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Josh Homme (Mitte) und seine Mitstreiter Troy Van Leeuwen, Jon Theodore und Michael Shuman.

© Andreas Neumann

Queens of the Stone Age: Tiraden gegen die Angepassten

Die Queens of the Stone Age sind einer der letzten Lärmbands. Auf dem Album „In Times New Roman...“ verarbeitet Sänger Josh Homme Trennungen, den Tod eines Freundes und seine Krebserkrankung.

Albträume handeln oft von Abstürzen. Man verliert den Boden unten den Füßen, taumelt, versucht sich irgendwo festzuhalten und fällt, fällt, fällt. Bis man schweißüberströmt erwacht und feststellt: Alles ist gut, ich lebe noch. Solch ein Gefühl zwischen Hölle und Himmel beschreibt Josh Homme in der düster glitzernden Lebensbilanzballade „Carnavoyeur“.

„Hanging / By a nail in this life / Desperate always looks that way / Free fall from the nest“, seufzt der Mastermind der Queens of the Stone Age, und die E-Gitarren bratzen und jaulen dazu. Es geht um Angst, Verzweiflung und ums Abschiednehmen. Hommes schwelgerischer Gesang erinnert an David Bowie. Das Stück endet in einem Geigencrescendo und mit den versöhnlichen Zeilen „There’s no end to life / On and on, always life.“

„In Times New Roman...“ (Matador Records) heißt das gerade erschienene achte Studioalbum der Queens of the Stone Age. Den Titel kann man so deuten, dass hier Klartext gesprochen werden soll, sozusagen in der Schrifttype Times New Roman, die auf die klaren, kantigen Buchstaben der alten Römer zurückgeht. Seit vor sechs Jahren die letzte Platte „Villains“ herauskam, ist viel passiert.

Homme und seine Ehefrau, die Punksängerin Brody Dalle, trennten sich. Es folgte ein Sorgerechtskrieg um ihre drei Kinder. Der langjährige Wegbegleiter Mark Lanegan starb Anfang 2022. Und vor Kurzem erzählte Homme in einem Interview von einer Krebserkrankung, die inzwischen überwunden sei. Die letzten vier Jahre, sagt er, seien „die dunkelsten“ seines Lebens gewesen.

Stoischer Blues aus der Wüste

Die Queens of the Stone Age, 1996 in der kalifornischen Wüstenstadt Palm Desert gegründet, zählen zu den letzten großen Lärmbands. Ihre Musik, ein stoischer Bluesrock, klang von Anfang an anachronistisch. Der ursprünglich ironisch gemeinte Bandname spielt darauf an.

Als ihr Meisterwerk gilt die Platte „Songs For The Deaf“ (2002). Ihre staubtrockenen Gitarrenriffs wurden zur Trademark. Bands wie die Arctic Monkeys pilgerten nach Kalifornien, um sich von Homme produzieren zu lassen. Iggy Pop nahm mit den Queens sein Album „Post Pop Depression“ (2016) auf.

Die Kunstfertigkeit, mit der Homme - schon lange das letzte verbliebende Gründungsmitglied - und seine Mitstreiter ihre Instrumente bearbeiten, ist noch immer staunenswert.

Bei „Negative Space“, einer Science-Fiction-Fantasie um ein ins Nichts driftende Raumschiff, geraten die Gitarren gummiartig verzerrt ins Schlingern. In der mit einer quietschend sich öffnenden einsetzenden Midtempo-Nummer „Emotion Sickness“ vereinen sich Gitarren, Bass und Hommes irrlichternde Stimme in Close Harmony.

Und in der neunminütige Irrenhaushymne „Straight Jacket Fitting“, mit der „In Times New Roman“ endet, lästert der Sänger zu tosendem Feedbackkrach über „alte Garde, avant-garde“, Patrioten und „Probioten“ sowie einen „Technolojesus“. Eine Schimpfkanonade, die in der Erkenntnis gipfelt, dass man seine Dämonen freilassen muss, um ihnen zu trotzen.

Satire und Sarkasmus sind Stilmittel, die Homme liebt. Den Song, in dem er mit Angepassten und Angebern abrechnet, hat er „What the People Say“ genannt. Ein Wortspiel aus people (Menschen) und peephole (Guckloch). Die gerade begonnene Welttour steht unter dem Motto „The End is Nero“. Was bedeuten mag: Das Ende ist nah. Und Nero, der schlimmste aller römischen Kaiser, auch.

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