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Tschechiens designierter Präsident Petr Pavel telefonierte am Montag mit Taiwans Staatschefin Tsai Ing-wen.

© Bearbeitung: TSP | IMAGO/ZUMA Wire, Getty-Images

Bald auch ein persönliches Treffen?: Historisches Telefonat zwischen Tschechien und Taiwan – was das für Europa bedeutet

Als erster designierter Staatschef Europas hat Petr Pavel mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefoniert – und ein persönliches Treffen in Aussicht gestellt. Über mögliche Folgen.

Es war ein historisches Telefonat. Mit Petr Pavel hat zum ersten Mal ein gewählter europäischer Staatschef die Glückwünsche von Taiwans Präsidentin angenommen – eines Landes, das von Tschechien offiziell nicht anerkannt wird.

Und Pavel, der am Sonnabend den Milliardär Andrej Babiš deutlich besiegt hatte, setzte noch eins drauf: Er hoffe, twitterte er nach dem Anruf von Präsidentin Tsai Ing-wen am Montag, diese „in der Zukunft persönlich zu treffen“.

Er setzt damit einen klaren Grundton seiner Präsidentschaft, bevor diese im März beginnt. Zum einen ist da die Abgrenzung von seinem Vorgänger Miloš Zeman, der für einen China-freundlichen Kurs stand und immer wieder Sympathien für Russlands Präsidenten Putin erkennen ließ.

Auf Twitter legte Pavel, der bis 2018 Vorsitzender des Militärausschusses der Nato war, Wert darauf, zwei Telefonate hervorzuheben: mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj – und mit Tsai.

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„Indem er früh den Austausch mit der Ukraine und Taiwan sucht, will Pavel zeigen, dass die wachsende autoritäre Bedrohung aus Russland und China eine prominente Rolle in Tschechiens Außenpolitik einnehmen wird“, sagt Marcin Jerzewski, der das Taiwan-Büro der tschechischen Denkfabrik European Values Center for Security Policy leitet.

Prags Mitte-rechts-Koalition distanziert sich von China

Käme es tatsächlich zu einem Treffen zwischen Pavel und Tsai, während beide im Amt sind, wäre das ein Quantensprung in der europäischen Taiwan-Politik. Weil China den Inselstaat als sein Territorium sieht, sind selbst Ministerbesuche oft umstritten. Pavels Formulierung lasse allerdings bewusst offen, ob er einen Besuch vor oder nach dem Ende von Tsais Präsidentschaft meine, sagt Jerzewski. Nach zwei Amtszeiten in Taiwan muss die liberale Staatschefin 2024 abtreten.

Prags Mitte-rechts-Koalition hat sich zuletzt merklich von China distanziert. Der tschechische Senatspräsident besuchte 2020 Taiwan, im Jahr darauf wurde der taiwanesische Außenminister in Prag empfangen. Ende März soll die Vorsitzende der unteren Parlamentskammer, Markéta Pekarová Adamová, eine 80-köpfige Delegation aus Wirtschaft und Politik nach Taipeh führen.

Der neue Botschafter, den Peking nach Prag geschickt hat, hat keinerlei Expertise zu Ost- und Mitteleuropa.

Marcin Jerzewski, Leiter des Taiwan-Büros der tschechischen Denkfabrik European Values Center for Security Policy

Was bedeutet das für die EU? Der Präsident hat im politischen System Tschechiens eine repräsentative Rolle, doch die Zeichen stünden auf aktiverer Mitgestaltung, erklärt Analyst Jerzewski. „Pavel ist politisch auf einer Linie mit Außenminister Jan Lipavský. Er wird versuchen, in der EU mehr Einfluss für ost- und zentraleuropäische Mitgliedstaaten zu erreichen.“

Tschechien folgt dem Kurs der baltischen Staaten

In der EU war es zuvor vor allem Litauen gewesen, das sich von Peking abwandte. 2021 erlaubte Vilnius Taiwan, eine Repräsentanz unter dem Landesnamen zu eröffnen – China reagierte mit Sanktionen. Die drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland verließen daraufhin das Osteuropa-China-Format 17+1.

Tschechien werde nun wohl folgen, glaubt Jerzewski. „China hat Tschechien in vielerlei Hinsicht bereits aufgegeben. Der neue Botschafter, den Peking nach Prag geschickt hat, hat zum Beispiel keinerlei Expertise zu Ost- und Mitteleuropa. Im politischen Prag wird das als Zeichen gelesen, dass China sich nicht mehr um Einfluss bemüht.“

Donald Trump hatte 2016 als bislang einziger designierter Chef eines Staates, der keine offiziellen Beziehungen mit Taiwan unterhält, mit dessen Präsidentin telefoniert. Seit Joe Biden im Amt ist, hat Washington das Verhältnis weiter ausgebaut – und angedeutet, dass es die Republik bei einem Überfall durch China verteidigen würde.

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