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Ein ukrainischer Soldat mit einer Drohne in der Region Cherson (Symbolfoto),

© IMAGO/ZUMA Wire/imago stock

Ukraine-Invasion Tag 665: Mit einem gigantischen Drohnenprojekt will Kiew Munitionsengpässe ausgleichen

USA erwägen, eingefrorenes Russland-Vermögen an Kiew auszuzahlen, Oligarch Abramowitsch scheitert mit Klage gegen Sanktionen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Weder die EU noch die USA werden im kommenden Jahr so viel Artilleriemunition liefern können, wie Kiew sie eigentlich bräuchte. Zwar fahren die westlichen Staaten die Produktion langsam hoch, aber die Betonung liegt auf langsam. Im besten Fall könnten der Ukraine 2025 genug Geschosse zur Verfügung stehen. Darauf reagieren die Verantwortlichen in Kiew nun. 

Schon 2024 werde die Ukraine rund eine Million sogenannte FPV-Drohnen herstellen, verkündete der Minister für strategische Industrien heute. Der Pilot hat bei der Steuerung dieser Drohne immer den Blick des Fluggeräts auf das Umfeld. Im Grunde sind alle kommerziellen Drohnen in dieser Weise nutzbar und teilweise sehr günstig. Für die Kriegseinsätze müssen die Drohnen allerdings weiter fliegen als die über Internethändler verfügbaren Billigdrohnen. 

Russland nutzt diese Art Drohnen zur Aufklärung und für Angriffe inzwischen auch. Richtig eingesetzt lassen sich mit den vergleichsweise günstigen Fluggeräten sogar Panzer ausschalten. Dabei werfen die Drohnen Granaten ab oder fliegen mit einem Sprengsatz ausgerüstet direkt ins Ziel. Einen Nachteil haben sie allerdings gegenüber Artilleriegeschossen: Mit elektronischer Flugabwehr kann man den Kontakt der Drohnen zum Piloten unterbrechen, außerdem ist ihre Reichweite nur rund halb so groß wie die von Artillerie.

Aktuell werden die Drohnen häufig auch per Hand von den Soldaten auf dem Schlachtfeld mit Munition bestückt, was durchaus gefährlich sein kann und Zeit in Anspruch nimmt. Ob die ukrainischen Drohnen gleich mit Granaten ausgestattet werden, ist bisher unklar. 

Und noch eine Ankündigung aus Kiew lässt aufhorchen: Die Rüstungsunternehmen sollen auch rund 1000 Drohnen mit einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern herstellen. Die werden wohl für Angriffe innerhalb Russlands auf militärisch-strategisch wichtige Ziele wie Eisenbahnstrecken oder Rüstungsunternehmen eingesetzt. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Im Prozess gegen einen BND-Mitarbeiter wegen des Verdachts der Russland-Spionage hat die Verteidigung Zweifel an den Ermittlern und am Verfahren geäußert. Zudem werde sein Mandant in „folterähnlicher Einzelhaft“ festgehalten, sagte Verteidiger Johannes Eisenberg vor Gericht. Das Gericht und die Bundesanwaltschaft wiesen die Vorwürfe zurück. Mehr hier.
  • Der Bundesrechnungshof beklagt die angeblich mangelhafte Bilanz bei den Integrationskursen von Ukrainerinnen und Ukrainern. „Trotz der hohen Ausgaben sind die Ergebnisse ernüchternd; weniger als die Hälfte der ukrainischen Kriegsflüchtlinge absolvierte die Integrationskurse mit Erfolg“, zitierte der „Spiegel“ aus einem Prüfbericht an den Haushaltsausschuss. Mehr dazu hier.
  • In Russland haben sich nach Angaben der Wahlbehörden bisher 16 Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr angemeldet. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die Vorsitzende der zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa. Mehr hier.
  • Der russische Oligarch und ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch, hat vor dem Gericht der EU eine Niederlage erlitten. Das Gericht erklärte die gegen ihn verhängten Sanktionen der EU für rechtmäßig und wies seine Klage am Mittwoch in Luxemburg ab. Mehr dazu hier.
  • Die Bundesanwaltschaft will mehr als 720 Millionen Euro an russischen Geldern einziehen. Die Behörde hat einen entsprechenden Antrag beim Oberlandesgericht Frankfurt eingereicht, wie der „Spiegel“ berichtete. Die Millionen gehören der NDS, einer Tochterfirma der Moskauer Börse, die den Betrag beim deutschen Ableger der US-Großbank JP Morgan Chase geparkt hatte. Mehr hier.
  • Im Krieg gegen Russland hat die ukrainische Armee nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj um die Mobilisierung von Hunderttausenden Ukrainern gebeten. Die Militärspitze habe vorgeschlagen, „450.000 bis 500.000“ Kräfte zu mobilisieren, sagte Selenskyj bei seiner Jahresend-Pressekonferenz. Mehr dazu hier.
  • Wie die „Financial Times“ berichtet, erwägen US-Beamte, eingefrorene Guthaben der russischen Zentralbank als „Vorschuss“ auf Entschädigungen für Kriegsschäden an die Ukraine zu überweisen, den Russland nach internationalem Recht für seine Aggression zahlen müsste. Das Blatt beruft sich auf ein Dokument, das die USA den G7-Staaten zur Diskussion vorgelegt haben. Mehr in unserem Newsblog.
  • Lettland rüstet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter auf: Das baltische EU- und Nato-Land erwirbt sechs US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars mit Munition und Ausrüstung. Darüber sei ein Kaufvertrag im Wert von rund 180 Millionen US-Dollar unterzeichnet worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. 
  • Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums bringen die Kämpfe in der Ukraine kaum Veränderungen des Frontverlaufs. Russland versuche es weiterhin mit einzelnen Angriffen. „Ein großer Durchbruch Russlands ist unwahrscheinlich und die Front ist insgesamt durch Stagnation gekennzeichnet“, teilte das Ministerium mit. 
  • Rund eine Woche nach einem verheerenden Cyberangriff hat der ukrainische Mobilfunkanbieter Kyivstar erneut mit Problemen zu kämpfen. Am Mittwoch bestätigte der Konzern in einer Mitteilung beim Kurznachrichtendienst X Verbindungsprobleme in „einer Reihe von Städten im Westen und Süden“. 
  • Auch der TV-Sender Spas der russisch-orthodoxen Kirche steht jetzt auf der Sanktionsliste der EU. Der Sender verbreite „kremlfreundliche Propaganda und Desinformation über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine“heißt es in der Verordnung für das zwölfte Sanktionspaket der EU. 
  • Russland hat in der Nacht erneut ukrainische Städte mit Drohnen und Raketen angegriffen. Dabei wurden in der südlichen Stadt Cherson neun Menschen verletzt, darunter vier Kinder, wie Bürgermeister Roman Mrotschko am Dienstag im Onlinedienst Telegram mitteilte.
  • Ukrainische Soldaten haben Russland einem Bericht zufolge vorgeworfen, bei Angriffen in der Südukraine Gas einzusetzen. In den vergangenen Wochen habe es Fälle in der Region Saporischschja bei Orichiw gegeben, bei denen ein ätzendes und entflammbares Gas von Drohnen auf die ukrainischen Linien abgeworfen worden sei, berichtete der US-Fernsehsender CNN.

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