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Ferat Kocak
Politiker - Die Linke
Seit 2021 ist er Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Hier sind die Fotos gemacht worden. Auf dem Flur
oder im Büro des Fraktionssprechers.
Niederkirchner Straße in Berlin Mitte.
Foto: Doris Spiekermann-Klaas

© Doris Spiekermann-Klaas / doris spiekermann-klaas

Prozess zum Neukölln-Komplex: Berliner Politiker Ferat Koçak sagt vor Gericht zur rechtsextremen Anschlagsserie aus

Ferat Koçaks Auto wurde 2018 angezündet. Angeklagt sind dafür zwei Neonazis. Koçak hat in der Aufarbeitung eine Doppelrolle – und die ist durchaus umstritten.

Im Prozess zur rechtsextremen Anschlagsserie von Neukölln soll am Montag das prominenteste Opfer aussagen – der Linke-Abgeordnete Ferat Koçak. Dabei dürfte auch sein Verhältnis zu Behörden und Justiz eine Rolle spielen. Auf sein Auto war in der Nacht zum 1. Februar 2018 ein Brandanschlag verübt worden. Angeklagt sind dafür die beiden Neonazis Sebastian T. und Tilo P., der Prozess vor dem Amtsgericht Neukölln läuft seit Ende August. Nach einer Beschwerde beim Landgericht darf Koçak als Nebenkläger teilnehmen – weil eine Tötungsabsicht bei dem Anschlag „nicht so fernliegend“ sei.

Das Auto stand in einem Carport direkt neben dem Haus seiner Eltern. Wie sich später herausstellte, griff das Feuer nur knapp nicht auf die angrenzende Gasleitung und das Haus über. Koçak gab nun, noch bevor er am Montag in den Zeugenstand tritt, eine Erklärung ab. Er habe auch wegen seiner persönlichen Geschichte „wenig Vertrauen in die Arbeit der Ermittlungsbehörden“.

Bereits als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zum Neukölln-Komplex beschrieb er einen großen Vertrauensverlust gegenüber den Behörden, da er etwa im Vorfeld des Anschlags – als der Verfassungsschutz bereits Hinweise darauf hatte, dass die nun angeklagten zwei Neonazis ihn intensiv ausspioniert hatten – nicht gewarnt worden war.

Koçak hat in der Aufarbeitung eine Doppelrolle – und die ist durchaus umstritten. Denn er ist nicht nur Nebenkläger im Prozess gegen T. und P., womit er über seine Anwältin Zugang zu den Ermittlungsakten hat. Er ist auch Mitglied im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses. Er soll Ermittlungsfehler und mögliches Behördenversagen aufklären, hat aber bislang kaum Akten zum Strafverfahren, weil der Prozess noch läuft.

Koçak: „Ich bin mir der Doppelrolle bewusst“

Zwar erklärte Koçak am Rande des ersten Prozesstages: „Ich bin mir der Doppelrolle bewusst. Ich werde die Dinge unterscheiden, hier bin ich Nebenklage, eine Position in zweiter Reihe.“ Dennoch dürfte die Doppelrolle bei seiner Vernehmung eine Rolle spielen. Ebenso Äußerungen seiner Anwältin, die die Vorsitzende Richterin kritisiert hatte, weil sie Koçak zunächst nicht als Nebenkläger zugelassen hatte. Damit habe die Richterin „signalisiert, dass politische, engagierte Menschen nicht auf das Verständnis der Justiz vertrauen können“, hatte die Anwältin in der taz erklärt.

Nach Ansicht von Mirko Röder, Verteidiger des angeklagten Tilo P., zieht Koçak damit das Gericht grundsätzlich in Zweifel, vor dem er selbst als Nebenkläger auftritt. Röder spricht sogar von einem „unerträglichen Angriff“ eines Vertreters „der Legislative auf die Judikative“, dies sei Ausdruck einer „diffusen Justizfeindlichkeit“ und der „zunehmenden Verrohung der Sitten der politischen Elite in Berlin“.

Die Polizei und eine unabhängige Kommission hatten die Ermittlungen im Neukölln-Komplex untersucht: Demnach gab es durchaus Fehler und Defizite, doch keineswegs rechte Strukturen in den Behörden, die die Ermittlungen behindert und die Neonazis geschützt hätten. Das Vertrauen der von der Anschlagsserie Betroffenen ist wegen der jahrelang ausgebliebenen Ermittlungserfolge dennoch dahin.

Bislang gibt es in der Anklage keine klaren Beweise, dass T. und P. den Anschlag auf Koçaks Auto verübt haben. Erst nachträglich gab es Erkenntnisse, wonach P. gesagt haben soll, er habe Schmiere gestanden.

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