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Madeleine Henfling führt die Grünen in Thüringen in die Landtagswahl.

© dpa/Bodo Schackow

Grüne in Thüringen: Geschlossen gegen die Angst vor der AfD und den Anfeindungen

Bei den Landtagswahlen in Thüringen droht ein Durchmarsch der AfD. Die Grünen feiern sich als Demokratieverteidiger und schicken ein ungleiches Spitzenduo ins Rennen.

Madeleine Henfling hat eigentlich „gar keine Lust“, über die AfD zu reden. Aber dann tut es die Grünen-Politikerin doch. „Die AfD hat einen ziemlich genauen Plan davon, wie sie einen Staat umbaut, um in einem legalen Gewand ihre rassistische Politik umsetzen zu können.“ Das sei zu lange unterschätzt worden, nun müsse man dafür kämpfen, „dass die AfD keinen Zipfel Macht“ bekommt.

Ein paar Stunden später erhält Henfling von ihrer Partei das Mandat für diesen Kampf. Als Spitzenkandidatin soll sie im Herbst gemeinsam mit dem thüringischen Umweltminister Bernhard Stengele die Grünen wieder in den Landtag führen. Davon hängt einiges ab, denn scheitern die Grünen an der Fünfprozenthürde, scheint eine Machtoption für die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke quasi unausweichlich.

Es wird wohl sehr eng. Die Grünen liegen in Umfragen bei fünf Prozent, immer häufiger sehen sie sich mit Hass und Anfeindungen konfrontiert. Gleichzeitig steht die AfD bei mehr als 30 Prozent. Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung konnte ohne eigene Mehrheit kaum Erfolge feiern, immer wieder gelingt es CDU und FDP mit Stimmen der AfD Gesetze gegen die Regierung zu verabschieden.

Das ist Faschismus pur.

Omid Nouripour über die Pläne der AfD

Hinzu kommt die traditionelle Zerstrittenheit bei den Grünen im Freistaat. Im vergangenen Jahr tauschte die Partei in einer spektakulären Personal-Rochade ihre beiden Minister aus, setzte mit Stengele und der Quereinsteigerin Doreen Denstädt auf frische Köpfe. Eine Entscheidung, die verpuffte. Das gewünschte Landesamt für Migration gibt es noch immer nicht, in Umfragen verharren die Grünen auf ihrem niedrigen Niveau.

Bernhard Stengele ist in Thüringen Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz.
Bernhard Stengele ist in Thüringen Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz.

© dpa/Jacob Schröter

In Jena zelebrieren die Grünen dagegen eine neue Einigkeit. „Wir können diese Wahlen nur bestehen, wenn wir ein Wir entwickeln“, sagt Stengele in seiner Bewerbungsrede. Die beiden Spitzenkandidaten sind ein recht ungleiches Duo: „Wir sind euer Yin und Yang“, sagt Henfling nach der Wahl.

Tatsächlich ist der Befund offensichtlich: Sie, die 40 Jahre alte Parteilinke, die in ihrer Jugend in Ilmenau als Teil der Punkszene die Baseballschlägerjahre kennengelernt hat. Auf der anderen Seite der 60 Jahre alte Realo, der ursprünglich aus dem Allgäu stammt und lange als Schauspieler und Theaterleiter gearbeitet hat. „Wir sind verschieden, aber wir vertrauen uns“, betont Stengele.

Spaltungen können sich die Grünen nicht leisten. In Thüringen gelten sie als gefährdete Spezies. Nur rund 1400 Mitglieder hat der Landesverband, allein der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat deutlich mehr. Und so suchen die Grünen im Freistaat die Allianz mit allen progressiven Akteuren. Auf dem Parteitag halten nicht nur SPD- und Linken-Verantwortliche Grußwörter, sondern auch Vertreter der Gewerkschaften, der Landwirte, der Landeselternschaft und der Omas gegen Rechts.

Aus Berlin ist auch der Bundesvorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, nach Jena gekommen. Er warnt in seiner Rede eindringlich vor der AfD: „Das ist Faschismus pur“, sagt er über die aufgedeckten Pläne der Partei, Ausländer auszuweisen. Auch wirtschaftlich käme dies und ein deutscher Austritt aus der EU „Wohlstandsvernichtungen“ gleich: „Wir werden dieses Jahr alles geben, um dieses Land und unsere Demokratie zu verteidigen“, ruft Nouripour.

Es ist das Bild, in dem sich die Grünen in Thüringen gefallen. Noch vor der Listenaufstellung verabschieden die Delegierten einen Dringlichkeitsantrag zum Schutz der Demokratie. Darin sprechen sich die Grünen für einen „zeitnahen“ Antrag für ein AfD-Parteienverbot aus. Zudem sollen den Rechten staatliche Gelder gestrichen und die Verfassungstreue von allen Kandidierenden sichergestellt werden.

Eigene Vorhaben thematisieren die Grünen weniger. Große Illusionen macht sich in Jena niemand, auch nach der Landtagswahl drohen schwierige Mehrheitsverhältnisse im Erfurter Landtag. „Es wird knüppelhart“, prognostiziert Henfling. Doch vom Hass und der Stärke der AfD solle man sich nicht einschüchtern lassen: „Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern der Triumph darüber.“

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