Häftlingen) gesagt, dass sie es nicht tun sollen, niemand kümmert sich um sie“, wird der Kämpfer zitiert.

Wagner-Söldner warten auf Befehle

Zur selben Zeit als die Wagner-Söldner Rostow am Don unter ihre Kontrolle brachten, war eine weitere Kolonne auf dem Weg Richtung Moskau. Offenbar angeführt von Wagner-Gründer Dmitry Utkin, einem ehemaligen Offizier der russischen Spezialeinheiten, bestätigt der junge Kommandeur Medienberichte. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin führte derweil Gespräche in Rostow.

Ob ein Wagner-Konvoi tatsächlich versuchte, eine russische Militärbasis einzunehmen, auf der Atomwaffen gelagert werden, bleibt unterdessen unklar. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hatte diese Behauptung aufgestellt.

Seit dem Abzug aus Rostow sei die Einheit des Söldners wieder in ihren Baracken in der von Russland besetzten Region Luhansk untergebracht, erzählt der Kommandeur. Ihnen sei gesagt worden, auf weitere Befehle zu warten. Ob seine Einheit auch nach Belarus, dem Zufluchtsort der Söldnertruppe nach dem gescheiterten Aufstand, versetzt wird, ist unklar. Unklar ist auch, ob die Wagner-Söldner, die sich noch in der Ukraine befinden, entwaffnet wurden. (Tsp)

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