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Früher war mehr Elefant: Vor über vier Millionen Jahren gab es unzählige Säugetiere mit enormer Größe.

© Juan Cantalapiedra

Verlorene Giganten Afrikas: Aussterben geht auch ohne Menschen

Der Mensch isst alles, was essbar ist – egal, wie viele Beine es hat. Die großen Säugetiere Afrikas hat unsere Spezies jedoch erst bejagt, als diese bereits über Millionen Jahre hinweg ausstarben.

Mit den Menschen kam der Tod: Überall auf der Welt gingen die großen Tiere zugrunde, sobald wir die bis dahin unberührten Ökosysteme besiedelten. In Amerika fielen uns vor langer Zeit etwa Elefanten und Riesenfaultiere, in Australien Beutellöwen und Riesenkängurus und im nördlichen Eurasien Mammute und Höhlenbären zum Opfer. 

Ein Team um Faysal Bibi vom Museum für Naturkunde und Juan L. Cantalapiedra von der Universität Alcalá, Madrid, betrachtete nun Afrika genauer. Ihre Untersuchung im Fachblatt Science zeigt, dass das große Sterben dort ohne menschliches Zutun begann, nämlich vor über vier Millionen Jahren.

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Millionen Jahre Geschichte konnten anhand fossiler Zähne rekonstruiert werden.

Damals kannten die Menschen noch keine Jagd, nicht einmal Werkzeuge sind aus dieser Ära bekannt. „Zumindest zu diesem frühen Zeitpunkt waren wir unschuldig, wir haben noch nicht alles Mögliche umgebracht“, sagt Bibi. „Doch wir haben schnell aufgeholt, insbesondere in den Jahrhunderten des Kolonialismus.“

Anhand von Messungen von Tausenden fossilen Zähnen rekonstruierte Bibi die Größe und Häufigkeit afrikanischer Säugetiere der letzten zehn Millionen Jahre. Damals herrschte eine unglaubliche Vielfalt großer Tiere auf dem Kontinent: verschiedenste Elefanten, Flusspferde und Giraffen, einige mit enormer Körpermasse. Wie die Studie erstmals zeigt, existierten von diesen großen Arten auch besonders zahlreiche Exemplare.

Artenarme Biotope

Doch die größeren Tiere wurden immer seltener und kleinere Tiere häufiger: „Heutige Ökosysteme sind äußerst verarmt“, sagt Bibi. Mit der Zeit müssten sich die Ökosysteme so verändert haben, dass die kleineren Tiere im Vorteil waren. „Welche Veränderungen das waren, wissen wir nicht, aber sicher spielte das Klima und die Vegetation eine Rolle.“

Über die Jahrmillionen verlor der Kontinent etwa zwei Drittel seiner Produktivität, brachte also weniger Biomasse hervor. Die Forschenden wiesen nach, dass Wälder zunehmend zurückgingen und sich robustes, aber wenig produktives Grasland durchsetzte.

Der Kollege Tyler Faith von der Universität von Utah forscht am selben Thema und lobt die Science-Studie. Mit ihrer riesigen Datensammlung behebe sie „eine wichtige Einschränkung unserer bisherigen Arbeit”, sagt der US-Forscher. Die Berliner hätten sich nämlich nicht nur die Zahl der Arten, sondern die Zahl der Individuen betrachtet – ein wichtiger, erkenntnisreicher Schritt vorwärts.

Möglicherweise sei der Befund nicht auf Afrika beschränkt, sagt Bibi: „Vielleicht würden wir dasselbe Bild auch in anderen Erdteilen sehen, aber diese Studie muss erst noch gemacht werden.“ Heute haben wir riesigen Einfluss auf Ökosysteme weltweit. Wir zerstören sie – und zwar für große wie für kleine Tiere. 

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