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Update

Palästina-Demo am Berliner Alexanderplatz: Staatsschutz prüft Redebeiträge – 232 Festnahmen

Bis zu tausend Menschen kamen am Sonntagabend zu einem Palästina-Protest in Berlin-Mitte. Einer der Redner ist in der islamistischen Szene kein Unbekannter.

| Update:

Nachdem am Alexanderplatz in Berlin-Mitte am Sonntagabend knapp tausend Menschen in Solidarität mit Palästina demonstriert haben, wird insbesondere in den sozialen Netzwerken Kritik am Vorgehen der Polizei laut, die Versammlung angesichts der Hintergründe von einem der Redner überhaupt zugelassen zu haben. „Die Inhalte der Redebeiträge werden derzeit durch den Polizeilichen Staatsschutz geprüft“, hieß es dazu am Montag von der Polizei.

Bei der angemeldeten Demonstration unter dem Titel „Nahostkonflikt“ hatten sich nach Polizeiangaben etwa 800 Personen versammelt, Beobachter vor Ort sprachen von über 1000 Teilnehmern. Wie die Polizei am Montag mitteilte, kam es neben 232 durchgeführten Freiheitsbeschränkungen auch zu 175 Ordnungswidrigkeiten und 25 Strafanzeigen. Letztere erfolgten unter anderem wegen des Verdachts der Belohnung und Billigung von Straftaten, des Verdachts der Volksverhetzung und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Zwei Einsatzkräfte wurden verletzt.

Die infrage stehende Rede wurde auf Deutsch gehalten und unter anderem auf der Videoplattform TikTok live gestreamt. In der Ansprache wurde immer wieder ein Gedenken an Märtyrer in Gaza angesprochen.

„Es wird hier, wenn es um Palästina geht, die Meinungsfreiheit stark eingeschränkt“, sagte der Redner zudem. Bei ihm soll es sich nach Tagesspiegel-Informationen um Ahmad Tamim gehandelt haben. Er gilt als relevanter Sprecher der „Generation Islam“, einer Initiative, die wiederum der islamistischen Organisation „Hizb ut-Tahrir“ angehört. Diese setzt sich unter anderem für die Herrschaft eines umfassenden Kalifats nach frühislamischem Vorbild ein, das auf den überlieferten islamischen Rechtsgrundsätzen der Scharia beruhen soll. Hizb ut-Tahrir unterliegt seit 2003 einem Betätigungsverbot.

Unterbrochen wurde Tamims Ansprache immer wieder durch „Free, free Palastine”-Rufe und „Allahu Akbar“-Parolen.

© IMAGO/Flash Press Agency

„Das Problem sind nicht die Juden“, sagte der Islam-Aktivist auf dem Alexanderplatz. Deshalb seien sie ja von breiten Teilen der arabischen Welt aufgenommen worden. Daraufhin jubelt die Menge. Unterbrochen wurde Tamims Ansprache immer wieder durch „Free, free Palastine”-Rufe und „Allahu Akbar“-Parolen.

Zwei Frauen, die sich mit einer Palästinaflagge fotografierten, sagten dem Tagesspiegel, sie seien zu dem Protest gekommen, weil der Konflikt nicht vor drei Wochen begonnen habe, sondern vor 70 Jahren. „Wir sind hier für die Kinder und Frauen in Gaza.“ In den Medien werde der Konflikt verzerrt. „Die Hamas sind Terroristen, aber was ist mit Israel? Die sind keine Terroristen?“, fragte eine der beiden Frauen.

Auf Nachfrage bestätigte die Berliner Polizei am Montag, dass die Kundgebung ordnungsgemäß angemeldet wurde und seitens der Behörde mit Auflagen und Beschränkungen versehen worden war, die vom Veranstalter an die Teilnehmer auch kommuniziert wurden. 

© Nora Ederer

Auf Schildern, die am Abend hochgehalten wurden, standen Parolen wie „Made in the West: Antisemitism and Islamophobia. Don’t blame it on Muslims“ oder „We love Jews. We are just against Zionism”.

Auf Nachfrage bestätigte die Berliner Polizei am Montag, dass die Kundgebung ordnungsgemäß angemeldet wurde und seitens der Behörde mit Auflagen und Beschränkungen versehen worden war, die vom Veranstalter an die Teilnehmer auch kommuniziert wurden.

So zitierte Tamim gleich zu Beginn aus den Auflagen und mahnte die Teilnehmer auf Deutsch, jeglichen Judenhass zu unterlassen. Außerdem durften keine Fahnen verbrannt werden.

Laut dem Islamwissenschaftler Ahmad A. Omeirate handelt es sich bei der Organisation „Hizb ut-Tahrir“, der Tamim angehört, um eine „panislamistische Bewegung“, da sie nicht nur Araber einschließt, sondern alle Muslime unterschiedlicher Herkunft ansprechen soll. Zur Ideologie gehöre auch „die Auslöschung Israels“, sagt der Berliner Wissenschaftler, der zu Diversität, Islamismus, Antisemitismus und Clankriminalität forscht. Auf seinem X-Kanal veröffentlichte Omeirate Videos, die Tamim einen Tag nach dem Hamas-Überfall auf Israel veröffentlichte. Darin bezeichnet der Aktivist Israel und seine Nachbarländer als „Kolonialprojekte“.

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Im weiteren Verlauf der Videobotschaft erklärt Tamim, dass die arabischen Anrainerstaaten Israels gestürzt werden müssten, um eine islamische Herrschaft zu etablieren, die geschlossen gegen Israel vorgeht. Ägypten, Libanon und Jordanien bezeichnet er als „Vasallenstaaten“.

Auf Schildern, die am Abend hochgehalten wurden, standen Parolen wie „Made in the West: Antisemitism and Islamophobia. Don’t blame it on Muslims“ oder „We love Jews. We are just against Zionism”.

© Nora Ederer

Im Anschluss an Tamims Rede auf dem Alexanderplatz rollten Dutzende Teilnehmer eine Plane auf dem Boden des Platzes auf und beteten gemeinsam.

Demonstration am Potsdamer Platz aufgelöst

Am Nachmittag hatte die Polizei eine verbotene palästinensische Demonstration am Potsdamer Platz in Mitte aufgelöst. Sie war von 14 bis 18 Uhr unter dem Titel „Frieden im Nahen Osten“ angemeldet, am Sonnabend jedoch verboten worden. „Es sind etwa 300 Menschen gekommen, die sich dennoch versammeln wollten“, sagte eine Sprecherin der Berliner Polizei am Sonntagabend. Die Polizei sei konsequent dagegen vorgegangen und habe von zahlreichen Teilnehmern die Identität festgestellt. Es habe darüber hinaus eine Reihe von Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten gegeben.

Während der Auflösung der Demonstration sei es auch zu Widerstand gegen Polizisten und tätlichen Angriffen gekommen. Daraufhin seien mehrere Strafanzeigen geschrieben worden, sagte die Polizeisprecherin weiter. Insgesamt rund 100 Personen seien vorübergehend festgenommen worden.

Die Polizei hatte am Sonnabend erklärt, die Entscheidung für das Verbot sei nach Bewertung aller Umstände und Erkenntnisse sowie der Abwägung sämtlicher Interessen gefallen, insbesondere des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Die Versammlungsbehörde habe den Fall basierend auf bisherigen Erfahrungen und weiter gehenden Erkenntnissen geprüft. Nach deren Einschätzung bestand die unmittelbare Gefahr, dass es bei der Versammlung zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten kommen könnte.

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