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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

© dpa/Kay Nietfeld

Im Umfragetief: Wie die Grünen aus der Krise kommen wollen

Robert Habeck drückt seine Partei mit dem Heizungsgesetz und der Affäre um Graichen in den Keller. Die muss sich vor den Wahlen in Bayern und Hessen besser aufstellen.

Von Hans Monath

Mit aller Macht stemmte sich die Grünen-Chefin gegen die Verschiebung des selbst in der Ampelkoalition höchst umstrittenen Gebäudeenergiegesetzes. „Wenn wir jetzt nichts machen, verfehlen wir nicht nur unsere Klimaziele, sondern lassen die Menschen mit den Kosten alleine“, mahnte Ricarda Lang im Deutschlandfunk und verwies auf die bald horrend steigenden Preise für fossile Energieträger, welche die Betreiber alter Heizungen hart treffen würden.

In dem Hörfunksender, der eigentlich nicht für harte politische Urteile bekannt ist, musste die Ko-Vorsitzende der Ökopartei am Freitag gegenüber einem hartnäckigen Interviewer fast elf Minuten lang aus der Defensive heraus argumentieren – ein weiteres Anzeichen dafür, in welche Lage sich die Grünen und ihr Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck mit dem Versuch gebracht haben, das Heizen in Deutschland möglichst klimaneutral zu gestalten.

In einer Umfrage des Instituts Insa für die „Bild am Sonntag“ erreichten die Grünen nun nur noch 14 Prozent. Der einst als Kommunikationsgenie gepriesene Vizekanzler scheint für diese Entwicklung maßgeblich verantwortlich.

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42 Prozent sind laut der Erhebung der Ansicht, Habeck schade dem Ansehen der Grünen, nur 9 Prozent finden, er nutze ihm. Vertrauen in den Grünen-Politiker, der lange als aussichtsreicher Kandidat für die Kanzlerkandidatur der Grünen im Bundestagswahljahr 2024 galt, haben aktuell 25 Prozent. Fast zwei Drittel, nämlich 59 Prozent, vertrauen ihm nicht.

Beim Versuch der Grünen, den Negativtrend zu brechen oder gar umzukehren, kommt der raschen Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes eine zentrale Rolle zu: Das komplexe Vorhaben, das bei den Deutschen bis hinein in die Mittelschichten „wahnsinnige Ängste“ auslöst (so SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch), soll schnell vom Bundestag verabschiedet werden.

Unbedingt vermeiden will die Ökopartei, dass es wie ein Mühlstein die eigenen Landesverbände in Bayern und Hessen nach unten zieht, die im Herbst Landtagswahlen bestehen müssen. Das Debakel von Bremen, wo die Partei rund fünf Prozentpunkte verlor, soll sich nicht wiederholen. Wenn die große Heizungs-Zumutung nicht mehr die Schlagzeilen dominiert, so die Hoffnung, kommt auch der Erfolg zurück.

Sah sich im Deutschlandfunk-Interview in die Defensive gedrängt: Grünen-Ko-Chefin Ricarda Lang.
Sah sich im Deutschlandfunk-Interview in die Defensive gedrängt: Grünen-Ko-Chefin Ricarda Lang.

© Imago/Chris Emil Janssen

Noch aber scheint offen, ob sich Lang und ihre Mitstreiter mit diesem Plan durchsetzen können: Immer aggressiver stellt die FDP die Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause infrage, selbst SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bezweifelt, ob die Wärmepumpe die einzige Lösung sein kann.

Ich persönlich finde es wichtig, dass wir noch einmal nachlegen, was die soziale Flankierung angeht.

Ricarda Lang, Ko-Chefin der Grünen, zum parlamentarischen Umgang mit dem Heizungsgesetz

Viele sozialdemokratische Abgeordnete machen intern das Management und die Kommunikation des Koalitionspartners für das Misstrauen eines Großteils der Deutschen gegen den Heizungsumbau verantwortlich und fühlen sich in ihrem Urteil bestätigt, wonach den Grünen am Ende der soziale Ausgleich eher unwichtig sei. Auch Habecks Umgang mit dem Problemfall Graichen halten sie für unglücklich.

Grünen-Chefin versucht Schadensbegrenzung

Die Grünen weisen den Vorwurf sozialer Kälte entschieden zurück, versuchen aber auch Schadensbegrenzung zu betreiben. Dabei tun sich neue Widersprüche auf. Während die Partei in einem Videoclip versichert, sie habe „die Härtefallregelung im Detail schon durchdacht“, kündigte Parteichefin Lang im Deutschlandfunk Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren an: „Ich persönlich finde es wichtig, dass wir noch einmal nachlegen, was die soziale Flankierung angeht.“

Auch die bayerischen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer verfolgen diese Linie. „Ich verspreche euch: Wir werden beim Gebäudeenergiegesetz noch viele Anliegen berücksichtigen“, versicherte die Chefin der Grünen-Bundestagsabgeordneten aus dem Freistaat, Jamila Schäfer, beim Landesparteitag an diesem Wochenende.

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Die Delegiertenkonferenz war geprägt vom Versuch, die harten Attacken aus der CSU auf die angebliche „Clanstrukturen“ der Ökopartei zu kontern. Landeschefin Eva Lettenbauer warf CSU-Chef Markus Söder vor, er verbreite Unwahrheiten und Erfundenes: „Bayern braucht dieses Hetzen und diese Lügen von Söder nicht.“

Zwar fühlen sich die Grünen nun „Desinformationskampagnen“ ausgesetzt, die sie auch in der „Bild“-Zeitung ausmachen. Ihre Regierungsarbeit wollen sie trotzdem verbessern. Allerdings hat das Umfragetief die alte Debatte wieder aufleben lassen, ob die Partei in der Koalition ihre Ziele „robuster“ verfolgen soll. Fraktionschefin Katharina Dröge ist dagegen. Ihr Argument: Streit schadet der gesamten Koalition.

Auch der CDU werfen die Grünen nun Destruktion gegen die Klimawende vor. „Wenn jetzt plötzlich von Clanstrukturen gesprochen wird“, so Lang im Deutschlandfunk, „dann merkt man doch sehr deutlich, dass es der Union nicht um Aufklärung oder Transparenz geht, sondern darum, wichtige Klimavorhaben zu stoppen.“

Ob der Gegenangriff verfängt, ist offen. Denn wenn es der Ökopartei nicht gelingt, die FDP zur Verabschiedung des Heizungsgesetzes vor der Sommerpause zu bewegen, geht sie im Herbst als Verlierer in die Wahlkämpfe.

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