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Bis 2017 will die konservative Regierung von Premier Fumio Kishida das Verteidigungsbudget auf zwei Prozent des BIP anheben.

© Foto: AFP/Kazuhiro Nogi

Aufrüstung in China und Nordkorea: Japan will seine Verteidigungsausgaben verdoppeln

Zeitenwende in Tokio: Regierungschef Kishida plant eine Anhebung des Wehretats auf zwei Prozent des BIP bis 2027. Japan ist alarmiert, weil seine Nachbarn ihr Militär stärken.

Japan will seine Verteidigungsausgaben bis 2027 verdoppeln. Verteidigungsminister Yasukazu Hamada teilte am Montag mit, das Ziel liege bei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Wehretat in dem ostasiatischen Land liegt seit Jahrzehnten bei rund einem Prozent. Bereits im August hatte die konservative Regierung von Premierminister Fumio Kishida eine Anhebung um 40 Milliarden Euro beantragt, das Budget ist aber noch nicht finalisiert.

Tokio reagiert damit auf das Aufrüsten Chinas und Nordkoreas in der eigenen Nachbarschaft. Bis 2027 will Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping sein Militär modernisiert haben. Mit Blick auf einen potenziellen Überfall auf das demokratische Taiwan alarmiert dies auch Japan. Es gilt als denkbar, dass Japan dem Inselstaat im Ernstfall gemeinsam mit den USA militärisch beispringen würde.

Im August schlugen bei einem Schießmanöver Chinas rund um Taiwan erstmals chinesische Raketen in Japans 200-Seemeilen-Zone ein. Das mit Peking verbündete Nordkorea schoss erst Mitte November eine Interkontinentalrakete Richtung Japan ab, die westlich der Insel Hokkaido niederging. Diktator Kim Jong-un spricht von der Absicht, die größte Nuklearmacht der Welt aufzubauen.

„Solange die USA ihren Beistand für Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs nicht ausschließen, werden ihre in Japan stationierten Truppen für sie immer Priorität in der Region haben. Japan wäre also zwingend involviert, wenn es zu einem Eingreifen der USA in einem Taiwan-Ernstfall käme“, erklärt Tsun-Yen Wang vom staatlichen taiwanesischen Institute for National and Security Research gegenüber dem Tagesspiegel.

In Tokios geplanter Erhöhung der Verteidigungsausgaben sieht der Japan-Experte einen Beitrag zur Abschreckung gegen China – auch angesichts anhaltender Territorialstreitigkeiten um die Senkaku-Inseln, die sowohl von Japan als auch von der Volksrepublik beansprucht werden.

Russlands Ukraine-Invasion löst Umdenken in Tokio aus

Russlands Überfall auf die Ukraine hat im 125-Millionen-Einwohner-Staat Japan ein Umdenken in der Militärpolitik ausgelöst. In einer am Montag publizierten Umfrage sprach sich ein Drittel der Befragten dafür aus, öffentliche Ausgaben aus anderen Bereichen in die Verteidigung umzuleiten. Dass Japan die Fähigkeit zu Gegenschlägen haben sollte, also die Kapazität, feindliche Raketenbasen zu beschießen, befürworteten rund 60 Prozent. Premier Kishida wiederholte diese Option am Dienstag bei einer Rede vor dem Parlament.

Die geplante Erhöhung des Wehrbudgets ist der größte Schritt in Japans Loslösung von seinem pazifistischen Grundsatz, die bereits Ex-Premier Shinzo Abe vorantrieb und die sich seit Russlands Ukraine-Invasion beschleunigt hat. Im Juni nahm Japan in Madrid erstmals an einem Gipfeltreffen der Nato teil. Das Land gehört dem Militärbündnis nicht an, kooperiert aber mit ihm.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Japan eine Verfassung, die die Aufstellung von Streitkräften untersagt. Das Land unterhält jedoch eine De-facto-Armee mit rund 250.000 aktiven Soldaten, die als fünftstärkstes Militär der Welt gilt. An Kampfhandlungen war sie noch nie beteiligt.

Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, seine Verteidigungsausgaben sind deshalb trotz des gering klingenden Werts von einem BIP-Prozent die neunthöchsten weltweit. Eine Verdopplung würde sie wohl zu den dritthöchsten machen, nach den USA und China.

Unklar ist, wie das durch die Pandemie wirtschaftlich gebeutelte Land die Erhöhung des Verteidigungsbudgets finanzieren will. Im Gespräch sind Steuererhöhungen. Die Finalisierung des Budgets für das Fiskaljahr 2023 wird im Dezember erwartet.

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