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Jörg Sagner ist einer der Helfer beim „Pallotti-Mobil“.

© Frank Bachner

Tagesspiegel-Spendenaktion: Berliner Bedürftige verschönern anderen Bedürftigen die Wohnung

Bei einem Projekt des Vereins „Pallotti-Mobil“ renovieren Langzeitarbeitslose armen Menschen teilweise unentgeltlich die Wohnung. Der Tagesspiegel bittet dafür um Spenden.

Vladimir Gubert warnt gleich mal freundlich: Bloß kein Kontakt mit den Wänden. Die Farbe, die vom Boden bis ungefähr Schulterhöhe reicht, hat er frisch gestrichen. Jetzt steht er da, Pinsel in der rechten Hand, und begutachtet zufrieden sein Werk. Der Verbindungsgang zwischen der Kirche der katholischen St. Christopherus-Gemeinde und der Kita von St. Christopherus in Neukölln leuchtet himmelblau.

Gubert, der 63-Jährige aus Usbekistan, hat auch die alten Möbel weggeräumt, die hier gestanden hatten. Das Mobiliar muss weg, hatte die Feuerwehr gesagt, Brandschutz. Alltagaufgaben für Gubert, er spachtelt auch, verlegt Laminat, lackiert Heizkörper. Normalerweise renoviert er ja Wohnungen, aber weil gerade nichts anderes anfällt, ist er jetzt hier.

Zu Hause quasi. In den Räumen der Christopherus-Gemeinde hat „Pallotti-Mobil“ sein Büro, der gemeinnützige Verein, der mit seinem Projekt „Lichte Räume, neues Leben“ armen, bedürftigen Menschen hilft, ihre Wohnung aufzuhübschen. Fliesen und Teppiche verlegen, Wände streichen, Lampen installieren, also alles machen, was nötig ist, um mehr Lebensqualität in die eigenen vier Wänden zu bringen.

Alles überaus preisgünstig, es ist mehr oder weniger die Erstattung der Transport- und der Materialkosten. „Wir machen hier keinen Profit“, sagt Anne Dehler, Projektleiterin bei „Pallotti-Mobil“.

Anne Dehler, Projektleiterin bei „Pallotti-Mobil“.

© Frank Bachner

Und im Grunde genommen helfen hier Bedürftige anderen Bedürftigen. Vier Helfer beschäftigt der Verein, alle sind langzeitarbeitlos gemeldet. Gubert seit acht Jahren, früher hatte er Autos repariert. Seit 18 Monaten ist er bei „Palotti-Mobil“.

Jörg Sagner ist seit fünf Jahren arbeitslos, er steht auch im Durchgang, auch er mit Pinsel in der Hand. Er ist Experte, früher hatte er als Maler gearbeitet, aber mit seinem Bandscheibenvorfall bekam er keinen Job. Bei „Palotti-Mobil“ spürt er jetzt Erfüllung.

Das Prinzip des Projekts ist einfach. Die Helfer kommen übers Jobcenter zum Verein, das Amt bezahlt auch deren Gehalt. Der Verein bietet Langzeitarbeitlosen, die teilweise nicht mal einen Schulabschluss haben, einfache Arbeitsmöglichkeiten und stellt seinen Kunden entweder gar keine Rechnung oder eine nur geringe. Mitunter bezahlt das Jobcenter die Material- und Transportkosten sowie eine geringe Verwaltungsgebühr. „Wir leben hier von vielen Spenden“, sagt Anne Dehler.

Kunden des Projekts sind Menschen, die Bürgergeld, Grundsicherung, beziehen, Menschen, die kein Geld haben, um eine Firma zu beauftragen. Menschen wie die Frau Ende 50, die ihre Küche in der gleichen Farbe gestrichen haben wollte, die auch ihre Schmusedecke hat: leuchtendes Orange. Sie alle können sich bei „Pallotti-Mobil“ melden. Häufig haben die Kunden auch Betreuer, dann melden diese sich.

Einer Mutter drohte der Rauswurf, wenn sie nicht termingerecht renoviert

Vladimir Gubert und seine Kollegen haben auch der alleinerziehenden Mutter mehrerer Kinder geholfen, die auf Druck ihres Vermieters die ganze Wohnung termingerecht renoviert haben musste. Andernfalls, hatte er gedroht, werde er sie rauswerfen. Oder sie gehen zu Kunden, bei denen das Jobcenter die Kosten einer Renovierung nicht übernimmt.

Aber es gibt auch Menschen, die finanziell so schlecht dastehen, dass sie nicht mal die geringen Materialkosten bezahlen können. Für sie arbeitet der Verein kostenfrei, allerdings muss der Kunde dann die Materialkosten selbst bezahlen. Doch lange gibt das Budget solche Ausgaben fürs Material nicht her. Deshalb bittet der Verein um Unterstützung der Tagesspiegel-Leser im Rahmen der Spendenaktion „Menschen helfen!“.

Wer hier arbeitet, sagt Anne Dehler, „muss kein ausgebildeter Handwerker sein“. Tipps und Anweisungen gibt auch Yakub Mekowsanent, ein Diplom-Ingenieur, der auch die Endabnahme macht. Und im Idealfall können die Helfer dann wieder oder erstmals in den ersten Arbeitsmarkt wechseln. In zehn Jahren ist das immerhin in sieben Fällen geglückt.

Auch Vladimir Gubert kennt Einsatzorte, bei deren Anblick einem der Atem stockt. Als er mal in Neukölln bei so einer Adresse auftauchte, „war die Wohnung eine Katastrophe“. Als er ging, war sie nicht mehr wiederzuerkennen.

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