zum Hauptinhalt
Ein Angeklagter sitzt zu Prozessbeginn wegen einer mutmaßlichen Vergewaltigung im Görlitzer Park vor dem Kriminalgericht Moabit.

© dpa/Sebastian Gollnow

Mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park in Berlin: Prozess könnte ausgesetzt werden – kommen die Angeklagten jetzt frei?

Der Prozess um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung könnte am Donnerstag ausgesetzt werden – damit die Belastungszeugin aussagen kann. Ein Deal hilft den Angeklagten.

Im Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg drängen die Verteidiger auf eine Freilassung der Angeklagten aus der Untersuchungshaft. Für die Verhandlung am Donnerstag am Landgericht werden Haftprüfungsanträge der Anwälte erwartet. Sie wollen erreichen, dass die Angeklagten angesichts der bislang dünnen Beweislage nach sieben Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen werden.

Zudem droht der Prozess zu platzen oder für maximal ein halbes Jahr ausgesetzt zu werden. Denn das mutmaßliche Opfer will nicht aus Georgien für eine Zeugenaussage nach Berlin anreisen. Bereits am Montag war Esmer T. nicht gekommen, hatte ihr Erscheinen kurzfristig abgesagt. Die Richter baten den Anwalt der Frau aus Georgien, die in dem Prozess Nebenklägerin ist, noch einmal Kontakt zu ihr aufzunehmen und mit ihr mögliche Konsequenzen zu besprechen.

Der Anwalt von T., der Berliner Opferbeauftragte Roland Weber, sagte dem Tagesspiegel am Mittwoch, T. sei in einer Rehabilitationsmaßnahme, aber bereit, sich per Videoschalte aus der deutschen Botschaft in Georgiens Hauptstadt Tiflis vom Gericht vernehmen zu lassen.

Darüber dürfte das Gericht kaum hinweggehen können. Möglich ist, dass das Verfahren dafür ein halbes Jahr ausgesetzt wird – bis Esmer T. dann aussagen wird. Dafür ist laut Weber ein förmliches Ersuchen an den Nicht-EU-Staat Georgien nötig, das Verfahren könne aber einige Monate dauern. Die Anwälte der Angeklagten setzten im Fall einer Aussetzung darauf, dass die Haftbefehle bis dahin zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Der Prozess müsste auch nicht neu beginnen, sondern könnte an die bisherigen Verhandlungstage anknüpfen.

Opferanwalt Weber ist „zutiefst davon überzeugt, dass es damals in dem Park eine schwere Straftat gegeben hat“. Er erwähnte Verletzungen der Frau, aber auch DNA-Spuren der Angeklagten. Und er habe mit seiner Mandantin nun Klartext geredet, sagte er dem Tagesspiegel: Sollte ihre Befragung im Prozess nicht möglich sein, wäre aus seiner Sicht ein Freispruch „nahezu zwingend“.

Der Göritzer Park in Kreuzberg.
Der Göritzer Park in Kreuzberg.

© imago/Emmanuele Contini

Dem 23-jährigen D. aus Guinea sowie dem 22-jährigen Somalier Osman B. und dem 23-jährigen Boubacar B. aus Guinea wird besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Raub vorgeworfen.

Sie sollen am frühen Morgen des 21. Juni 2023 ein georgisches Paar im Görlitzer Park überfallen haben. Sie hätten zunächst auf den Ehemann eingeschlagen und ihn beraubt, so die Anklage. Dann hätten sie die 27-jährige Frau sexuell attackiert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Anklage beruht vor allem auf der ersten Aussagen von Esmer T. kurz nach der mutmaßlichen Tat. Demnach waren die damals 27-jährige Studentin Esmer T., Mutter zweier Kinder, und ihr Ehemann Oleg T. am 21. Juni gegen 5 Uhr im Park unterwegs, kauften dort Kokain, wurden intim. Mehrere Dealer sollen das Paar umringt haben. Zwei sollen Oleg T. mit Stöcken traktiert und 1200 Euro aus seiner Bauchtasche gestohlen, andere sich an der Frau vergangen haben.

Spermaspuren auf dem Slip

Von Mountaga D. und Boubacar B. waren Spermaspuren auf dem Slip der Frau gefunden worden. Von mutmaßlichen Haupttäter Osman B., der die Tat bestreitet, wurden Spermaspuren im Körper des Opfers gefunden.

Esmer T. hatte rund drei Monate nach der mutmaßlichen Tat die Stadt verlassen und lebt seitdem in ihrer georgischen Heimat. Den Ermittlern teilte sie im Herbst mit, sie sei schwer erkrankt. Alle drei Angeklagten sind der Polizei aus dem Drogen- und Dealermilieu bekannt, alle sind abgelehnte Asylbewerber.

Im Fokus steht auch ein kurzes, sieben Sekunden langes Handyvideo, das erst kurz vor Prozessbeginn auftauchte. Aufgenommen worden sein soll es von Mountaga D. Es wurde auf dem Handy gefunden, auf das sein Verteidiger aus seinen in Untersuchungshaft verwahrten Habseligkeiten stieß.

Einvernehmlicher Sex oder Vergewaltigung?

Verteidiger und Staatsanwaltschaft streiten darüber, ob die Aufnahme einvernehmlichen Sex oder eine Vergewaltigung zeigt. Zudem stand D. mit dem mutmaßlichen Opfer, einer 27-jährigen Georgierin, per Whatsapp in Kontakt.

Nach der Aussage von Mountaga D. im Dezember vor dem Haftrichter soll das Paar ihn „zu Sex im Gebüsch überredet“, der Gatte ihm sogar Geld dafür geboten haben – weil sie einen schwarzen Mann wolle. Es soll zu Anal-Verkehr „mit ihrem Einverständnis“ gekommen sein. Später habe er mit seinem Handy noch eine weitere Szene gedreht: Esmer T. beim Oral-Verkehr mit einem anderen Mann – im Beisein ihres Mannes und nach Aussagen des Ehepaares damals im Park ebenfalls einvernehmlich.

Der ganze Fall hatte eine Diskussion über Sicherheitsmaßnahmen in dem Park ausgelöst. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte mit dem Fall maßgeblich die Debatte um den Görli befeuert und die Pläne für einen Zaun um den Park vorangetrieben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false