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Beim Auftritt von Aphex Twin

© Ariel Martini

Hologramme und Algorithmen: Mit KI in die Zukunft - und mit den Menschen

Zum 30. Mal fand in Barcelona das Sonar-Festival für elektronische Musik statt. Mit dabei: Fever Ray, Aphex Twin oder Little Simz. Ein Festivalbericht.

Wie hat man sich vor 30 Jahren Konzerte im Jahr 2023 vorgestellt? Vielleicht so: Ein riesiges Hologramm schwebt im Raum, mal nimmt es die Gestalt eines Astronauten an, mal die eines Aliens, aus dessen Augen grüne Laserstrahlen kommen, dazu treibende Technobeats und Sirenen, die die Apokalypse ankündigen.

Genau diese Vision erfüllte der schwedische DJ Eric Prydz, der einst mit dem weniger düsteren, dafür genauso publikumstauglichen Track „Call on me“ bekannt wurde, zum 30-jährigen Jubiläum des „Sonar“-Festivals, das an diesem Wochenende in Barcelona stattfand. Das Festival ist bekannt dafür, im Bereich der elektronischen Musik Pionierarbeit zu leisten.

Umsatzstarke Industrie

Dazu passte der Headliner-Auftritt von Aphex Twin, Großmeister der experimentellen elektronischen Musik. Der war technisch zwar etwas weniger spektakulär als der von Prydz, musikalisch schwerer zugänglich, dafür künstlerisch anspruchsvoller. Oder die Show von Ryoji Ikeda, ein japanischer Künstler und Komponist, der hypnotisierende Bilder mit Sounds mischt, die oft an Störgeräusche erinnern, dabei aber trotzdem melodisch klingen.

„Als wir Sonar vor 30 Jahren ins Leben gerufen haben, wollten wir einen internationalen Treffpunkt für elektronische Musik schaffen“, sagt Enric Palau. Er gründete das Festival 1994 gemeinsam mit dem Künstler Sergio Caballero und dem Musikjournalist Ricard Robles – als erstes richtiges Festival für elektronische Musik mit damals 6000 Besuchern. Seitdem ist viel passiert: Das Festival zählt mit teilweise mehr als 200.000 Besuchern zu einem der größten in diesem Bereich weltweit, und elektronische Musik hat sich zu einer umsatzstarken Industrie entwickelt. 7,2 Milliarden soll sie laut International Music Summit vor der Pandemie umgesetzt haben.

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Die 30-jährige Sonar-Geschichte ist auch in einer Videoinstallation von Sergio Caballero zu sehen: Wie bei einem harten, psychedelischen Drogentrip verzerren sich Gesichter, Hände und Hintergründe zu unheimlichen Fratzen und absurden Gegenständen, verwandelt sich ein Bild langsam ins Nächste. Die Installation zeigt die „Trial and Error“-Ergebnisse einer Künstlichen Intelligenz, die mit Bildern der Sonar-Kampagnen gefüttert wurde und versuchen sollte, neue, dazu passende Bilder zu generieren.

Um das Thema KI und ihren Einfluss auf die Kunst drehte sich ohnehin viel. In einer Ausstellung und in Vorträgen besprachen Wissenschaftlerinnen, Künstler und Start-ups beim „Sonar+D“, eine das Festival begleitende Konferenz, wie Auflegen mit Virtual Reality funktioniert, wie hoch der CO₂-Ausstoß ist, wenn man Fotos verschickt, oder was die technologische Entwicklung und der Fokus auf audiovisuelle Kommunikation mit den menschlichen Sinnen macht (sie vernachlässigt zum Beispiel den Geruchssinn).

Alles dreht sich um KI

Neben der rein elektronischen Musik spielt seit einigen Jahren aber auch Hip-Hop eine Rolle beim Sonar. Dieses Jahr standen unter anderen die britischen Rapperinnen Little Simz und Shygirl auf der Bühne. Überhaupt wurde beim Line-up auf Diversität geachtet: Neben üblichen männlichen Größen (wie Techno-Elderly Richy Hawtin) spielten Pop-Visionärin Fever Ray, die koreanisch-berlinische DJ Peggy Gou oder die türkisch-stämmige, ebenfalls Berlin-based DJ Nene H. Dass Techno weiblicher geworden ist, sei eine der wesentlichen Entwicklungen der letzten Jahre, sagt Festival-Gründer Enric Palau.

Und wie sieht das Sonar in weiteren 30 Jahren aus? Daran, dass die Künstliche Intelligenz den Menschen auf der Bühne ganz ersetzt, nur noch ein Hologramm mit algorithmisch erzeugter Musik die Menge anheizen wird, glaubt Palau nicht. „Aber ich bin gespannt, welche neuen Möglichkeiten diese Technologie den Künstlern eröffnet“, sagt er. Eines weiß er genau: Musik und Konzerte werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

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