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Beyoncé, die nächsten Monate dann nur noch mit Cowboyhut.

© Getty Images for The Recording Academy/Kevin Mazur

Beyoncé, ihr neues Album „Act II“ und der Country: Echtzeit-Boogie

Mit gleich zwei neuen Songs kündigte Beyoncé die Veröffentlichung ihres neuen Albums „Act II“ für Ende März an. Was sie darauf zeigt: Sie kann und will jetzt auch Countrysongs spielen.

Die wie üblich bei Alben der Superstars des US-amerikanischen Hip-Hop und R&B in Etappen stattfindende Veröffentlichungsinszenierung war natürlich auch in diesem Fall wieder eine perfekte, um nicht zu sagen: eine fein abgestimmte Choreografie. Beyoncé tauchte vergangenes Wochenende, wie erwartet, neben ihrem Ehemann Jay-Z auf der Tribüne des Super-Bowl-Finales auf, aber eben auch nicht einfach nur so. Sie hatte auch etwas mitgebracht.

Denn an diesem Wochenende veröffentlichte sie, nur scheinbar wie nebenbei, zwei neue Songs. Die mutmaßliche Strategie dahinter: der mit ihrem bei den Kansas City Chiefs spielenden Boyfriend mitfiebernden Pop-Thron-Konkurrentin Taylor Swift die Show zu stehlen, genauso wie Kanye West, der am Super-Bowl-Tag sein neues Album veröffentlichte, und wie Usher mit seinem Halbzeitauftritt. Dazu ließ Beyoncé verkünden, dass am 29. März ihr neues Album „Act II“ erscheint.

Banjo und Viola

Und die beiden Songs sind dann auch nicht einfach nur zwei weitere aus Beyoncés inzwischen recht großen Werk, sondern tatsächlich Countrysongs, insbesondere „Texas Hold ´Em“. Zu Banjo- und Viola-Begleitung und mit einer Band singt Beyoncé da „Come pour some sugar on me, honey too/It’s a real-life boogie and a real-life hoedown“, und den schwarzen Cowboy-Hut, mit dem sie auf dem Cover der beiden Singles posiert, hätte es nicht gebraucht, um zu demonstrieren, wohin hier die Reise geht.

Ist „Texas Hold ´Em“ ein klassischer Countrysong, gerade wegen des aufdringlichen Banjos, wirkt „16 Carriages“ mehr wie eine Seite aus dem großen amerikanischen Folkbuch. Zudem ist dieser nachdenklichere, schönere Song von den beiden eine Art Coming-of-Age-Story. Beyoncé erzählt, wie sie wurde, was sie ist, die Königin des Pop, des R&B, und wie ihre Jugend zu kurz kam: „At fifteen, the innocence was gone astray/Had to leave my home at an early age/I saw Mama prayin’, I saw Daddy grind/All my tender problems, had to leave behind“.

Im Alter von 15 Jahren begann Beyoncé ihre Karriere mit der Band Destinys Child. Was für sie bedeutete: auf Teeangerträume- und freuden zu verzichten und stattdessen hinten im Bandbus zu sitzen, sich Schlafkojen mit anderen zu teilen und ständig unterwegs zu sein. Viele, viele Sommer später sei es zwar luxuriöser geworden, aber noch immer arbeite sie, wie es in einer Zeile heißt, und vermisse nun ihre Kinder. Doch was soll Beyoncé tun? God only knows.

Was die neuen Songs beweisen: Dass sich die mit dem „Renaissance“-Album von 2022 angekündigte Trilogie komplett zu einer über die Ursprünge schwarzer Musik auswächst und dabei zwischen Hommage und Aneignung pendelt. Auf „Renaissance“ nahm Beyoncé sich den Dancefloor vor, und jetzt also ist es der Country, diese eigentlich so weiße Musik für Rednecks und Trumpisten, die aber letztendlich durchaus Differenzen und ein bisschen Vielfalt kennt.

Wenn man so will, begibt sich Beyoncé in die Spur ihres Auftritts mit den Dixie Chicks bei den Country Music Awards schon im Jahr 2016, in die eines LIl Nas X, der 2019 mit „Old Town Road“ einen Country-Hit landete oder in die ihrer Kollegen und Kolleginnen Blanco Brown, Jimmie Allen, Rissie Palmer, Miko Marks oder Adia Victoria.

Tatsächlich ist der Country keine rein weiße Erfindung, es gab da immer auch schwarze Stars und eine Nähe beispielsweise zum Delta-Blues oder zum Southern Soul. Aus guten Gründen veröffentlichte Ray Charles 1962 sein Coverversionen-Album „Modern Sounds in Country and Western“, und der schwarze Countrysänger Charley Pride hatte in den sechziger und siebziger Jahren fast vierzig Nummer-Eins-Country-Singles. Was die Abschottungsbemühungen des Genres bis heute trotzdem noch nicht hinlänglich erschöpft hat.

Diese hat Beyoncé nach der Veröffentlichung der neuen Songs schon zu spüren bekommen: Ein Country-Radiosender im US-Bundesstaat Oklahoma weigerte sich zunächst, „Texas Hold ’Em“ zu spielen, angeblich, weil der Geschäftsführer des Senders den Song nicht kannte und schlicht nicht wusste, dass Beyoncés Song getrost von einer Countrystation gespielt werden kann. Gut vorstellbar, dass es ähnliche, mutmaßliche Missverständnisse auch nach der Veröffentlichung von „Act II“ geben wird. Arbeit gibt es für Beyoncé also weiterhin genug.

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