zum Hauptinhalt
Selenskyj bei einem Besuch in der ukrainischen Frontstadt Bachmut

© Action Press/Planet Pix via Zuma Wire/Ukraine Presidency

Update

Selenskyj reist nach Washington: Moskau spricht von Vertiefung des Konflikts

Der ukrainische Staatschef trifft in Washington Joe Biden. Der US-Präsident will dabei bekanntgeben, dass die USA der Ukraine das Patriot-Flugabwehrsystem liefern.

| Update:

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird an diesem Mittwoch in der amerikanischen Hauptstadt Washington erwartet. Es ist seine erste Auslandsreise seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine – und sein insgesamt zweiter Besuch in Washington.

Ein hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses bestätigte den Besuch am Dienstagabend (Ortszeit). Selenskyj habe die am 11. Dezember per Telefon diskutierte und am 14. Dezember offiziell ausgesprochene Einladung von US-Präsident Joe Biden nach Washington am Freitag angenommen. Endgültig festgezurrt worden sei der Besuch dann am Sonntag.

Der ukrainische Präsident soll den Angaben des Weißen Hauses zufolge erst mit Biden und Mitgliedern von Kabinett und Nationalem Sicherheitsrat (NSC) im Weißen Haus zusammentreffen.

Nach einer Pressekonferenz soll er dann zum Capitol Hill fahren, um am Abend bei einer gemeinsamen Sitzung beider Kongresskammern eine „Primetime-Rede” zu halten. Das werde die „überparteiliche Unterstützung” in Amerika demonstrieren, sagte der Offizielle. Danach werde Selenskyj in sein Land zurückkehren.

Ich bin in die USA abgeflogen, um die Stabilität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

Der Besuch unterstreiche „die andauernde Verpflichtung der USA in der Ukraine”, sagte der Regierungsmitarbeiter, und er betonte, dies beziehe sich auf beide Parteien. Nachdem die Republikaner Anfang November die Mehrheit im US-Repräsentantenhaus zurückgewonnen hatten, waren Sorgen aufgekommen, was dies für das amerikanische Engagement bedeuten könnte, wenn der Kongress Anfang 2023 neu zusammenkommt. Auch dies gibt dem Besuch Selenskyjs eine besondere Bedeutung.

Selenskyj ist nach eigenen Angaben zu der Reise aufgebrochen, um über weitere Waffenlieferungen zu verhandeln. „Ich bin in die USA abgeflogen, um die Stabilität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken“, teilte Selenskyj am Mittwoch per Twitter mit. 

Russland: Selenskyjs USA-Reise „vertieft“ Konflikt

Das russische Präsidialamt kritisiert die Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Washington. Damit sehe er keine Möglichkeit für Verhandlungen mit der Ukraine, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Die anhaltenden Waffenlieferungen des Westens führten dazu, dass sich der Konflikt „vertieft“.

Zugleich kündigt Peskow eine „wichtige, substanzielle“ Rede von Präsident Wladmimir Putin bei einem Treffen mit dessen Verteidigungschefs noch im Lauf des Tages an. Seine traditionelle Rede vor dem Parlament zum Jahresende werde Putin indes nicht halten. Vergangene Woche sagte der Kreml bereits die sonst übliche Pressekonferenz des Präsidenten am Jahresende ab.

Biden will weitere Militärhilfen bekanntgeben

Bei dem Treffen der beiden Präsidenten soll über die weiteren Schritte beraten werden. Biden werde am Mittwoch neue Militärhilfen in einem Umfang von knapp zwei Milliarden Dollar bekanntgeben, sagte der Offizielle.

Bestandteil ist demnach auch die Lieferung des Luftabwehrsystems Patriot. Dafür sollen ukrainische Soldaten in einem „Drittstaat” trainiert werden, um die Patriots dann in der Ukraine bedienen zu können. „Das wird Zeit brauchen.”

Die USA sind in dem seit knapp zehn Monaten andauernden Krieg der wichtigste Unterstützer der Ukraine und liefern zahlreiche Waffen an das Land. Erst am Montag hatten sich Republikaner und Demokraten im Kongress auf einen Haushaltsentwurf mit einem Volumen von insgesamt 1,7 Billionen Dollar (1,6 Billionen Euro) geeinigt, der unter anderem 44,9 Milliarden Dollar (42,3 Milliarden Euro) Hilfen für die Ukraine vorsieht.

Senat und Repräsentantenhaus müssen dem Haushaltsentwurf noch zustimmen. Die Frist für die Verabschiedung läuft am Freitag aus. Erwartet wird, dass das Paket nun an diesem Mittwoch verabschiedet wird, wenn Selenskyj im Kongress sein wird.

Das Nachrichtenportal „Punchbowl News“ hatte zuerst über seinen Besuch berichtet. Da hieß es noch, dieser könnte wegen Sicherheitsbedenken doch noch abgesagt werden.

Die Spekulationen wurden am Dienstagnachmittag angeheizt, nachdem die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, einen Brief an Abgeordnete verschickt hatte. In dem Schreiben ermutigte die Demokratin „alle Mitglieder”, an der letzten Parlamentssitzung für dieses Jahr am Mittwochabend „physisch anwesend” zu sein. Zudem bat Pelosi in der Mitteilung darum, „am Mittwochabend für einen ganz besonderen Fokus auf Demokratie” zu erscheinen.

Noch am Dienstagmorgen hatte Selenskyj überraschend die hart umkämpfte Frontstadt Bachmut im Osten der Ukraine besucht und unter Soldaten Orden und Geschenke verteilt. Dort hatten ihm Soldaten auch eine ukrainische Flagge überreicht, die er dem US-Kongress als Dank für all die Waffen übergeben solle, mit denen Bachmut und der Rest der Ukraine verteidigt wurden.

Erste Auslandsreise am 300. Tag des Krieges

Der Besuch finde am 300. Tag des Kriegs statt, von dem die Russen gehofft hätten, ihn in wenigen Tagen zum Abschluss zu bringen, sagte der Regierungsmitarbeiter weiter. 300 Tage später stehe die Ukraine immer noch, auch wenn Russland inzwischen „barbarische” Attacken auf die kritische Infrastruktur in der Ukraine ausführe, vor allem auf die Energieversorgung, und damit versuche, den Willen der Menschen in der Ukraine zu brechen. „Aber die ukrainische Regierung und ihr Volk lassen sich nicht brechen, und sie haben die Welt mit ihrer Widerstandsfähigkeit inspiriert.”

Biden habe die Welt dazu gebracht, für Freiheit und Demokratie aufzustehen und der Ukraine dabei zu helfen, sich selbst gegen den brutalen russischen Angriff zu verteidigen. Biden werde die amerikanische Unterstützung für die Ukraine im Widerstand gegen „Putins Krieg” bekräftigen – und das „solange wie es notwendig sei”.

Russland könne den Krieg sofort beenden, zeige aber derzeit leider kein Interesse an ernsthaften diplomatischen Verhandlungen. Daher werde der Krieg erst einmal andauern, und der Winter werde hart. (Mit Agenturmaterial)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false